Was bringen Self-Checkout-Kassen dem Handel wirklich?

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Mehr Diebstähle, Frust und hohe Kosten: Self-Checkout-Kassen bringen Schweizer Händlern nur geringe Vorteile. Ein Experte nennt Gründe.

Self-Checkout-Kassen sollen der Kundschaft eigentlich das Einkaufen erleichtern. Doch sie sorgen immer wieder für Stunk. Kundinnen und Kunden sind gestresster als an herkömmlichen Kassen, das Verkaufspersonal befürchtet einen Jobabbau und an den Automaten wird immer wieder gestohlen.

Warum vertrauen die Händler trotzdem auf Self-Checkout-Kassen und wie viel sparen sie damit im Vergleich zu herkömmlichen Kassen? 20 Minuten sprach mit dem deutschen Detailhandelsexperten Philip Meeth über das Phänomen Self-Checkout-Kasse.

Wie sehr nehmen Diebstähle durch Self-Checkout-Kassen zu?Philip Meeth (29): Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Diebstähle um 15 bis 30 Prozent höher ist als bei herkömmlich bedienten Kassen. Doch Self-Checkout soll den Einkauf für alle erleichtern, nicht zum Risiko für Händler werden.

Wie verhindern Händler Diebstähle?Supermärkte setzen zunehmend auf moderne Sicherheitsmassnahmen wie sogenannte Ausgangssperren, die den Kassenbereich gezielt absichern und kontrollieren. Ergänzend kommen KI-gestützte Technologien, Analysetools, intelligente Videoüberwachung und Gewichtssensoren zum Einsatz. Geschultes Personal kann zudem eingreifen, zufällige Stichproben durchführen und Unterstützung leisten.

Stichproben sind für Personal und Kundschaft oft ein Ärgernis. Was bringen sie für einen Mehrwert?

Mit ihnen lässt sich potenzielles Fehlverhalten identifizieren und eine abschreckende Wirkung erzielen. Ziel aller Massnahmen ist es, Verluste für die Händler zu minimieren, ohne das Einkaufserlebnis unnötig einzuschränken und die Balance zwischen Automatisierung und aktiver Kundenbetreuung zu wahren.

In den USA bauen Händler die Self-Checkout-Kassen wegen der vielen Diebstähle wieder ab. Denken die Händler auch bei uns um?

In Europa und der Schweiz werden Selbstbedienungs-Kassen weiter ausgebaut, stossen jedoch gleichzeitig auf Kritik. Ein häufiger Einwand ist, trotz Automatisierung bleibt Personal notwendig, um bei Problemen im Bezahlvorgang einzugreifen oder Kundinnen und Kunden zu unterstützen.

Also bleiben Händler in Europa und der Schweiz bei den Automaten?

Einige haben die Selbstbedienungs-Kassen wieder abgebaut, weil der erhoffte Effizienzgewinn ausblieb. Der Fokus liegt aber auf der Weiterentwicklung bestehender Systeme, unterstützt durch gezielte Überwachung und verbesserte Kundeninteraktion, also ein an den Markt angepasstes Hybridmodell.

Wie viel sparen Händler mit einer Self-Checkout-Kasse im Vergleich zur bedienten Kasse?

Self-Checkout-Kassen gelten zwar als personalentlastende Massnahme, bieten aber in der Gesamtbilanz bislang nur begrenzte Kosteneinsparungen. Die Anschaffungs- und Betriebskosten für die zugrunde liegende Technologie sind nach wie vor hoch.

Was kostet es?

Ein System mit vier Self-Checkout-Stationen kostet rund 80’000 bis 120’000 Euro, während eine klassische Bedienkasse bereits für 10’000 bis 20’000 Euro zu haben ist. Der Preis kann je nach Anbieter, Ausstattung, Serviceleistung und individuellen Anforderungen variieren.

Sind das einmalige Anschaffungskosten?

Ja, dabei handelt es sich in der Regel um einmalige Anschaffungskosten für die Hardware und Software. Allerdings fallen zusätzlich laufende Betriebskosten an – etwa für Wartungen, Software-Updates oder Support. Die Personalkosten sind in den Zahlen nicht enthalten.

Lohnt sich das für die Händler?

Ob sich Self-Checkout wirtschaftlich rechnet, hängt stark vom jeweiligen Geschäftsmodell, der Kundenfrequenz, der Grösse der Filiale und der Effektivität begleitender Sicherheits- und Kommunikationsmassnahmen ab. Oft lohnt sich die Investition vor allem dann, wenn hohe Durchlaufzahlen und flexible Personalplanung gegeben sind.

Was verstehen Sie unter flexibler Personalplanung?

Damit ist gemeint, dass das Personal je nach Bedarf und Stosszeiten eingesetzt werden kann – also nicht dauerhaft an der Kasse gebunden ist. Da Self-Checkout-Kassen einen Teil der Arbeit übernehmen, können Mitarbeitende stattdessen flexibel andere Aufgaben im Geschäft übernehmen, wie zum Beispiel Waren auffüllen, Kundinnen und Kunden beraten oder Sicherheitskontrollen durchführen. Das erhöht die Effizienz und spart im Idealfall Personalkosten, besonders in Zeiten mit geringer Kundenfrequenz.

Wie viele Stellen kann ein Händler mit Self-Checkout im Vergleich zu herkömmlichen Kassen einsparen?

Das ist unterschiedlich und hängt stark von der Kundenfrequenz und der Organisation des Geschäfts ab. Häufig betreut eine einzelne Aufsichtsperson mehrere Self-Checkout-Kassen, zum Beispiel vier bis sechs Stationen, während für bediente Kassen jeweils eine eigene Kraft erforderlich ist. Im Idealfall können also ein bis mehrere Vollzeitstellen für andere Aufgaben im Laden eingesetzt werden.

Wie liesse sich die Kundenzufriedenheit und Profitabilität verbessern?Händler müssen die Wartezeiten weiter verkürzen, indem sie den Ausbau von Selbstbedienungs-Kassen gezielt fördern – während der Mitarbeitereinsatz dort erfolgt, wo er wirklich gebraucht wird, etwa bei technischen Störungen, Altersfreigaben oder allgemeinen Fragen, ohne dauerhaft präsent sein zu müssen.

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