Die Maschine beim Gotthard-Südportal ist seit Monaten blockiert. Interne Protokolle zeigen: Die Baufirma warnte mehrfach, fand beim Bund aber kein Gehör.
Die Tunnelbohrmaschine blieb wiederholt wegen problematischer Geologie stecken. Das Astra ignorierte laut internen Dokumenten mehrfache Warnungen der Baufirma vor gefährlichen Hohlräumen. Nach 31 gescheiterten Startversuchen muss nun ein seitlicher Zugang gesprengt werden.
Von der Südseite der Baustelle der zweiten Gotthard-Strassenröhre dringen derzeit nur schlechte Nachrichten nach Norden: Die Tunnelbohrmaschine (TBM) Paulina steckt seit letztem Juni fest – und laut internen Protokollen war diese Panne absehbar.
Unlängst machte die «SRF-Rundschau» publik, dass es vor dem aktuellen Zwangsstopp schon einmal einen ähnlichen Vorfall mit der TBM Paulina gegeben hatte. Die Bohrmaschine beim neuen Tunnelportal Airolo war demnach schon nach fünf Tunnelmetern stecken geblieben. Der Grund soll damals derselbe gewesen sein wie bei der jetzigen Blockade bei Tunnelmeter 192 – Hohlräume und zerklüftetes Gestein.
Doch die Bauherrschaft, das Bundesamt für Strassen Astra, hielt trotz früherer Warnungen zur Geologie und auch nach der Panne auf den ersten Metern am Einsatz der TBM fest. Selbst wiederholte Alarmmeldungen der Baufirma konnten das Astra nicht umstimmen, wie die «Rundschau» nun mit Verweis auf interne Protokolle berichtet.
Astra forderte neuen Umgang mit Alarm
Demnach warnte die Baufirma das Astra am 6. Juni 2025, dass man «ziemlich am Limit» arbeite, da viel Material gegen den Bohrkopf drücke. Wenige Tage später war die «Alarmschwelle für den Materialfluss» überschritten – ein Zeichen für einen gefährlichen Hohlraum. Dennoch ordnete das Astra an, weiterzubohren.
Kurz darauf entschied das Astra, dass Alarmmeldungen wegen zu viel Aushubs keine Arbeitsunterbrüche mehr auslösen sollten – eine Meldung genüge.
Als sich die Maschine am 20. Juni mehrfach wegen Überlastung selbst abschaltete, verweigerte das Amt den von der Baufirma geforderten Unterbruch und die Hinzuziehung eines externen Experten.
Ende Juni kam die Bohrmaschine endgültig zum Stillstand. 31 Versuche, sie wieder in Gang zu setzen, scheiterten. So ist es laut «Rundschau» den Protokollen zu entnehmen. Der Bohrkopf ist blockiert und lässt sich nicht mehr drehen. Nun muss ein seitlicher Zugang gesprengt werden, um Paulina zu befreien.
«Kontrolliert angehalten», sagt das Astra – Geologe widerspricht
Von SRF mit den internen Dokumenten konfrontiert, schreibt das Astra, die Papiere würden bestätigen, dass man korrekt gehandelt habe. Die Maschine sei «kontrolliert angehalten» worden; sie sei nicht «im Sinne eines technischen Defekts oder Schadens» blockiert.
Der emeritierte Geologieprofessor Adrian Pfiffner widerspricht dieser Darstellung: Die Maschine sei stecken geblieben und habe nicht mehr gestartet werden können. Von einem kontrollierten Abstellen könne keine Rede sein, so seine Einschätzung in der «Rundschau».
Politikerinnen und Politiker aus dem Parlament fordern in der SRF-Sendung Aufklärung. Für SP-Nationalrat Jon Pult stellt sich die Frage, warum trotz der Warnungen von Experten im Vorfeld und der Probleme in der Bohrphase weitergearbeitet wurde. Auch der Tessiner FDP-Nationalrat Alex Farinelli kann sich das Festhalten am TBM-Vortrieb nicht erklären. Er fordert weitere Antworten vom Astra.
Zwei Jahre Stillstand am Gotthard?
Die zweite Gotthardröhre kostet über zwei Milliarden Franken und soll 2030 eröffnet werden. Das Astra hält trotz der Probleme an dem Termin fest.
Während die Arbeiten am Nordportal planmässig vorankommen, wird im Süden mit einem Zeitverlust von sechs bis acht Monaten gerechnet. Manche Experten halten gar eine Zwangspause von zwei Jahren für möglich. Die Panne führt laut Astra zu Mehrkosten von bis zu 20 Millionen Franken. Mit Blick auf die nächsten 500 Meter hat das Amt inzwischen entschieden, diese «im konventionellen Sprengvortrieb auszubrechen».
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