Nach Donald Trumps Sanktionen gegen russische Ölriesen kommt nun auch die EU einen Schritt voran – und stellt der Ukraine zudem einen 140-Milliarden-Euro-Kredit in Aussicht.
Die EU verbietet ab 2027 den Import von russischem Flüssiggas. Brüssel sanktioniert Banken aus mehreren Ländern wegen Umgehung bisheriger Strafmassnahmen. Die Union plant einen Kredit von 140 Milliarden Euro für Kyjiw.
«Sehr glücklich» sei sie über die Nachricht, dass die amerikanische Regierung Russlands Ölfirmen Rosneft und Lukoil bestrafe, sagte Kaja Kallas am Tag danach in Brüssel. Die US-Sanktionen seien ein Zeichen der Stärke, erklärte die estnische Aussenbeauftragte der Europäischen Union. «Es wird immer schwieriger für Russland, seinen Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren.»
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, Ehrengast am Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs, freute sich. «Wir haben auf diese Sanktionen gewartet», sagte Selenskyj, sie seien «sehr wichtig». «Ich hoffe, dass sie auch wirken.» Russlands Präsident Wladimir Putin werde nur ernsthaft über Frieden verhandeln, wenn der Druck auf ihn grösser sei als bisher. «Wir wollen einen Waffenstillstand. Und er ist auch möglich.»
Neben Selenskyj strahlte Antonio Costa, der den EU-Rat präsidiert, das Gremium der 27 Mitgliedsländer. Der ehemalige portugiesische Premierminister gab bekannt, dass die EU gerade ihr neustes Paket von Sanktionen gegen Russland verabschiedet habe; es ist das 19. seit Anfang des Kriegs in der Ukraine vor fast vier Jahren. Zudem kündigte Costa einen politischen Entscheid der EU-Staats- und Regierungschefs an, einen 140 Milliarden Euro schweren «Reparationenkredit» für die Ukraine auszuarbeiten – basierend auf den in Europa eingefrorenen russischen Staatsguthaben.
Warum wird in der EU immer noch russisches Gas verkauft?
Das 19. Sanktionspaket ist eines der bedeutsamsten der letzten Zeit, weil es einem Vorwurf begegnet, den auch US-Präsident Donald Trump immer wieder gegen die Europäer erhoben hat: Wie kann es sein, dass in der EU immer noch russisches Erdgas und Erdöl gekauft wird, obwohl Russland mit diesen Einnahmen seine Kriegsmaschinerie finanziert?
Tatsächlich gelangt auch vier Jahre nach der russischen Invasion in der Ukraine noch russisches Flüssiggas auf den europäischen Markt – viel weniger als vor dem Krieg, aber gleichwohl: 19 Prozent betrug der Anteil der russischen Gasimporte in die EU 2024, dieses Jahr soll er auf 13 Prozent sinken. 2021 hatte der Anteil noch 45 Prozent betragen. Auch dieses Jahr soll Russland durch den Gasverkauf in der EU aber noch fast 10 Milliarden Euro einnehmen. Russisches Öl hingegen spielt auf dem europäischen Markt schon seit längerem kaum noch eine Rolle.
Mit den neuen Sanktionen ist der Verkauf russischen Flüssiggases in der EU nun ab 1. Januar 2027 untersagt – ein Jahr früher als ursprünglich geplant. Gegen das Verbot und das vorgezogene Stichdatum hatte es erbitterten politischen Widerstand gegeben, hauptsächlich von der Slowakei und von Ungarn, die beide Russland nahestehen und von dort in der Vergangenheit so gut wie alle Energie bezogen haben.
Diese Vereinbarung «killt unsere Energieversorgung», klagte Ungarns Aussenminister Peter Szijjarto denn auch. Allerdings gibt es für Ungarn und die Slowakei längst Alternativen zu russischem Gas und Öl, wenn auch teurere als zuvor. Die im Vergleich zur Vorkriegszeit hohen Preise und die Sorge um die Versorgungssicherheit hatten lange auch andere Länder vor der abrupten Abkehr von russischem Gas zurückschrecken lassen.
Die EU sanktioniert zudem ein Dutzend Banken und Händler aus Russland, China, Zentralasien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die die bisherigen Sanktionen umgehen; zudem 45 Unternehmen vor allem aus China, Indien und Thailand, die Russlands Waffenindustrie beliefern. Russische Diplomaten in Europa, die in Wahrheit oft für Geheimdienste arbeiten und Sabotageakte unterstützen, sollen in der EU künftig nicht mehr frei reisen können.
Widerstand gegen Russland dank «Reparationenkredit»
Langfristig vermutlich noch wichtiger als die Sanktionen ist ein Kredit über 140 Milliarden Euro, den die EU der Ukraine zur Verfügung stellen will; Kyjiw könnte seinen weiteren Widerstand gegen Russland damit wahrscheinlich bis mindestens Ende 2027 finanzieren. Das zinslose Darlehen basiert auf den in Belgien eingefrorenen Guthaben der russischen Zentralbank. Die Ukraine müsste es nach dem Plan der EU nur zurückzahlen, falls Russland sich in einem künftigen Friedensvertrag zu Reparationen verpflichten würde.
Noch gibt es viele politische, technische und rechtliche Details des «Reparationenkredits» zu klären – und insbesondere die Sorge Belgiens zu besänftigen, das mit allfälligen Entschädigungsrisiken verständlicherweise nicht allein dastehen will. Der Rat der EU fordert die Kommission nun dazu auf, einen konkreten Vorschlag auszuarbeiten. Bis zum nächsten Gipfel im Dezember könnten dessen Einzelheiten besprochen sein, im besten Fall bis im Frühsommer 2026 die erste Geldtranche an die Ukraine fliessen.
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