Das Klavierduo Tal & Groethuysen gehört seit vielen Jahren zu den besten der Welt. Im Bergson feiern sie jetzt 40 Jahre des Zusammenspiels – mit Beethovens fünfter Symphonie.
Vom Schwabinger Hinterhof an die Weltspitze
Beethovens fünfte Symphonie, gespielt auf zwei Klavieren – geht das? O ja, das geht, das geht sogar sehr gut, und wenn das jemand kann, dann das Klavierduo Yaara Tal und Andreas Groethuysen. Seit 40 Jahren spielen sie zusammen Klavier, von einem Schwabinger Hinterhof aus eroberten sie die Weltspitze ihres Fachs.
Tal & Groethuysen sind längst eine Marke, man kann sie diesen Freitag im Bergson Kunstkraftwerk erleben, mit Beethovens Fünfter, Mozarts großer g-Moll-Symphonie und Emilie Mayers „Faust-Ouvertüre“. Ganz allein zu zweit sind sie dabei nicht, für zusätzliche Farben sorgen Lena Neudauer (Violine) und Wen-Sinn Yang (Cello).
Die ersten Jahre spielten sie vierhändig an einem Klavier, was Yaara Tal sehr schön fand, man spürt den Partner. Aber erst einmal war das gar nicht so geplant. Die beiden waren schon fünf Jahre ein Paar, bevor sie ein Klavierpaar wurden, seit 1982, seit Studentenzeiten teilen sie sich mit ihren Flügeln die Wohnung, der große Fazioli wurde mit einem Kran durch die Balkontür hereingeschafft. Die Wohnung liegt im ersten Stock, sie können hier getrennt voneinander üben oder zusammen.
Ursprünglich hatten sie eher Solokarrieren im Sinn, Groethuysen vor allem, aber auch Tal hatte in ihrer Heimat Israel schon Konzerte gegeben. Dann kam eine Agentin auf die Idee, man könne doch einmal ausprobieren, beider Energien zu bündeln. Und so spielten sie 1985 in Bonn zum ersten Mal vierhändig. Yaara Tal sagt heute, dass „Andreas erst gar nicht mochte, er spielt viel zu gut Klavier, um die Tastatur zu teilen“. Und so spielten sie erst mal, ein paar Jahre lang, auch immer wieder allein weiter, hängen blieb aber der Spaß, den sie empfunden hatten, der Spaß an Entdeckungen. Schließlich kam Sony auf sie zu – inzwischen haben sie als Duo mehr als 40 CDs eingespielt.
„Das war unsere Lebenschance“, sagt Groethuysen. Es ist eine Symbiose, denn auch wenn die Wohnung, gelegen in einem ehemaligen Kutschenhaus, stabil gebaut ist, so sind doch ein Steinway oder der Fazioli akustisch ziemlich durchsetzungsfähig. „Wenn jemand anders hier üben würde, ich würde es nicht aushalten.“ Manchmal sitzt Yaara Tal in der Küche und hört ihn Klavier spielen, versagt sich aber jeden Kommentar. „Beim Üben ist auch nicht alles ernst gemeint“, sagt er. „Es ist mir lieb, es zu hören, weil du es bist“, sagt sie.
Sie machen ja auch nicht alles zusammen, er unterrichtet an der Musikhochschule, sie verfolgt auch noch andere Projekte. Mit einem gelangte sie 2001 bis zu Joschka Fischer, damals Bundesaußenminister. Seit 1996 treibt Yaara Tal die Frage nach einer Möglichkeit von Frieden im Nahen Osten um. „Wir sind ja nicht nur klavierspielende Puppen, wir leben in einer Realität, die uns mindestens so beschäftigt wie die Musik.“ Fischer unterbreitete sie die Idee, den Gazastreifen mittels einer Hochbahn mit dem Westjordanland zu verbinden. Das blieb natürlich Utopie, aber eine, die immer wieder mal in verschiedenen, theoretischen Zusammenhängen auftauchte.
Es dürfte kaum ein relevantes Musikstück für Klavier vierhändig oder zwei Klaviere geben, das sie nicht kennen. Vor einigen Jahren entdeckten sie dann Bearbeitungen großer Symphonik für sich. Von fast jeder bekannten Symphonie gibt es Bearbeitungen, die von Beethovens Fünfter stammt von Carl Burchard, andere Komponisten wie Brahms machten die Bearbeitungen gleich selbst. Quasi als symphonische Hausmusik, denn außer in einem Konzert konnte man damals die Stücke ja nicht hören.
Das Publikum sei meist vollkommen konsterniert, wenn es diese Bearbeitungen höre, sagt Groethuysen. Und: je besser das Original, desto besser auch die Bearbeitung. Oder anders: „Wenn man eine Bearbeitung spielt, dann die Highlights.“ Also eben Beethovens Fünfte, deren Eingangsmotiv alle vier im Bergson unisono spielen werden, man kann sich den Effekt vorstellen. Mit dem Klaviersatz könne man den Bauplan einer Symphonie viel besser begreifen. Aber: „Wenn man Klavier spielt, sollte man immer auch eine Klangvorstellung vom Orchester haben. So entwickelt man eine Story.“
Große Symphonik im Spezialformat. Das Klavierduo Tal & Groethuysen spielt mit Gästen Mozart, Beethoven und Mayer. Bergson Kunstkraftwerk, Freitag, 24. Oktober, 19 Uhr
