Heim hat keine Bewilligung, dann kommt es zum Mord

Post author name

Vor drei Jahren erstach ein 17-jähriger Heimbewohner des Wolflochs in Böckten einen anderen Jugendlichen. Das Heim hatte zum Zeitpunkt der Tat aber gar keine Bewilligung.

Es war ein Mordfall, der für grosse Betroffenheit sorgte: Ein damals 17-Jähriger erstach im Dezember 2022 einen 18-Jährigen vor einem Supermarkt in Böckten. Die Jugendlichen waren Bewohner des Wolflochs in Oltingen, ein Heim für Teenager in Notsituationen, das dem Verein Arrivo-Bene angeschlossen ist. Die Institution ist gleichzeitig ein Landwirtschaftsbetrieb.

Wie Recherchen des «Beobachters» nun offenlegen, verfügte das Heim zum Zeitpunkt des Mordes gar nicht über die nötige Bewilligung. Ebenso äussert das Magazin Zweifel an der pädagogischen Eignung des Heimleiters und den Vorwurf, der Verein Arrivo-Bene stelle wirtschaftliche Interessen vor das Wohl der Jugendlichen.

Arrivo-Bene ohne Bewilligung

Trotz fehlender Bewilligung wurde der spätere Täter im Wolfloch aufgenommen. Dies, obwohl er potenziell eine Gefahr für Dritte darstellte und eine intensive 24-Stunden-Betreuung benötigte. Er hatte laut Akten «Verletzungs- und Tötungsfantasien», insbesondere mit Stichwaffen. Eine Woche vor dem Mord habe der Täter den Heimleiter sogar über Whatsapp gefragt, ob er das spätere Opfer «abstechen dürfe».

Laut «Beobachter» verschwieg der Heimleiter der Jugendanwaltschaft Bern, die den späteren Täter ins Baselbiet überstellen wollte, dass dem Heim wegen «verschiedenster Mängel» von den Baselbieter Behörden die Bewilligung entzogen worden war. Auch die Solothurner Kesb, die das spätere Opfer im Wolfloch platzierte, wusste nichts von der entzogenen Bewilligung.

«Hätten wir gewusst, dass das Heim so gefährliche Jugendliche aufnimmt, hätten wir unseren Jungen doch nie dahin gegeben», sagen die Eltern des Opfers gegenüber dem «Beobachter».

Schwierige Fälle für Wolfloch am einträglichsten

Auch machen die Eltern dem Heimleiter schwere Vorwürfe: Dieser habe «nicht nach pädagogischen Konzepten, sondern impulsiv nach Bauchgefühl gehandelt» – eine «sozialpädagogische Leitung» habe gefehlt.

Ebenso sei das Sicherheitskonzept fragwürdig gewesen, schreibt der «Beobachter». Mitarbeiterinnen des Wolflochs seien mit Pfeffersprays ausgerüstet worden, nachdem ein Heimbewohner mit einer «Vorliebe für Babys und kleine Mädchen» und «grossem Aggressionspotenzial» die Ehefrau des Heimleiters attackiert habe. Auch gegen den späteren Täter sei einmal Pfefferspray eingesetzt worden.

Aber offenbar verfolgten der Heimleiter und der Verein primär wirtschaftliche Interessen. Die besonders schwierigen Fälle seien die einträglichsten gewesen, schreibt der «Beobachter». Die Platzierung eines hochauffälligen Jugendlichen habe in einem Fall 23’000 Franken pro Monat gekostet.

Ein halbes Jahr nach dem Mord entzog das Baselbieter Kantonsgericht dem Verein die Erlaubnis, Dienstleistungen im Bereich der Familienpflege anzubieten. Das Gericht kam zum Schluss, dass der «als unseriös einzustufende und wirtschaftliche Interessen verfolgende Verein Arrivo-Bene auf dem Hof Wolfloch – unter dem Deckmantel einer Pflegefamilie – ohne entsprechende behördliche Bewilligung eine verkappte sozialpädagogische Institution für hochauffällige Jugendliche betreibt». Brisant: Das Verfahren gegen das Heim startete schon Monate vor dem Mordfall.

Die Eltern des ermordeten Teenagers sind «unfassbar traurig», aber auch «unendlich wütend»: nicht nur auf den Verein Arrivo-Bene, sondern auch auf die mangelnde Absprache zwischen den kantonalen Behörden.

Wir schicken Sie informiert in den Feierabend mit unseren Newsletter BaZ der Abend. Melden Sie sich hier an.

Tag

Related Post

Leave a Comment