„Abschieben und verbieten“ – Unternehmer erhält Hasskommentare für Halal-Produkt

Düsseldorf. Nicklas Zamulski hat ein Nahrungsergänzungsmittel für gläubige Muslime auf den Markt gebracht. Dafür erhält er zahlreiche Hasskommentare im Netz, viele davon unter Klarnamen. Wie der Start-up-Unternehmer damit umgeht.

Im Februar hat Nicklas Zamulski sein Produkt auf den Markt gebracht: Ein Kollagen-Pulver, das er mit seinem Unternehmen „Muali“ als Nahrungsergänzungsmittel auch in sozialen Medien bewirbt. Fast zwei Jahre Entwicklungszeit sei dem vorausgegangen, erklärt der 31-jährige Unternehmer aus Oberkassel. Doch dauerte es nur 24 Stunden, bis er bereits Dutzende Kommentare unter seinen Beiträgen las. Nicht, weil diese mit Preis oder Qualität seines Produktes unzufrieden gewesen wären oder vielleicht den Hype um Nahrungsergänzungsmittels kritisierten. Sondern, weil Zamulski das Produkt deutlich sichtbar als „halal“-zertifiziert bewirbt, also für gläubige Muslime geeignet. Dazu war das Bild einer Frau mit Kopftuch zu sehen. Eine Kombination, die bereits ausreichte, damit sich der Hass im Netz auf ihn entlud.

So schrieb ein Nutzer unter einem Facebook-Post des Unternehmens: „Abschieben und verbieten“. Ein anderer: „Raus mit diesem Dreckspack aus unserem Land“. Bei Instagram stand, man wolle keine „Kopftuchtrullas“. „Es reicht, wenn ich euch jeden Tag in der Stadt sehen muss.“ Manche gingen den Unternehmer auch persönlich an. Zamulski ist mit einem christlichen und einem muslimischen Elternteil aufgewachsen, erst vor einigen Jahren konvertierte er zum Islam. Manche der an ihn gerichteten Kommentare sind schlicht: Morddrohungen. Zamulski hat deshalb Anzeigen erstattet, auch wenn diese meist ohne Ergebnis blieben.

Die meisten Beiträge sind mittlerweile nicht mehr zu finden, unserer Redaktion liegen Aufnahmen davon vor. Täglich sei er eine Stunde damit beschäftigt, die schlimmsten Dinge zu löschen. Auf manchen Plattformen habe er die Präsenz seines Unternehmens bereits zurückgefahren. Auf der Plattform X habe er den Account bereits kurz nach der Anmeldung gelöscht, weil so viele Hasskommentare eingegangen waren. „Das alles ist nicht schön. Ich versuche aber, es weitestgehend zu verdrängen.“ Hasskommentare mit rassistischen Inhalten seien ja kein neues Phänomen im Netz. Ihn schockiere aber, wie viele Menschen dies inzwischen unter ihrem Klarnamen machen. „Da gibt es gar keine Hemmungen mehr.“ Zudem scheint die Empörung vieler Kommentatoren vor allem deswegen zu entstehen, weil das Produkt von einem Muslim für Muslime entwickelt wurde.

Zur Einordnung: Tierische Produkte, die als „halal“ zertifiziert sind, gelten nach muslimischen Richtlinien als nach bestimmten Vorgaben produziert. Zentrales Element ist dabei das Schächten, das auch im Judentum entscheidend ist, um tierische Speisen als koscher zu deklarieren. Den Tieren wird dabei ohne Betäubung die Halsschlagader durchtrennt, damit sie vor der Zerteilung vollständig ausbluten. Tierschützer kritisieren diese betäubungslose Schlachtung als besonders grausam. In Deutschland und in der EU ist das rituelle Schächten grundsätzlich verboten.

Zamulski kennt diese Kritik, empfindet sie aber als Doppelmoral. Massentierhaltung und -schlachtung sei grundsätzlich eine Qual für die Tiere, sagt er. „Wie wird denn garantiert, dass die Tiere durch Elektroschocks wirklich betäubt sind?“, fragt er. Und: „Wer bin ich, dass ich jemanden vorschreibe, was er oder sie isst?“ Dass er sein Produkt damit so offensiv bewerbe, liege daran, dass viele andere Hersteller, die mit dem Label werben, sich nicht an die strengen Vorgaben halten, sagt Zamulski. Für gläubige Muslime sei aber entscheidend, wie die Aufzucht der Tiere erfolgt, wie sie geschlachtet werden und ob ihr Fleisch in einem Betrieb verarbeitet wird, in dem auch Schweinefleisch durch die Maschinen geht. Auch für ihn, der in seiner Freizeit Leistungssport betrieb und lange nach einem geeigneten Produkt gesucht hatte, wie er sagt.

Mit der Kritik an „halal“ könne er umgehen. Die Hassnachrichten sind eine ganz andere Sache. „Ich bin hier geboren, hier aufgewachsen und zahle hier meine Steuern“, sagt Zamulski. Er wünsche sich mehr Toleranz von den Menschen. „So wie ich auch aufgewachsen bin. Mit einer christlichen und islamischen Sichtweise.“ Auch wenn das in Zeiten einer zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft schwieriger werde. Hoffnung mache ihm, dass sein Produkt trotzdem gut angenommen werde. „Und wir auch immer mehr Nicht-Muslime unter unseren Kunden haben.“

(ctri lukra)

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