Berlin. Die Bundesregierung hatte angekündigt, die Abgabenlast für die Luftfahrtbranche zu senken. Für 2026 ist das aber kein Thema mehr – Fluggesellschaften und Airports sind verärgert. Die Opposition will dagegen grundsätzlich weniger Flugverkehr.
Die Fluggesellschaften und Airports ächzen unter den hohen Steuern, Gebühren und Abgaben in Deutschland. Die schwarz-rote Bundesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, diese Abgabenlast zu reduzieren – daraus wird nun vorerst nichts. „Im Bundeshaushalt 2026 bestehen noch keine Spielräume für die Rücknahme der Luftverkehrsteuererhöhung“, teilte das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage unserer Redaktion mit. Erst in den Beratungen zum Haushalt für 2027 wolle sich das Ministerium von Patrick Schnieder (CDU) für eine Reduzierung einsetzen.
Die Ampel-Koalition hatte die Luftverkehrssteuer 2024 erhöht und sich davon höhere Einnahmen für den Bundeshaushalt versprochen. Zum 1. Mai 2024 stieg die Ticketsteuer je nach Entfernung um über 20 Prozent auf einer Spanne zwischen 16 und 71 Euro pro Flugticket.
Die Branche hat kein Verständnis dafür, dass die Entlastungen bei der Luftverkehrssteuer erst 2027 kommen sollen. „Kanzler Merz hat in der Generaldebatte zum Bundeshaushalt 2026 unmissverständlich Entlastungen für den Luftverkehr angekündigt, damit der Standort wieder wettbewerbsfähig wird“, sagte Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). „Wir erwarten, dass sich das Verkehrsministerium mit Nachdruck bereits im Bundeshaushalt 2026 dafür einsetzt, dass der Luftverkehrsstandort wieder wettbewerbsfähig wird.“ Für den Luftverkehrsstandort Deutschland sei es bereits „fünf nach zwölf“.
Am Düsseldorfer Flughafen sieht man die Ankündigungen aus Berlin ebenfalls kritisch. „Dass die Bundesregierung die Luftverkehrsteuer im Jahr 2026 nicht senken kann, mag haushaltspolitisch nachvollziehbar sein, verschärft aber die bestehende Wettbewerbsverzerrung“, teilte der Flughafenbetreiber auf Anfrage unserer Redaktion mit.
Die irische Fluggesellschaft Ryanair hatte bereits angekündigt, aufgrund der hohen Standortkosten im deutschen Winterflugplan 800.000 Sitzplätze und 24 Strecken weniger anzubieten als geplant. Die Lufthansa prüft ebenfalls die Streichung von zahlreichen Inlandsflügen. „Es geht um rund hundert innerdeutsche Flüge pro Woche, die im kommenden Sommer nochmals wegfallen könnten“, sagte Konzernchef Carsten Spohr der „Welt am Sonntag“. Auf dem Prüfstand stehe unter anderem die Verbindung zwischen Münster/Osnabrück und München.
Laut Ryanair-Marketing-Chefin Dara Brady sei die Entscheidung, in Deutschland weniger zu fliegen, eine „direkte Folge des anhaltenden Unvermögens der Bundesregierung, die hohen Zugangskosten in Deutschland zu senken.“ Ein aktuelles Gutachten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zeigt, dass die staatlichen Standortkosten in Deutschland zwischen 2019 und 2024 um 70 Prozent gestiegen sind, EU-weit nur um 39 Prozent.
Im Gegensatz zur Luftverkehrssteuer gibt es bei den Flugsicherungsgebühren offenbar Bewegung. „Aktuell prüfen wir den Handlungsspielraum für eine Gebührensatzsenkung im Jahr 2026“, heißt es aus dem Ministerium. Der Anstieg der Flugsicherungsgebührensätze solle so weit wie möglich reduziert werden.
Der Betreiber des Airports in Weeze am Niederrhein bewertet die geplante Senkung der Flugsicherungsgebühren auf Anfrage unserer Redaktion als „grundsätzlich positiv“. Allerdings müssen größere Flughäfen wegen ihrer Bedeutsamkeit weniger Flugsicherungsgebühren zahlen als kleinere Airports wie Weeze. „Das ist für uns nicht nachvollziehbar“, teilte der Flughafenbetreiber mit. Von den Ryanair-Streichungen bleibt Weeze allerdings verschont: Im Vergleich zum Winter 2024 steigt das Sitzplatzangebot von Ryanair sogar um 23 Prozent.
Die Linken-Bundestagsfraktion kritisiert mögliche Entlastungen für die Luftfahrtbranche. „Die Pläne der Bundesregierung, die Flugverkehrssteuer wieder zu senken, beweisen, wie stark ihre Politik durch klimaschädliche Lobbyarbeit bestimmt wird“, sagte der verkehrspolitische Sprecher Luigi Pantisano unserer Redaktion. „Sämtliche Flüge müssen auf die Bahn verlagert werden, die mit dem Zug in maximal sechs Stunden erreichbar sind.“
(tok grz)
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