Warum kehren Mercedes, Audi und BMW zum Design der Vergangenheit zurück?

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In einer Zeit globaler Spannungen, Umweltkrisen, Kriege und immer schnellere Fortschritt entscheiden sich die Premium-Automarken aus Deutschland, einen Schritt zurückzugehen. Nicht aus reiner Nostalgie, sondern um im Design die beruhigende Kraft der Wurzeln, der Erinnerung, der Identität wiederzuentdecken.

Audi, BMW und Mercedes erkunden heute eine formale Sprache, die sich auf die markanten Merkmale ihrer Vergangenheit bezieht. Dies tun sie mit den jüngsten Modellen, die entweder seriennahe Konzepte sind oder schon in Serie produziert werden: Audi Concept C, BMW iX3 und der Mercedes Vision Iconic.

Die Front des mächtigen Vision Iconic lässt keinen Zweifel: Der Kühlergrill mit horizontalen, verchromten und prominenten Lamellen ist eine direkte Anspielung auf die Mercedes aus den 1950er-Jahren, von den Ponton-Modellen bis zur legendären 300 SL. Manch einer fühlt sich gar an die Zeit vor 1945 erinnert …

 

Die einzeln eingelassenen und runden Scheinwerfer fügen einen Vintage-Touch hinzu, der sich mit der straffen und kraftvollen Silhouette des Autos verbindet. Die Karosserie, massiv aber proportioniert und sehr aerodynamisch, wirkt wie aus einem Guss: Die Oberflächen sind klar, das Dach niedrig und die hohe Gürtellinie vermitteln den Eindruck eines technologischen Monolithen. Die Farbe kann nur Schwarz sein, wobei die Leuchtelemente einen starken Kontrast mit oder ohne Außenlicht erzeugen.

Bild von: Mercedes-Benz

Bild von: Mercedes-Benz

Weg mit der Front der sportlichen Mercedes mit dem breiten Kühlergrill und dem großen Stern in der Mitte: Der alte “Kühler” kehrt zurück, mit dem separaten Stern oben

Bild von: Mercedes-Benz
Foto von: Mercedes-Benz

Aber es ist nicht nur eine stilistische Übung: Die Vision Iconic drückt eine Philosophie aus. Zu bekannten Elementen zurückkehren, wie ein Emblem, ein Kühlergrill oder ein Profil, bedeutet heute, visuelle Gewissheiten in einer sich verändernden Welt zu bieten.

Neben Mercedes entdecken auch Audi und BMW ihre eigene Geschichte wieder. Das Concept C von Audi, kürzlich als Erstlingswerk des neuen Designchefs Massimo Frascella präsentiert, zeigt einen Frontgrill, der auf die achteckige Form verzichtet und zu einer fast neoklassischen Struktur zurückkehrt: vertikal, schlank, streng.

Seit vielen Jahren haben die Audi ein Frontdesign mit horizontaler Anordnung oder in manchen Fällen mit dem Kühlergrill in der Motorhaube integriert – wie zum Beispiel beim Audi 100 C4 der 1990er-Jahre bis zum jüngsten “Single Frame”. Um zu etwas Ähnlichem wie der Concept C zu gelangen, muss man weit in die Vergangenheit zurückgehen, in die Jahre der Auto Union. 

In der Audi Concept C finden sich nicht nur Anklänge an den TT oder den R8, sondern auch an die Sportwagen von Auto Union aus der Vergangenheit

Bild von: Audi

BMW kehrte mit der Neuen Klasse zum Bau von hochwertigen Limousinen und sportlichen Coupés zurück, und die schmale Doppelniere war ein Merkmal davon, das heute in der Serienversion des iX3 zurückkehrt.

Bild von: BMW

Das Gleiche gilt für den neuen BMW iX3, bei dem die hohe und schmale Niere ein Rückgriff auf die namensgebende “Neue Klasse” der 1960er-Jahre ist. Ob Audi oder BMW: Beide setzen auf ein stark reduziertes Design, was man gut im seitlichen Profil erkennt.

Es ist nicht das erste Mal, dass deutsche Marken mit der Vergangenheit flirten. In den frühen 2000er-Jahren erweckten Projekte wie der Maybach Exelero – in Italien von Stola realisiert, aber mit einem vom Auftraggeber gewünschten Design – oder das Audi Rosemeyer Konzept, inspiriert von den Rennwagen der Auto Union, eine Sprache, die von der stromlinienförmigen Ästhetik der 1930er-Jahre inspiriert war.

Es waren monumentale, theatralische Stilübungen, die mehr Macht als Eleganz hervorrufen wollten, an der Grenze zwischen Auto und Kunst.

Auch Peugeot wagte sich mit dem 908 RC Concept im Jahr 2006 an Retro-Design

Bild von: Peugeot

Der Audi Rosemeyer von 2000 hat das Concept C von 2025 inspiriert

Mercedes ist nicht neu darin, die Vergangenheit zu beschwören, vor allem mit der Marke Maybach: Man muss sich nur das Maybach Exelero Konzept anschauen, das der neuen Mercedes-Studie ähnelt

Das BMW Concept Coupé Mille Miglia von 2006, weniger bekannt beim breiten Publikum, reiht sich in die gleiche Kategorie ein: Geschwungene Formen, abgedeckte Scheinwerfer, Karosserie eines Tourenwagen von 1940. Doch damals schienen diese Vorstellungen zu weit von der Produktion entfernt zu sein.

Heute hingegen setzt man immer häufiger auf ein besonderes Design vor dem Hintergrund, dass die reine Technik bei Elektroautos immer ähnlicher wird.

Renault Twingo E-Tech electric (2026) Teaser

Bild von: Renault

Andere Marken haben das Retro-Design zu einer regelrechten Strategie gemacht. Renault setzt mit dem Trio R5, R4 und Twingo in elektrischer Neuauflage auf eine visuelle Kontinuität, die viel Anklang findet. Fiat hat dies bereits mit dem 500 getan, Volkswagen mit dem New Beetle und dann dem ID. Buzz, und natürlich gibt es Mini.

Die Entscheidung einiger Marken, historische Namen für völlig neue Modelle wieder aufzugreifen, ist ambivalenter: Ford Puma und Capri teilen mit ihren Namensvettern nur den Namen und einen vagen dynamischen Geist.

Das Fiat Trepiùno Concept von 2004 von Roberto Giolito, Vorläufer des aktuellen 500 auf einer größeren Plattform: Das Retro-Design greift Formen, Proportionen und Konzepte aus einer “glücklichen” Vergangenheit auf.

Die Rückkehr des Mini 2001: die Neuauflage einer genialen und technisch fortschrittlichen Idee. Auf dieser Grundlage ist Mini heute eine ganze Marke, die vollständig auf den gleichen Designprinzipien basiert.

Und dann ist da noch Citroen, das seit jeher mit einer Form der stilistischen Avantgarde verbunden ist. Alle erwarten eine neue 2CV, aber die Marke antwortet mit immer überraschenden Konzepten: Trotzdem reichte der Bogen der Windschutzscheibe des ersten C3 im Jahr 2002 aus, um den Mythos zu evozieren und die Verkäufe anzukurbeln.

Design spiegelt wie Film und Musik unsere Zeit wider. Heute feiern die Klänge der 80er ein Comeback, alte Filme werden neu erzählt und Vinyl erlebt ein Revival – da sucht auch das Auto nach stilistischen Ideen in der Vergangenheit. Es geht dabei nicht um Nostalgie, sondern um den Wunsch, sich individuell auszudrücken.

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