Kurz vor der Urabstimmung: Basler Studenten zoffen über vegane Mensa

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Das Thema polarisiert. Braucht die Uni Basel eine vegane Mensa? 13’000 Studenten werden dieser Tage darüber befinden.

Er sagt etwas.

Sie verdreht die Augen.

Im Publikum leises Gelächter. Ungläubigkeit. Wie kann er nur?

Jafar Ghaffarnejad steht an diesem Mittwochabend ziemlich allein da – allein mit seiner Meinung, die in der grossen Aula der Universität Basel ganz klein und so gar nicht konform wirkt, das gar nicht kann, weil er Gleichgesinnte hier vergebens sucht.

Bemerkenswert ist das insofern, als Ghaffarnejad eine Haltung vertritt, die im breiten gesellschaftlichen Bürgertum durchaus mehrheitsfähig sein dürfte: Der Student, der bei den letzten kantonalen Wahlen auf der FDP-Liste für den Grossen Rat kandidierte, wehrt sich mit Verve gegen die Forderung, dass in der Mensa der Uni Basel auf fleischlose Ernährung umgestellt und nur noch vegane Menüs angeboten werden sollen.

Studierendenrat für vegane Mensa

Eine Stunde lang diskutiert er an diesem Abend mit Eliane Hauser (ebenfalls Studentin und Mitglied bei «Plant-Based Universities») auf einem Podium, organisiert von der Studentischen Körperschaft Basel, kurz Skuba, und moderiert von BaZ-Journalistin Karoline Edrich.

Angestossen wurde die Debatte im April, als eine Mehrheit des Studierendenrats das Anliegen vorgebracht hatte. Weil gegen den Entscheid das Referendum ergriffen wurde, kommt es nun zur Urabstimmung, an der sämtliche 13’000 Basler Studenten teilnehmen dürfen.

Der Entscheid wird zwar nicht bindend sein – am Schluss entscheidet das Rektorat über den Vorschlag –, doch das Thema polarisiert natürlich trotzdem.

Uni Basel in Verantwortung nehmen

Selbstverständlich wissen das auch die beiden Teilnehmer auf dem Podium. Hauser, die nach fast jeder Äusserung beklatscht wird, betont jedoch, dass es sich um keine radikale Massnahme handle. So soll es etwa erst ab 2030 keine Eier, kein Fleisch und keine Milch mehr in der Mensa geben.

Zudem sei ihr bewusst, dass die Forderung einige provozieren möge. Doch es gehe vor allem eben um Symbolik. Und da dürfe man mit Blick aufs Klima nicht mehr zuwarten. «Eine pflanzliche Mensa rettet die Welt nicht. Aber wir müssen die Uni Basel zur Verantwortung ziehen.»

Kurz: Man ziele auf die Institution ab, nicht auf das Individuum.

Überdies sei es erwiesen, dass eine pflanzliche Ernährung die nachhaltigste sei, sagt Hauser. Ein Grossteil der Umweltschäden gehe auf Fleisch und andere tierische Produkte zurück.

In der Diskussion macht Ghaffarnejad hingegen darauf aufmerksam, dass «pflanzlich» nicht mit «nachhaltig» gleichzusetzen sei. Er merkt etwa an, dass Avocados oder Tofu eine schlechte Ökobilanz hätten.

Für Missmut sorgt im Saal, dass er immer wieder betont, dass hinter dem Vorgehen des Studierendenrats mit Animal Rising eine britische Tierschutzbewegung stehe – mit dem Ziel, einen gesellschaftlichen Wandel hin zu Tierrechten und einer pflanzenbasierten Ernährung zu erzwingen. Das sei weder «vielfältig» noch «demokratisch», sagt er.

Am meisten stört den Jungpolitiker aber, dass sich die Befürworter der veganen Mensa wie selbst ernannte Sittenwächter geben würden. Er fragt beispielsweise: «Warum solltet ihr wissen, was für alle anderen am besten ist?» In der Schweiz würden sich nur 0,7 Prozent der Bevölkerung vegan ernähren.

Insgesamt ist das Gespräch zwischen den beiden nicht immer gesittet, oft emotional, manchmal chaotisch und am Schluss auch nur einigermassen aufschlussreich in der entscheidenden Frage, ob die Mensa weiterhin tierische Produkte anbieten oder nur noch vegan kochen soll.

Hängen bleibt vor allem das Bild zweier Antipoden: Ghaffarnejad, der aalglatte Jungpolitiker, mit Krawatte und weissem Einheitshemd, der als einsamer Kämpfer an die Grundwerte einer freiheitlichen Gesellschaft erinnert – und Hauser, die sprachlich geschickte Revoluzzerin, die die globalen Treibhausgasemissionen senken möchte und an diesem Abend eine Vielzahl der rund 50 Zuschauer hinter sich weiss.

Okay, dass das Verdikt der 13’000 Studenten ebenfalls so deutlich ausfällt wie das des eher links ausgerichteten Publikums, ist zumindest zu bezweifeln. Sicher ist: Die Uni Basel wird die Diskussion führen müssen, auch wenn die beiden Protagonisten nach der einstündigen Debatte miteinander nun erst mal genug haben dürften.

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