Tech-Blogger Sascha Pallenberg verlässt Bluesky. Aus Protest. Weil sich die Betreiber der Social-Media-Plattform nicht gegen «die Troll-Strategie des Trump-Regimes» wehren.
Sascha Pallenberg hat die Nase voll. Und dies von der Social-Media-Plattform, die angetreten ist, um es besser zu machen als X. Doch die jüngsten Entwicklungen bei Bluesky weisen in eine andere Richtung.
watson hat sich auf Spurensuche begeben.
«Digitale Souveränität ist keine Spielerei, sondern Überlebensstrategie»
– Sascha Pallenberg –
Was ist der Auslöser?
Dazu schreibt Pallenberg:
«Der entscheidende Moment kam, als die Trump-Administration – ja, richtig gelesen, die US-Regierung selbst – Bluesky als Bühne entdeckt hat. Innerhalb weniger Tage tauchten 30 offizielle Accounts auf, allesamt verifiziert, orchestriert, koordiniert. Und sie kamen nicht, um zu reden… sondern um zu provozieren. Um Hass zu streuen. Um Aufmerksamkeit zu kapern. Und Bluesky liess sie gewähren… und schaufelt sich damit sein eigenes Grab!»
Die Plattform Bluesky werde nun von der Trump-Regierung als Feindbild markiert – und gleichzeitig als Werkzeug genutzt, um Chaos zu verbreiten, so Pallenberg. «Das ist kein Widerspruch, das ist Taktik.»
Wo ist das Problem?
Pallenberg kritisiert in einem lesenswerten Blog-Beitrag (siehe Quellen), dass Bluesky gegen die eigenen Hausregeln verstosse, wenn es die Verbreitung von Hass und Falschinformationen toleriere.
Der bislang unabhängigen Plattform, die von Risikokapital-Gebern aus dem Silicon Valley finanziert wird, drohe die gleiche Entwicklung wie Twitter.
«Social Media wird von autoritären Systemen nicht mehr nur genutzt – es wird bewusst instrumentalisiert. Was früher die freie Bühne für Meinungsaustausch war, ist heute ein Propagandawerkzeug. Und Bluesky hat den gleichen Fehler gemacht wie Twitter unter Musk: Sie haben (zumindest am Anfang) geglaubt, Neutralität sei Stärke. Aber wer Hass duldet, verliert am Ende die Kontrolle oder wird assimiliert… der komplett durchgeknallte Tesla-CEO ist dafür nicht nur ein Beispiel, sondern historisch gesehen der absolute Posterboy!»
Wenn Regierungsstellen, die Migranten diffamieren, auf einer Plattform posten dürfen – und das unter dem Deckmantel von «Meinungsfreiheit» – dann sei diese Plattform verloren, gibt der Techblogger zu bedenken.
«Bluesky war ein Experiment. Ein kurzes. Und wieder eines, das gezeigt hat, wie kaputt das System Social Media geworden ist. Wenn Demokratie zu Content wird, wenn Hass monetarisiert wird, wenn Plattformen Regierungen hofieren, dann ist der Punkt erreicht, an dem man gehen sollte.»
In ersten Reaktionen erhält Pallenberg Zuspruch durch andere User. Einige weisen aber auf die relativ mächtige Sperr-Funktion bei Bluesky hin. Durch das Abonnieren von Moderationslisten könne man Trolle und andere unerwünschte Accounts einfach blockieren.
Wohin geht er?
Pallenberg will in Zukunft nur noch bei dem Social-Media-Dienst aktiv sein, der wegen seiner dezentralen Funktionsweise und dem Verzicht auf süchtig machende Algorithmen als wirklich frei und unabhängig gilt:
«Ich gehe zurück ins Fediverse. Zurück zu Mastodon. Zu den Nerds, den Bastlern, den Idealisten. Zu den Menschen, die nicht über Reichweite reden, sondern über Relevanz. Zu denen, die verstehen, dass Dezentralität keine Nostalgie ist, sondern Zukunft. Dass digitale Souveränität keine Spielerei ist, sondern Überlebensstrategie.»
Warum du Mastodon jetzt ausprobieren und «alles wegrüsseln» solltest
Wer ist der Mann?
Sascha Pallenberg ist so etwas wie ein Internet-Urgestein. 1971 in Deutschland geboren, lebt der Tech-Blogger und Unternehmer seit 2009 in Taiwan. Unter anderem gründete er mobilegeeks.de, eine Blogging-Plattform, die während des Smartphone-Booms gross wurde.
Der Verfechter von Open-Source-Software experimentiert aber auch mit eigenen Podcasts, ist bei YouTube und betätigt sich bei neuer Technik gerne als Early Adopter. Unter anderem gilt er als überzeugter User des freien Social-Media-Dienstes Mastodon.
Oft wurde Pallenberg von deutschen Medien als Experte zu allen möglichen digitalen Themen befragt. Zwischendurch war er beim deutschen Autokonzern Daimler als «Head of Digital Transformation» tätig.
Quellen
- metacheles.de: Bluesky – Der Traum ist vorbei
Darum will der Bundesrat die Social-Media-Plattform X von Elon Musk weiter unterstützen
