ADAC eröffnet Campus für modernes Training der Luftrettung

Rettungsdienst

ADAC eröffnet Campus für modernes Training der Luftrettung

Beim Flugsimulator fällt das Triebwerk aus, der Patienten-Dummy weint Tränen: Am neuen Campus der ㈠ADAC-Luftrettung am Flughafen Oberpfaffenhofen können Hubschrauberpiloten und Notfallsanitäter in möglichst realistischer Umgebung trainieren.

Oberpfaffenhofen – Die kleine Wohnung ist aufgeräumt, nur im Kinderzimmer liegen ein paar Spielsachen auf dem Boden. Bad und Küche sind zweckmäßig-modern. Eigentlich ganz gemütlich, ein bisschen eng vielleicht, doch Letzteres gehört zum Konzept. Denn die Wohnung ist nicht zu vermieten, sie ist reine Trainingsumgebung für Rettungskräfte und Teil des neuen ADAC-Luftrettung-Campus am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen. Anlässlich der offiziellen Einweihung und der 55-Jahr-Feier der Luftrettung zeigte der ADAC am Dienstag 200 geladenen Gästen, darunter Ministerpräsident Markus Söder, und der Presse, was in dem U-förmigen Gebäude an der Claude-Dornier-Straße 420 so alles steckt. Kurz gesagt: ein hochmodernes Trainingszentrum für Piloten und medizinisches Personal mit 280 Mitarbeitern.

Der erste ADAC-Rettungshubschrauber namens „Christoph“ ging am 1. November 1970 an der Klinik in Harlaching in Betrieb. Der Auslöser war die Schattenseite der fortschreitenden Motorisierung – bis zu 20 000 Verkehrstote pro Jahr in Deutschland. Die Idee: Mit Helikoptern, die auf Autobahnen landen, lässt sich wertvolle Zeit gewinnen, um lebensbedrohlich Verletzte zu retten. Eigentlich wollte der ADAC 2020 das 50-jährige Bestehen feiern, Corona kam dazwischen, deshalb wurde es jetzt der 55. Geburtstag. Insgesamt 60 Hubschrauber betreibt die Luftrettung bundesweit an 38 Standorten, nun hat sie im Landkreis Starnberg ein echtes Zentrum bekommen.

„Weder die Luftrettung noch der Campus wurden aus einer Vision, sondern aus einem Bedarf heraus geboren“, sagte Frédéric Bruder, Geschäftsführer der ADAC-Luftrettung, in seiner Ansprache. Verschiedene Szenarien möglichst realitätsnah zu trainieren, werde immer wichtiger. Diese Botschaft vermittelten auch mehrere Vertreter des Unternehmens beim Rundgang. Sie nannten als Begründung die Anforderungen an Rettungskräfte und Flugpersonal.

Die Ausbildung im Flugsimulator sei sicherer, umweltschonender, effizienter und günstiger als ausschließlich im echten Hubschrauber, betonte Luca Hilpold von H-Motion, einem 2024 gegründeten Joint Venture des ADAC mit Airbus Helicopters. Die Tochterfirma nimmt einen großen Bereich des 16 000 Quadratmeter großen Zentrums ein. „Ein Triebwerkausfall oder Rauch in der Kabine: Alles, was in der Realität passieren kann, können wir“, sagte Hilpold mit Verweis auf die beiden großen Simulatoren in der Halle. Um sich die Dimensionen der Technik mal vorzustellen: Der Zustieg ins Cockpit erfolgt über einen Steg ein Stockwerk über den Standbeinen der Simulatoren.

Neben der Luftrettung, selbst eine Tochter der ADAC-Stiftung, und H-Motion haben am Campus auch die Heliservice-Sparte, die gemeinnützige Telenotarzt GmbH des ADAC sowie die sogenannte ADAC HEMS Academy ihren Sitz. Zu Letzter gehört die eingangs genannte, bewusst eng gebaute Dummy-Wohnung. Sie lasse sich sogar modifizieren, erklärte Akademie-Leiter Matthias Ruppert. „In eine Messie-, Yuppie- oder Oma-Wohnung.“ Beim Rundgang saß eine menschengroße Puppe auf dem Wohnzimmer-Sofa, zwei Rettungssanitäter versorgten sie gerade. Ein paar Türen weiter lag eine laut weinende Kinderpuppe im Krankenbett, Tränen inklusive. Im Trainingszentrum lasse sich der komplette Einsatz abbilden – vom häuslichen Notfall bis zur Übergabe des Patienten im Krankenhaus, so Ruppert.

Am Hubschrauberlandeplatz in einer Halle mit Kunstrasen demonstrierte eine Gruppe das Einladen eines Unfallopfers. „Das sind Momente, in denen viele Informationen transportiert werden und viele Fehler passieren können“, betonte Ruppert. Danach führte er die Besucher an eine Kletterwand außen am Gebäude, wo möglichst komplizierte Bergsteiger-Rettungen geübt werden können. Ruppert: „Wir wollen die Einsatzteams aus ihrer Komfortzone führen.“ Bei den rund 400 Trainings pro Jahr gehe es immer darum, dass Leute, die sich nicht kennen, im Team innerhalb kürzester Zeit gemeinsam schwierige Entscheidungen treffen müssen.

Apropos Bergwacht: Auch die Rettung per Hubschrauber in widrigem Gelände wird im Campus simuliert, mit einem absolut neuen Mix aus analoger und digitaler Technik. Der sogenannte Windenoperator (der im Helikopter das Seil nach unten lässt) trägt dabei VR-Brille, hat ein echtes Seil in der Hand, das er aber auch per Controller bedient.

Die neue Heimat der Luftrettung befindet sich laut ADAC-Sprecher Jochen Oesterle noch im finalen Aufbau. Und mit jedem Training soll neben der Einrichtung auch mehr Know-how einziehen. So sieht das Geschäftsführer Frédéric Bruder: „Dieser Campus ist für Menschen gemacht, die voneinander lernen.“ Ministerpräsident Söder bekam dann auch noch eine Privatführung, natürlich inklusive seiner großen Entourage. Zuvor hatte er die ADAC-Luftrettung in den höchsten Tönen gepriesen: „Ihr seid die Eliteeinheit des Rettungsdiensts.“

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