Kanzler Merz stellt sich vehement hinter seine umstrittenen Bemerkungen. Es gibt Kritik aus den Reihen des Koalitionspartners und von Linken und Grünen und auch aus den eigenen Reihen.
Seit Tagen wird der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) für seine «Stadtbild»-Äusserung kritisiert. Der konservative Regierungschef hatte am Dienstag vergangene Woche gesagt, dass man frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. «Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr grossem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.»
Merz hatte mit der Aussage einem Reporter geantwortet, der den Regierungschef auf das Erstarken der rechtspopulistischen AfD angesprochen hatte. Linke und Grüne hatten Merz scharf kritisiert und eine Entschuldigung gefordert. Rückendeckung bekam der Kanzler aus Teilen seiner CDU und der bayerischen Schwesterpartei CSU.
Kritik aus der eigenen Partei
Angesichts des Wirbels Äusserungen hat der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, einen anderen Stil von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gefordert. «Friedrich Merz ist nicht mehr der launige Kommentator am Spielfeldrand, der einen raushaut», sagte Radtke den Funke-Zeitungen vom Dienstag. «Sondern ihm kommt als Kanzler eine besondere Verantwortung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, die Debattenkultur und einer positiven Zukunftserzählung zu.»
Er finde es gut, dass Merz der AfD eine klare Kampfansage liefere, sagte Radtke. Der Kanzler habe auch recht, wenn er eine positive Zukunftserzählung einfordere. «Allerdings erwarte ich, dass er hier als Bundeskanzler vorangeht. Allein die von ihm losgetretene Stadtbild-Debatte bewirkt das Gegenteil», kritisierte er.
Probleme «lassen sich nicht abschieben»
Es gebe zwar an vielen Stellen ein verstörendes Stadtbild – aber zu suggerieren, dies würde sich durch Abschiebungen ändern, sei zu kurz gesprungen, erwecke unerfüllbare Erwartungen und werde der Komplexität des Problems nicht gerecht, sagte Radtke.
«Probleme wie Drogensucht, Obdachlosigkeit oder Mackertum bei Jugendlichen lassen sich nicht abschieben, sondern müssen angepackt werden.» Die beste Strategie gegen die AfD sei Politik, die Probleme löse, Versprechen einhalte und in der Kommunikation ebenso klar wie empathisch sei.
Merz bekräftigte die Aussage am Montag
Merz hatte am Montag seine umstrittene Äusserung zu Problemen im Stadtbild durch Migration verteidigt. «Ich habe gar nichts zurückzunehmen», sagte er. «Im Gegenteil, ich unterstreiche es noch einmal: Wir müssen daran etwas ändern und der Bundesinnenminister ist dabei, daran etwas zu ändern und wir werden diese Politik fortsetzen.»
Auf die anschliessende Frage einer Journalistin angesichts einer Demonstration in Berlin, bei der gestern Abend Hunderte Menschen unter dem Motto «Brandmauer hoch! Wir sind das Stadtbild» für Vielfalt und gegen Rassismus demonstriert hatten, sagte Merz, er habe wegen der Beratungen in der CDU von der Demonstration nichts mitbekommen.
Er betonte: «Wer es aus dem Lebensalltag sieht, weiss, dass ich mit dieser Bemerkung, die ich da letzte Woche gemacht habe, recht habe. Ich habe sie übrigens nicht das erste Mal gemacht, und ich habe Sie auch nicht als einziger gemacht. Es gibt viele, die das so sagen, die das so bewerten und so beurteilen.»
Zustimmung von CSU und AfD
CSU-Chef Markus Söder pflichtete dem Kanzler dagegen bei. Der Wirbel um die «Stadtbild»-Äusserungen sei «eine völlig verzerrte Debatte, Wortklauberei und letztlich eine linke Kampagne», kritisierte Söder in München. Es sei «Realität in unserem Land, dass die Integration an einigen Stellen nicht gelungen ist», sagte er. Dabei sei es «ganz normal, dass der Bundeskanzler das benennt».
Kanzler Merz selbst lehnte am Dienstag weitere Äusserungen zu dem Thema ab. Bei einer Pressekonferenz in Stuttgart verwies er bei einer entsprechenden Frage auf seine Äusserungen der vergangenen Tage, die er für «nicht erklärungsbedürftig» halte.
Zustimmung zu seinem «Stadtbild»-Befund bekam der Kanzler von der AfD, die Merz allerdings Untätigkeit vorwarf. Der Kanzler dürfe es nicht dabei belassen, «Phrasen zu dreschen», erklärte AfD-Vizechef Stephan Brandner. Viele Innenstädte seien «zu Ekelorten verkommen», erklärte Brandner. «Jetzt wird ideologisch über die Begrifflichkeit diskutiert, statt anzupacken und auch dieses Problem zu lösen.»
Mit Material der DPA.
