Die Wärmewende ist in vollem Gange – doch viele Eigentümer*innen älterer Gebäude stehen vor einem Dilemma: Reicht der Umstieg auf klimafreundlichere Technik aus, ohne dafür neue Heizkörper einbauen zu müssen? Eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) der Universität zu Köln kommt zu einem klaren Ergebnis: Eine sogenannte Hybridheizung, die eine Gasheizung mit einer kleineren Wärmepumpe kombiniert, ist praxistauglich – und funktioniert in vielen Fällen ohne Austausch der Heizkörper.
Hybridheizung: Die Lösung für den Altbau?
In unsanierten Altbauten, die weder über eine Wärmedämmung noch über eine Fußbodenheizung verfügen, stoßen rein elektrische Wärmepumpen häufig an ihre technischen und wirtschaftlichen Grenzen. Der Grund liegt in den niedrigeren Vorlauftemperaturen, die in alten Heizkörperanlagen oft nicht ausreichen, um die Wohnräume effizient zu beheizen. Außerdem sind leistungsstarke Wärmepumpen mit zwölf Kilowatt (kW) oder mehr mit hohen Investitionskosten verbunden. Eine Hybridheizung bietet hier einen praktikablen Ausweg.
Sie kombiniert eine kleinere Wärmepumpe – zum Beispiel fünf bis sechs kW – mit einem bestehenden Gas-Brennwertkessel. Die Wärmepumpe übernimmt die Grundlast, während der Gaskessel nur bei Bedarf – etwa bei besonders niedrigen Außentemperaturen – einspringt.
Laut der bereits im Februar 2025 veröffentlichten EWI-Studie sind Hybridheizungen vor allem in unsanierten Gebäuden eine wirtschaftlich sinnvolle und technisch tragfähige Lösung. Sie können bis zu 75 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu einer reinen Gasheizung einsparen. Gleichzeitig benötigt die Hybridlösung nur rund ein Viertel der elektrischen Anschlussleistung im Vergleich zu einer rein elektrischen Wärmepumpe – ein erheblicher Vorteil mit Blick auf die Stromnetzinfrastruktur, insbesondere in eng bebauten Wohnquartieren.
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Daten geben grünes Licht
Ein weitverbreiteter Irrglaube besagt, dass beim Umstieg auf Wärmepumpentechnik grundsätzlich neue Heizkörper erforderlich seien. Doch eine Kombination aus Wärmepumpe und Gasheizung kann bestehende Heizkörper oft weiterverwenden, da der Wärmeerzeuger flexibel zwischen den beiden Systemen wechseln kann.
Eine peer-reviewte Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) kommt zu einem bemerkenswerten Ergebnis: Um den Betrieb bei 55/45 Grad Celsius zu ermöglichen, mussten lediglich etwa sieben Prozent der Heizkörper ausgetauscht werden. Der Großteil der Heizflächen war auch bei abgesenkter Vorlauftemperatur ausreichend dimensioniert – insbesondere bei gezielter Optimierung durch hydraulischen Abgleich und wettergeführte Regelung.
Für Nutzer*innen bedeutet das: Die große Mehrheit bestehender Heizkörper ist kompatibel, wenn auf eine Hybridheizung umgestellt wird – was den Aufwand und die Kosten deutlich reduziert.
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Niederländisches Modellprojekt
Wie eine Hybridheizung in der Praxis funktioniert, zeigt ein Modellversuch in den Niederlanden: In über 170 Wohnhäusern, gebaut in den 1960er- bis 1980er-Jahren, wurden Hybridheizungen mit kleinen Wärmepumpen und den bestehenden Gasthermen kombiniert. Laut dem niederländischen Ministerium für Wirtschaft und Klima (Rijksdienst voor Ondernemend Nederland, RVO) sank der Gasverbrauch im Durchschnitt um 75 Prozent, die laufenden Energiekosten um rund 1.000 Euro pro Jahr.
Zudem zeigte sich: Die Wärmepumpe konnte in der Rücklaufleitung integriert werden – ohne aufwendige Umbauten – und deckte den Großteil des Wärmebedarfs. Nur bei starker Kälte übernahm die Gasheizung die Spitzenlast.
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GEG-konform, aber blockiert?
Mit dem überarbeiteten Gebäudeenergiegesetz (GEG), das seit 2024 gilt, müssen neue Heizsysteme in Bestandsgebäuden mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie einbinden. Eine Hybridheizung kann diese Anforderung erfüllen – etwa wenn die Wärmepumpe mit zertifiziertem Ökostrom betrieben wird.
„Die Misere auf dem deutschen Heizungsmarkt und die erhebliche Verunsicherung der Modernisierer machen deutlich: Das Gebäudeenergiegesetz hat sein Ziel krachend verfehlt“, betont Dr. Timm Kehler, Vorstand des Verbands Die Gas- und Wasserstoffwirtschaft. Zwar halte er es für richtig, den Klimaschutz auch im Gebäudebestand voranzubringen, die Umsetzung greife jedoch zu kurz, sei kompliziert und unsozial.
Dr. Kehler zufolge seien Hybridheizungen, Biomethan und H2-ready-Systeme zwar Teil des Gesetzes, würden jedoch durch überzogene Auflagen blockiert. „Gleichzeitig bleiben zentrale Fragen zu Verfügbarkeit und Kosten bei Strom und Fernwärme unbeantwortet – obwohl viele Bürgerinnen und Bürger genau hier Klarheit benötigen.“
So müssen beispielsweise bei Hybridheizungen konkrete Anteile erneuerbarer Energie nachgewiesen werden, etwa durch den Betrieb der Wärmepumpe mit zertifiziertem Ökostrom. Die Umsetzung kann dabei je nach Kommune, Energieversorger und technischer Ausgangslage komplex sein – was auch die Verunsicherung bei Modernisierern erklärt. Rechtlich bleibt die Hybridheizung aber eine anerkannte Option, um die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen.
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Entlastung für Stromnetze
Ein weiteres Argument zugunsten der Hybridheizung: Die Kombination reduziert elektrische Spitzenlasten deutlich. In der EWI-Studie heißt es, dass in unsanierten Gebäuden die hybride Lösung nicht nur Emissionen mindere, sondern auch den Ausbaubedarf der Stromnetze senke. Denn während eine rein elektrische Wärmepumpe in kalten Perioden besonders viel Strom auf einmal benötigt, bleibt der Strombedarf bei Hybridlösungen über das Jahr verteilt deutlich konstanter.
Das bestätigt auch eine Netzstudie des RVO aus den Niederlanden, die Smart-Meter-Daten von Tausenden Haushalten auswertete: Hybridsysteme erzeugen signifikant geringere gleichzeitige Lastspitzen als rein elektrische Wärmepumpen.
Quellen: „Bewertung von Wärmepumpen und Hybridheizungen anhand von THG-Emissionen, Heiz- und Infrastrukturkosten“ (EWI, 2025); „Performance of air and ground source heat pumps retrofitted to radiator heating systems and measures to reduce space heating temperatures in existing buildings“ (Energy, 2022); „Besparing hybride warmtepomp met maatwerkadvies“ (RVO, 2024); Die Gas- und Wasserstoffwirtschaft
