In der Aargauer Telli-Siedlung reihen sich die Einkaufswagen aneinander: Seit Coop neue Wägeli hat und die alten nicht mehr abholt, stehen sie in der Überbauung herum. Keiner weiss so recht, wohin damit.
«Überall hat es Einkaufswagen»: Mit diesen Worten meldete sich eine besorgte Mieterin der Telli-Überbauung in Aarau bei der 20-Minuten-Redaktion. Wohin sie auch schaut, stehen Einkaufswägeli – vor den Hauseingängen, bei den Briefkästen und neben den Veloständern. «Wir haben ein massives Wägeliproblem!», schreibt sie.
Die Wohnsiedlung liegt rund 500 Meter vom Telli-Shoppingcenter entfernt, wo sich auch der Coop befindet – von dort stammen die herumstehenden Wägeli. Früher durften Kundinnen und Kunden die Wagen mit nach Hause nehmen, Coop holte sie später wieder ab. Seit dem Umbau 2023 ist das nicht mehr erlaubt: Die neuen Einkaufswagen sind mit einem Magneten am Rad ausgestattet und dürfen das Areal nicht mehr verlassen.
Es werden immer mehr und niemand holt sie ab
Einige Mieterinnen und Mieter der Telli-Überbauung tragen die Wägeli trotz Verbot über die Schranke und nehmen sie nach Hause – zurückgeholt werden sie nicht mehr. Inzwischen stehen in der ganzen Siedlung Einkaufswagen, teils sogar auf der Wiese.
20 Minuten hat vor Ort verärgerte Mieterinnen und Mieter getroffen. Irmgard (78), seit 30 Jahren Mieterin, ist empört: «Früher wurden die Wägeli regelmässig abgeholt – und jetzt plötzlich nicht mehr?» Sie schlägt vor, Pensionierte könnten die Wagen einsammeln und dafür einen Gutschein erhalten. Ihrer Schätzung nach stehen inzwischen rund 1000 Stück herum.
Coop hätte gar keinen Platz
Ein Anwohner sorgt sich: «Es hat keinen Platz mehr. Wo sollen die Wägeli noch hin?» Ein Rentner (73) nimmt es dagegen gelassener: «Es stört schon, aber auszuziehen kommt nicht infrage. Die Siedlung ist trotzdem schön.»
Gisela (64), seit 45 Jahren Mieterin, hat dafür kein Verständnis: «Ich finde es eine Frechheit, dass die Leute die Einkaufswagen mitnehmen und nicht zurückbringen. Das ist Eigentum von Coop!» Ein Nachbar ergänzt: «Man muss eine Lösung finden. Die Wägeli gehören dem Coop – wieso nimmt man sie überhaupt mit?» Er könne den Coop durchaus verstehen.

In einem Punkt sind sich die Bewohnerinnen und Bewohner aber einig: «Der Coop hätte gar keinen Platz mehr für all diese Wägeli», sagen sie. Einige vermuten sogar, Coop lasse die Wägeli bewusst stehen – weil in der Tiefgarage derzeit Sanierungsarbeiten laufen und dort weniger Platz für Wagen vorhanden sei. Weil Coop die Wägeli nicht mehr abholt, reagieren nun auch einige Bewohner mit Boykott: «Wir gehen jetzt einfach zu Lidl», sagt eine Frau.
Und so kommt es, dass zwischen all den Coop-Wägeli inzwischen auch einige Lidl-Wägeli in der Siedlung herumstehen.

Das sagt Coop
Carole Husi, Fachfrau Kommunikation bei Coop, erklärt den Hintergrund: «Wegen des neu installierten Rollbandes wurden neue Einkaufswagen angeschafft, deren Rollen speziell darauf abgestimmt sind. Deshalb ist es nicht mehr erlaubt, die Wagen aus dem Einkaufszentrum mitzunehmen», sagt Husi.
Der Coop Aarau Telli habe zuvor schweizweit eine Ausnahme gebildet – dort wurden die Wägeli bislang von Coop abgeholt. «Da das Mitnehmen der Wagen nun nicht mehr erlaubt ist, wurde der Abholservice eingestellt», so Husi weiter. Coop setzt nun auf das Verantwortungsbewusstsein der Anwohnenden: «Wir bitten die Bewohnerinnen und Bewohner des Telli-Quartiers, die Coop-Einkaufswagen zurückzubringen.»
Eigentümer hat noch keine Lösung
Eigentümerin der Telli-Überbauung ist die Axa. Auf Anfrage von 20 Minuten sagen sie: «Die Situation ist uns bekannt, und wir sind bestrebt, mit dem Eigentümer der Wägeli, dem Coop-Einkaufszentrum, eine Lösung zu finden.» Sobald eine Lösung feststeht, werden sie diese umgehend den Mieterinnen und Mietern kommunizieren.
