Trumps Sanktionen machen Schweizer Rohstoff-Hub und Banken nervös

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Die EU und die USA belegen Russland mit neuen Sanktionen. Die Folgen von Trumps Entscheid sind für die Schweiz weitaus gravierender. Welche Firmen besonders betroffen sind.

Die USA verhängen neue Sanktionen gegen die russischen Staatskonzerne Rosneft und Lukoil. Erste indische Grossabnehmer verzichten künftig auf Erdölimporte aus Russland. Die EU plant bis 2027 ein vollständiges Importverbot für russisches Gas. Schweizer Banken müssen US-Sanktionen beachten, um Dollar-Handel nicht zu gefährden.

US-Präsident Donald Trump ist nicht für seine bescheidene Wortwahl bekannt. Im Falle der neuen Sanktionen gegen Russland könnte sein Superlativ aber zutreffen. «Tremendous» (zu Deutsch: enorm) seien die neuen Massnahmen, sagte Trump in der Nacht auf Donnerstag zu Reportern im Oval Office.

Erstmals seit Trumps Amtsantritt haben die USA neue Sanktionen gegen Russland ergriffen. Und die Amerikaner gehen dorthin, wo es wehtut: Sie nehmen die beiden grossen staatlichen Rohstoffkonzerne Rosneft und Lukoil ins Visier, die massgeblich zur Finanzierung der russischen Militäroffensive in der Ukraine beitragen.

Konkret sollen Vermögenswerte der beiden Firmen gesperrt werden, die sich in den USA befinden oder unter der Kontrolle von amerikanischen Personen und Firmen stehen. Auch dürfen Unternehmen und Finanzinstitute in den USA ab sofort keine Geschäftsbeziehungen mit Rosneft und Lukoil mehr führen. Ausländische Banken riskieren ebenfalls, von den USA sanktioniert zu werden, wenn sie mit den beiden russischen Firmen respektive ihren Tochtergesellschaften weiterhin Geschäfte machen.

Was sind die unmittelbaren Folgen von Trumps Entscheid?

Die wichtigsten Abnehmer von russischem Öl sind China und Indien. Beide Staaten müssen sich immer wieder Kritik anhören, weil sie günstiges Erdöl aus Russland beziehen. Die Sanktionen zielen daher auch darauf ab, dass diese beiden Länder auf Lieferungen verzichten. Erste Grossabnehmer aus Indien haben bereits angekündigt, künftig auf russisches Öl zu verzichten.

Wie der Nachrichtendienst Reuters am Donnerstag berichtete, haben auch staatliche Ölkonzerne aus China den Kauf von russischem Öl über den Seeweg ausgesetzt. Allerdings bezieht China die meisten Ölimporte aus Russland über Pipelines, die laut Reuters von den Sanktionen nicht tangiert sind. Der Ölpreis ist infolge der Turbulenzen im Laufe des Tages aber um knapp 5 Prozent angestiegen.

Wie reagieren die Europäer auf die Sanktionen?

Die Europäische Union hat am Donnerstag ebenfalls ein neues Sanktionspaket gegen Russland bekannt gegeben, das 19. seit der Invasion in die Ukraine. Die 27 Mitgliedsstaaten haben sich darauf geeinigt, dass ab 2027 ein vollständiges Importverbot von russischem Gas gelten soll. Während die meisten Staaten bereits heute kein Gas mehr importieren, sind die Slowakei und Ungarn nach wie vor von den Lieferungen aus Russland abhängig.

Weiter hat die EU Massnahmen gegen Unternehmen – insbesondere aus China und Indien – vorgesehen, die mit Putins Regime Geschäfte machen. Auch zählt die EU 117 neue Schiffe zur russischen Schattenflotte. Diese Öl- und Flüssiggastanker dürfen ab sofort nicht mehr in Häfen von EU-Staaten einlaufen.

Mit ihren Sanktionen reagiert die EU indirekt auf die Forderungen aus Washington. Trump fordert die Europäer seit Monaten dazu auf, vom russischen Öl und Gas loszukommen. Ursprünglich war der Importstopp für russisches Gas erst auf Ende 2027 geplant.

Was macht die Schweiz?

Die Schweiz hat die Sanktionen der EU bisher – mit wenigen Ausnahmen – stets übernommen. Auch das 19. Sank­tions­paket gegen Russland dürfte der Bundesrat in einer der nächsten Sitzungen nachvollziehen. Die von der EU beschlossenen Massnahmen tangieren die Schweiz nur am Rande.

