Ein virales Video behauptet, Damenbinden enthielten Schimmel. Fachärztin Nadja Pauli erklärt, warum das kaum möglich ist und was Frauen stattdessen beachten sollten.
Rund 450-mal im Leben bekommen menstruierende Menschen durchschnittlich ihre Periode. Möglichkeiten, um das Blut aufzufangen, gibt es einige: Tampons, Menstruationstassen, -schwämme sowie -discs, Periodenunterwäsche oder eine Binde, die man sich in den Slip klebt. Welches Produkt man bevorzugt, ist völlig individuell – doch die Menstruationsbinde gerät gerade aufgrund eines Tiktoks in Verruf.
Nach nur wenigen Stunden, in denen das Video durch die Weiten des Internets kursiert, wurde es über 17 Millionen Mal aufgerufen und zählt über 20’000 Kommentare. Tendenz steigend! Darin zu sehen? Eine Creatorin, die eine handelsübliche Binde der Marke Always gegen eine Lampe hält – und plötzlich werden durch das Licht dunkle Flecken sichtbar, die sie als Schimmel interpretiert.
In den Kommentaren ist alles zu lesen. Während eine besorgte Userin schreibt, dass dies erklärt, warum ihr Intimbereich nach dem Tragen von Binden immer so gereizt ist, kommentiert eine andere: «Mikrobiologin hier… Ich glaube, ich werde einen Abstrich machen und schauen, ob ich unter dem Mikroskop etwas sehe». Ein Kommentar von @prissykrissy49 hat mittlerweile 10’000 Likes: «Ich habe in einer Fabrik gearbeitet, die Menstruationsbinden und Inkontinenzeinlagen herstellt – und ich verspreche euch: Das ist kein Schimmel! Was man da sieht, nennen wir Transfer-Schicht bzw. Fluff-Kern (ähnlich wie Watte) – sie soll verhindern, dass du ausläufst!»
«Solche Videos verunsichern»
Alle, die das Video gesehen haben, wollen wissen, was es mit den Flecken auf sich hat. Gynäkologin Dr. med. Nadja Pauli, Leiterin der Praxis und Permanence Gynéviva in Zürich, hat die Erklärung.
«Die dunklen Flecken, die auf den Binden sichtbar sind, stammen nach unserem Verständnis aus natürlichen Bestandteilen des Materials, etwa Zellstofffasern oder Produktionsrückständen. Allerdings verunsichern solche Tiktok-Videos viele Nutzerinnen, insbesondere weil die Binden gegen das Licht gehalten einen schäbigen und fauligen Eindruck erwecken, der an Pilzbefall erinnert», sagt Pauli.
Eine Schimmelbildung in diesen Produkten sei jedoch unwahrscheinlich. «Binden und Tampons unterliegen strengen Qualitätskontrollen, die das Wachstum von Mikroorganismen verhindern sollen. Schimmelpilze benötigen feuchte, organische Bedingungen zum Wachsen, die in der industriellen Produktion und Verpackung in der Regel nicht vorliegen», so die Gynäkologin. Persönlich seien ihr keine medizinischen Fälle bekannt, die auf Schimmel in solchen Produkten zurückzuführen wären.

Alltägliche Hygieneprobleme, die relevanter sind
In ihrer gynäkologischen Praxis begegne sie häufiger tatsächlichen Hygieneproblemen: Viele Frauen wechseln ihre Binden oder Tampons zu selten, oft weil unterwegs keine Wechselprodukte verfügbar sind. «Zudem sehen wir häufig Patientinnen, die dauerhaft Slipeinlagen tragen, obwohl dies nicht notwendig ist. Das dadurch entstehende, feucht-warme Milieu begünstigt Pilzinfektionen oder Fehlbesiedlungen.» Aus hygienischer Sicht seien diese alltäglichen Probleme deutlich relevanter als die Behauptungen aus sozialen Medien.
Procter & Gamble, der Konzern hinter der Marke Always, wurde für eine Stellungnahme angefragt – teilte jedoch mit, dass eine Antwort bis Redaktionsschluss nicht möglich sei.
