Kann man mit KI dem Lottoglück auf die Sprünge helfen?

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In den USA gewinnt eine Frau mit Zahlen von ChatGPT 100’000 Dollar, in Italien wollen Studenten mit einem KI-System 43’000 Euro gewonnen haben. Kann künstliche Intelligenz tatsächlich die Lottozahlen vorhersagen?

Tammy Carvey aus dem US-Bundesstaat Michigan ist ein Glückspilz. Anfang September gewann sie in der staatlichen Powerball-Lotterie 100’000 Dollar. Wie sie das gemacht hat? Sie hat die Kraft der Künstlichen Intelligenz genutzt, wie sie der Michigan Lottery anvertraute: «Ich habe ChatGPT um eine Reihe von Powerball-Zahlen gebeten und diese Zahlen habe ich dann auf meinem Spielschein getippt.» Vier Zahlen waren korrekt, dazu die Zahl des Powerballs, was zu dem Gewinn führte.

Etwas raffinierter gingen drei italienische Mathematikstudenten der Universität Salento in Lecce vor. Sie fütterten eine KI mit den gezogenen Zahlen der letzten zwei Jahre und liessen sich die meistgezogenen Zahlen ausspucken. Damit haben sie laut italienischen Medienberichten von Anfang März mit mehreren Lottoscheinen 43’000 Euro abgesahnt.

Pures Glück oder sicheres System?

Ist die KI also ein Gewinngarant? Die kurze Antwort ist: Nein. Im Fall von Tammy Carvey war es einfach pures Glück, dass ChatGPT gerade die Zahlen ausspuckte, die dann tatsächlich gezogen wurden. Sie hätte genau so gut 69 Zahlen auf Papierschnipsel schreiben und fünf davon aus dem Hut ziehen können. Und aus weiteren 26 Zahlen auf Papier die Powerball-Zahl. Und damit viel Strom gespart.

Die italienischen Studenten haben für ihr Gewinnsystem etwas mehr Aufwand getrieben. Sie haben die KI nicht wie Tammy Carvey als Glaskugel genutzt, sondern ein KI-Modell erstellt, das vergangene Ziehungen auf wiederkehrende Muster analysierte. Dabei hatten sie es auf die am häufigsten gezogenen Zahlen abgesehen. Übrigens auf Anraten eines Kioskverkäufers, wie «La Repubblica» schreibt.

Fachleute relativieren

Doch auch beim System der Studenten hat schlussendlich Glück den Ausschlag gegeben, wie Gian Marco Paldino, Doktorand an der Machine Learning Group der Freien Universität Brüssel, in einem Linkedin-Post festhält. Er führt aus, dass die Annahme, man könne durch die Analyse historischer Daten einen Lottogewinn herbeiführen, grundlegend den mathematischen Prinzipien der Wahrscheinlichkeitstheorie widerspreche.

Er betont: «Kein noch so ausgeklügeltes System künstlicher Intelligenz kann das Ergebnis zukünftiger Zufallsziehungen auf der Grundlage historischer Daten vorhersagen, genauso wenig wie es den Wurf einer Münze oder eines Würfels vorhersagen kann.» Der Gewinn der Studenten sei zwar bemerkenswert, aber auf Glück zurückzuführen und nicht auf eine reproduzierbare wissenschaftliche Methode, so Paldino weiter.

«Kein Beweis»

Auch Frédéric Giroire, Mathematiker am französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung CNRS, betont gegenüber «Le Parisien», dass Lotto der Definition nach ein Glücksspiel ist, bei dem jede Ziehung unabhängig von den vorangegangenen funktionieren müsse. Das Experiment der Studenten «beweist nicht, dass die KI tatsächlich die Gewinnzahlen vorhersagen konnte».

Allerdings weist er darauf hin, dass Fälle denkbar seien, bei denen gewisse Zahlen gehäuft gezogen werden. Etwa, wenn ein Ball etwas schwerer oder asymmetrisch ist oder die Bälle nach der vorhergegangenen Ziehung nicht richtig gemischt wurden. Hier sieht Giroire ein mögliches Anwendungsfeld für die KI der Studenten. Sie könnte es ermöglichen, allfällige Verzerrungen bei Ziehungen aufzudecken. Allerdings haben die Studenten ihr Modell bisher nicht veröffentlicht, was eine unabhängige Überprüfung verunmöglicht.

Swisslos stellt klar: KI bringt nichts

Bei der Lotteriegesellschaft Swisslos, die in der Schweiz das Zahlenlotto verantwortet, hat man keine Kenntnis davon, dass Spielende KI einsetzen, um die Gewinnchancen zu erhöhen. Es bringt laut Swisslos schlicht nichts – auch nicht, wenn es um Systemtipps geht. «Auch in den Systemen hat jeder einzelne Tipp genau die gleich grossen Chancen, gezogen zu werden, wie alle anderen auch», erklärt die Medienstelle von Swisslos.

Auch das KI-Modell der italienischen Studenten, das bewusst auf häufig gezogene Zahlen setzte, erhöht laut Swisslos die Aussichten auf einen Gewinn nicht. Denn auffällig oft gezogenen Zahlen gibt es nicht, wie ein Blick auf die Statistik der Zahlenhäufigkeit verrät. Am häufigsten wurde im Schweizer Zahlenlotto bisher die 36 (589 Mal) gezogen, am wenigsten die 41 (492 Mal).

Um sicherzustellen, dass einzelne Kugeln nicht von der Norm abweichen, sind diese «regelmässig Gegenstand von Prüfungen auf Gewicht, Kalibrierung, Materialqualität und andere Faktoren», so das Mediateam von Swisslos. «Es gibt weltweit nur zwei bis drei zertifizierte Lieferanten von professionellen Ziehungsmaschinen und Kugeln. Die Ziehungsmaschinen werden regelmässig überprüft, beziehungsweise von den Herstellerfirmen regelmässig gewartet.»

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