Das verantwortliche Wirtschaftsdepartement (WBF) von Guy Parmelin (SVP) schreibt auf Anfrage, dass die zuständigen Stellen des Bundes die EU-Massnahmen zur Kenntnis genommen haben. «Der Bundesrat entscheidet jeweils im Einzelfall darüber, ob die Schweiz die von der EU beschlossenen Sanktionen ganz, teilweise oder gar nicht übernimmt», sagt WBF-Sprecherin Françoise Tschanz. «Die Abwägung erfolgt jeweils unter Berücksichtigung aussenpolitischer, aussenwirtschaftspolitischer und rechtlicher Kriterien.» Was die neuen Sanktionen der USA für die Schweiz bedeuten, lässt das WBF derweil offen.

Was bedeuten Trumps Sanktionen für die Schweizer Wirtschaft?

Auch wenn die offizielle Schweiz die Massnahmen der USA nicht übernimmt, dürften sie laut Experten für die Wirtschaft relevanter sein als die Massnahmen der EU – insbesondere für die Finanzbranche. Banken, die international tätig sind, achten in der Regel penibel darauf, dass sie nicht in die Schusslinie von US-Sanktionen geraten. Im Extremfall droht sogar der Ausschluss aus dem Dollar-Handel, was für ein international tätiges Finanzunternehmen dem Todesstoss gleichkäme. Auch Unternehmen, deren Aktien international gehandelt werden, könnten in Bedrängnis geraten, wenn ihnen Geschäftsbeziehungen zu Rosneft oder Lukoil nachgewiesen werden können.

Experten gehen deshalb davon aus, dass einige Unternehmen ihre noch vorhandenen Beziehungen zur russischen Öl- und Gasindustrie freiwillig kappen. Welche Kreise das ziehen kann, zeigt das Beispiel des Wiener Fussballclubs Austria Wien. Lukoil International sponserte dort die «Special Violets» und die «Special Violets Kids» – das sind die Teams mit beeinträchtigten Spielerinnen und Spielern. Die Zusammenarbeit sei per sofort beendet worden, da unklar sei, ob überhaupt eine Bank die Zahlungen verarbeiten könne, teilte Austria Wien am Donnerstag mit.

Welche Firmen in der Schweiz sind betroffen?

Lange Zeit war der russische Ölkonzern Rosneft in der Schweiz mit einer wichtigen Niederlassung vertreten. Diese Redaktion bezeichnete Rosneft daher als «Putins Ölhändler in der Schweiz». Vor einigen Jahren hat der Konzern seine Aktivitäten hierzulande jedoch eingestellt. Die noch im Handelsregister eingetragene Firma ist nicht viel mehr als eine Hülle.

In der Schweiz sticht ein anderes Unternehmen hervor: Litasco. Diese Firma ist zwar nicht auf der neuen Sanktionsliste der USA zu finden. Dort heisst es aber, dass alle Unternehmen, die direkt oder indirekt zu mindestens 50 Prozent im Besitz von Rosneft und Lukoil sind, ebenfalls mitgemeint sind. Laut früheren Medienmitteilungen gehört Litasco zu 100 Prozent dem Lukoil-Konzern. Laut dem Nachhaltigkeitsbericht von Litasco in Genf beschäftigt die Firma 4600 Personen und betreut unter anderem 580 Tankstellen, viele davon in den Benelux-Staaten und in Osteuropa.

Am Standort Genf handelt Litasco heute wohl kaum mehr mit russischem Öl. Laut einem Reuters-Bericht hat die Firma 2022 das Trading mit russischem Öl nach Dubai verlagert. Dieses Unternehmen wiederum ist bereits auf der Sanktionsliste der EU geführt. Es operiere völlig unabhängig von der Schweizer Gesellschaft, heisst es bei Rohstoffhändlern in Genf.

Der Schweizer Ableger von Litasco ist aber weiterhin im Markt aktiv – und offenbar erfolgreich. Im Frühjahr 2025 feierte das Unternehmen in einem noblen Londoner Lokal, in Sichtweite des Buckingham Palace, sein 25-jähriges Bestehen. Angestossen wurde mit edlen Tropfen aus Bordeaux und der Toskana. «Diese Veranstaltung markiert den Beginn eines Jahres voller besonderer Ereignisse, Initiativen und Meilensteine, um das Erbe von Litasco und seine Vision für die Zukunft zu feiern», verkündete das Unternehmen auf der Businessplattform Linkedin.

Ob das 26. Jahr ein besonders einschneidendes für die Firma sein wird, bleibt offen. Weder Lukoil noch Litasco haben bislang auf Anfragen dieser Redaktion reagiert.

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