Mit den Bilateralen III könnte ein Verbot von «Veggie-Burgern» und «Soja-Schnitzeln» in der EU auch für die Schweiz gelten. Uneins sind sich die Parteien nicht nur über Sinn und Unsinn eines solchen Verbots, sondern auch über den innenpolitischen Spielraum.
Ist ein Schnitzel ohne Fleisch ein Schnitzel? Eine Wurst ohne Darm eine Wurst? Nein, findet das EU-Parlament. Vor Kurzem fasste es den Beschluss, dass vegane und vegetarische Ersatzprodukte
nicht mehr Schnitzel, Wurst oder Burger genannt werden dürfen.
Die Befürworter argumentierten, dass die Konsumenten durch diese Bezeichnungen verwirrt würden. Noch ist der Entscheid aber nicht definitiv. In Kraft tritt
das «Veggie-Burger»-Verbot erst
, wenn eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten zustimmt.
Kommt das Verbot in der EU, könnte es – bei einem Ja zum neuen EU-Vertragspaket – auch in der Schweiz gelten. Eines der drei neuen Abkommen sieht einen gemeinsamen Raum für die Lebensmittelsicherheit vor. Auf Anfrage erklärt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), dass das diskutierte Verbot in diesem Fall auch hier gelten würde, wenn es einen Rechtsakt aus dem Abkommen betrifft und die Schweiz im gemischten Ausschuss zustimmt. Sage sie «Nein», erfolge keine Übernahme, die EU könne aber mit «Ausgleichsmassnahmen» reagieren, wenn ein Ungleichgewicht im Binnenmarkt entstehe.
Grüne: «Absurd, dass jemand aus Versehen vegane Wurst kauft»
Die grüne Nationalrätin Meret Schneider bezeichnet das diskutierte Verbot als gelungenes Lobbying der Fleischindustrie: «Die Vorstellung, dass jemand aus Versehen vegane Wurst kauft, ist absurd. Das glauben selbst die Befürworter nicht.» Schneider spricht von einem Kulturkampf: «Es geht darum, den Produzenten pflanzlicher Proteine möglichst viele Steine in den Weg zu legen und ihre Produkte als unnatürlich darzustellen.» Zudem sei der Bezug zum Fleisch bei Wörtern wie Schnitzel nicht so klar, wie die Debatte suggeriere. Mit dem mittelhochdeutschen «Sniz» konnte auch ein Stück Obst gemeint sein.
Start-ups wie Planted oder Green Mountain, die auch in den EU-Raum exportieren, müssten ihre Verpackungen ohnehin anpassen, sollte das Verbot kommen. Diese Firmen seien kreativ und würden schon neue Namen finden: «Tofu-Schlauch statt Tofu-Wurst zum Beispiel», witzelt sie. An ihrem Ja zum EU-Vertragspaket ändere ein mögliches Veggie-Burger-Verbot nichts: «Dieses ist von ungleich grösserer Tragweite.» Zudem: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die EU ein Problem damit hat, wenn die Schweiz in diesem Punkt abweichende Regeln hat.»

Mitte-Parteichef Philipp Matthias Bregy kommt zu einem ähnlichen Schluss. Er betont, dass die Schweiz aktuell nicht verpflichtet ist, solche Verbote aus der EU zu übernehmen: «Ich gehe davon aus, dass für Fragen wie die Benennung von Fleischersatzprodukten aufgrund der fehlenden Wichtigkeit innerhalb der Schweiz auch im Rahmen der Bilateralen III Spielraum bleiben wird», so Bregy. Inhaltlich sei das Verbot «ohne Mehrwert» und damit «sinnlos».
SVP: «Wer an Ausnahme glaubt, hat die Verträge nicht gelesen»
Die SVP lehnt das EU-Vertragspaket als «Unterwerfungsvertrag» ab. An einer Medienkonferenz am Montag kritisierte die Partei etwa die «zwingende Übernahme von EU-Recht» in zentralen Bereichen wie der Lebensmittelsicherheit – sprich die dynamische Rechtsübernahme. Die SVP warnt vor einem massiven Bürokratie- und Kontrollaufwand.
Gleichzeitig entspricht zumindest das «Veggie-Wurst»-Verbot der Linie der Sünneli-Partei. So reichte SVP-Nationalrat Thomas Stettler aus dem Kanton Jura die Motion «Ein Steak ist nicht aus Soja!» ein. Ist die Partei also für einmal EU-Fan? «Nein», stellt Stettler klar: «Was wäre ich für ein Politiker, wenn ich für meine Partikularinteressen meine grundlegende Überzeugung einfach über den Haufen werfen würde?» Er freue sich aber, dass sein Standpunkt über die Grenzen hinaus Anklang finde.

Auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi verneint: «Es geht hier ums Prinzip, dass wir selbst festlegen, welche Regeln bei uns in der Schweiz gelten.» Das Lebensmittelrecht sei ein gutes Beispiel: «Es kann nicht sein, dass die EU uns vorschreibt, die Kalorienzahl auf Weinflaschen zu schreiben, oder den Schweizer Hofläden die EU-Hygienestandards aufbürdet.»
Anders als Schneider und Bregy bezweifelt Aeschi, dass die EU der Schweiz beim «Veggie-Burger»-Verbot eine abweichende Regelung zugestehen würde: «Wer das glaubt, hat die Verträge nicht gelesen. Spurt die Schweiz nicht, wird sie mit Sanktionen belegt.»



