Wie Solothurn zum Crime-Hotspot werden konnte

Post author name

Soziale Probleme, die Zentrumsfunktion und statistische Besonderheiten: Ein Kriminologe ordnet ein, warum sich ausgerechnet Solothurn zum Crime-Hotspot entwickeln konnte.

Solothurn ist laut der Kriminalstatistik 2024 der gefährlichste Bezirk der Schweiz. Auch Menschen vor Ort erzählen, dass sie sich an bestimmten Orten in der Stadt nicht mehr sicher fühlen. Ladenbesitzer berichten von Einbrüchen und Diebstählen. Laut Polizeimeldungen hat ein Teil der mutmasslichen Täter nicht die Schweizer Staatsangehörigkeit.

Viele fragen sich: Warum gerade diese kleine Stadt? 20 Minuten spricht mit dem Kriminologen Dirk Baier über mögliche Gründe.

Beschaffungskriminalität und Drogenhandel

«Prinzipiell ist es recht einfach möglich, dass eine kleine Stadt mehr Kriminalität aufweist als eine Grossstadt», sagt Dirk Baier zu 20 Minuten. Solche Phänomene könnten entstehen, wenn sich etwa eine Drogenszene etabliere. Damit verbunden seien Delikte im Drogenhandel, Rivalitäten zwischen Händlern und Beschaffungskriminalität wie Raub, Diebstahl oder Einbruch.

«Ich kann nun nicht im Detail beurteilen, ob sich solch eine Szene in Solothurn etabliert», sagt Baier. Auch hätten in kleinen Gemeinden schon wenige Intensivtäter einen grossen Einfluss auf die Kriminalstatistik.

Er betont, Solothurn sei kein gefährlicher Ort, an dem man sich nicht mehr auf die Strasse trauen könne – trotz der Belastung. «In der Schweiz findet sich insgesamt eine niedrige Kriminalitätsbelastung und eine hohe Sicherheit.» Die objektive Kriminalität und das subjektive Sicherheitsgefühl seien oft zwei verschiedene Dinge.

«Es sind oft vorübergehende Erscheinungen»

Moderate Anstiege in der Statistik würden oft überbewertet. Wenn eine Stadt als Kriminalitätshotspot dargestellt werde, zögen sich Menschen zurück – selbst ohne eigene schlechte Erfahrungen. Der öffentliche Raum werde gemieden und jenen überlassen, die sich weniger an Regeln halten.

«In der Vergangenheit wurde immer wieder über Probleme in mittelgrossen Orten diskutiert – insbesondere rund um Bahnhöfe, etwa in Aarau oder Brugg.» Oft handle es sich um vorübergehende Erscheinungen ohne feste Strukturen. Kriminalität könne überall auftreten – unabhängig von der Grösse des Orts.

Soziale Probleme fördern die Kriminalität

Armut und andere soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Alkohol- und Drogenkonsum könnten Kriminalität fördern. «Möglicherweise spielt dies in Solothurn eine Rolle», sagt Baier. Dies sei jedoch eine Ferndiagnose. «Vor Ort kann man die Lage besser einschätzen.»

Um Kriminalität zu bekämpfen, brauche es eine gründliche Analyse der Delikte und Täter. «Kriminalität ist kein Thema, welches die Polizei allein lösen kann. Hier braucht es weitere Akteure wie die Gemeinde, die Schulen, die Gewerbetreibenden, die Anwohnenden und so weiter», so Baier.

Polizei: Statistische Besonderheit

Die Kantonspolizei Solothurn bezeichnete die Stadt in einem früheren Artikel von 20 Minuten als statistische Besonderheit. «Sie bildet mit rund 17’000 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht nur eine Gemeinde, sondern gleichzeitig einen eigenen Bezirk.»

Auch Einzelpersonen könnten die Statistik massiv beeinflussen: «So wurden im Jahr 2024 allein einer Person im Raum Solothurn 175 Straftaten zugeordnet.» Als Kantonshauptstadt übernehme die Stadt ausserdem eine Zentrumsfunktion für Arbeit, Gesellschaft und Freizeit in der Region. Dies führe automatisch zu mehr Menschenverkehr und damit auch zu mehr Straftaten, so die Polizei.

Tag

Related Post

Leave a Comment