Japan wird erstmals eine Regierungschefin haben. Wer die Frau ist und warum sich Feministinnen nicht zwingend über diese Wahl freuen werden, erfährst du hier.
Das Unterhaus des japanischen Parlaments hat die Parteichefin der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP), Sanae Takaichi, zur ersten Ministerpräsidentin des Landes ernannt. Wer ist eigentlich die erste Frau in diesem Amt?
Sanae Takaichi wurde am 7. März 1961 geboren, ihr Vater arbeitete in einem Büro, ihre Mutter war Polizistin. Als Jugendliche war sie bekannt dafür, dass sie als Schlagzeugerin in einer Heavy-Metal-Band spielte und immer mehrere Drumsticks bei sich trug, da sie diese beim Musizieren oft kaputt machte.
Takaichi studierte an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in der Stadt Kashihara, bevor sie eine Kaderschmiede für Führungskräfte in Politik und Wirtschaft absolvierte. Kurzzeitig arbeitete sie als TV-Moderatorin. Anschliessend war sie von 1987 bis 1989 in den USA und arbeitete für die demokratische Abgeordnete Patricia Schroeder.
Seit den 90er-Jahren Politikerin in Japan
1992 kandidierte sie parteilos fürs Parlament, wurde nicht gewählt, trat jedoch im darauffolgenden Jahr erneut an und war erfolgreich. 1996 trat sie der Liberaldemokratischen Partei LDP bei und hat sich einen Namen als eine der lautesten konservativen Stimmen gemacht.

Seither hatte sie hohe Regierungsämter inne und war unter anderem Wirtschaftsministerin. In wirtschaftlicher Hinsicht vertrat Takaichi in der Vergangenheit ähnliche Ansichten wie ihr langjähriger Mentor, der ehemalige Regierungschef Shinzo Abe. So befürwortete sie etwa aggressive geldpolitische Lockerungen und hohe Staatsausgaben. Im Wahlkampf milderte sie jedoch ihre Haltung ab.
Ihr grosses Vorbild: Die «eiserne Lady»
2021 versuchte sie erstmals, Parteivorsitzende der LDP zu werden, und scheiterte. Auch im Jahr 2024 war sie nicht erfolgreich, aber Anfang Oktober 2025 gewann sie die Wahl.
Ihr grosses Vorbild, so sagt sie selbst, ist Margaret Thatcher. Die ehemalige britische Premierministerin ist auch bekannt als die «eiserne Lady» und ist bis heute, zwölf Jahre nach ihrem Tod, bei der finanziell schwachen Bevölkerung Grossbritanniens immer noch eine Hassfigur. Von anderen hingegen wurde sie verehrt. Sie war zweifellos eine der markantesten Politikerinnen auf der Weltbühne des 20. Jahrhunderts.
Takaichi habe «kein Interesse an Frauenrechten»
Die Freude darüber, dass mit Takaichi bald erstmals eine Frau an der Regierungsspitze steht, könnte allerdings bald verfliegen: Sie habe «kein Interesse an Frauenrechten oder Massnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter», sagte die Politik- und Genderwissenschaftlerin Yuki Tsuji von der Tokai-Universität der Nachrichtenagentur AFP.
Takaichi gilt als nationalistische Hardlinerin und setzt sich für traditionelle Familienmodelle ein. Sie spricht sich schon lange gegen Gesetze aus, die es Frauen erlauben, in der Ehe ihren Mädchennamen zu behalten. Sie selbst nahm während ihrer inzwischen wieder geschiedenen Ehe den Namen ihres Mannes an, benutzte aber in der Öffentlichkeit weiterhin ihren Mädchennamen.
«Arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten werde ich.»
Während des Wahlkampfs sprach sie sich vermehrt dafür aus, dass sie es Eltern – und besonders Müttern – ermöglichen möchte, zu arbeiten. Deshalb will sie günstigere Kinderbetreuung. «Ich möchte eine Gesellschaft schaffen, in der niemand seine Karriere aufgeben muss», sagt sie.
Takaichi will als Parteivorsitzende hart arbeiten und die Idee der Work-Life-Balance «beiseiteschieben», sagte Takaichi Anfang Oktober und kündigte an: «Arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten werde ich.»
Mit Material von DPA und AFP.
