Bannwald Welzheim und Kaiserbach – Wo der Wald zum Urwald wird: Schutzgebiete feiern Jubiläum

Gleich zwei Naturschutzgebiete im Rems-Murr-Kreis feiern Jubiläum: Seit 50 Jahren stehen die Gebiete „Steinhäusle“ im Murrhardter und „Schmalenberg“ im Welzheimer Wald unter besonders strengem Schutz: Sie gelten als Bannwälder.

Bannwälder gibt es in Baden-Württemberg seit 1911. Richtungsweisend wurde deren Schaffung aber erst im Europäischen Naturschutzjahr 1970. In diesem Jahr wurden auch die Bannwälder „Steinhäusle“ und „Schmalenberg“ ausgewiesen. Seither findet dort keine Nutzung mehr statt, die Natur ist sich selbst überlassen. Die Bäume bleiben bis zu ihrem natürlichen Lebensende erhalten, Totholz bleibt stehen oder liegen. Für die Verjüngung sorgt die Natur selbst: Aus den Samen der Bäume oder durch neue Triebe aus dem Wurzelstock wachsen junge Bäume nach. Spannend und nur in einem Bannwald zu beobachten ist, welche Baumarten sich auf Dauer halten können und dann vorherrschen.

„Die beiden Gebiete Steinhäusle und Schmalenberg wurden wegen ihrer unberührten Wälder, eindrucksvollen Felsenlabyrinthe und reichen Moos- und Farnflora als Naturschutzgebiete ausgewiesen. Mit ihrem Totholz sind sie auch einzigartige Biotope für Pilze, Flechten und viele Tierarten. Nach fünf Jahrzehnten als Bannwald und Naturschutzgebiet zeigt sich hier zunehmend die Schönheit und der Artenreichtum echter Urwälder“, teilt die Regierungspräsidentin Susanne Bay mit.

Naturschutzgebiet Steinhäusle

Das rund 20 Hektar große Naturschutzgebiet Steinhäusle nördlich von Kaisersbach verdankt seinen Namen den charakteristischen Felsformationen im Stubensandstein, die höhlenartige Dächer, sogenannte Grotten, bilden. Die Quellbäche des Pfaffenbachs durchschneiden im Schutzgebiet die Stubensandsteinschichten und haben schroffe Felsenklingen geschaffen. Weichere und härtere Gesteinsschichten wechseln sich ab, sodass die vom Wasser leicht auswaschbaren Stellen Nischen und Grotten zurücklassen, während die harten Sandsteine Gesimse, Grottendächer und Wasserfallbänke bilden.

Der Wald wird hauptsächlich von Buchen und Tannen geprägt. In dem urwüchsigen Forst ist der Pflanzenreichtum aufgrund der vielfältigen Standorte, von luftfeuchten Klingen bis zu trockenen, sandigen Hangpartien, enorm. Besonders reich ist die Farn- und Moosflora, zum Beispiel mit Gelapptem Schildfarn, Schuppen-Wurmfarn, Peitschen- und Rotstängelmoos. Ungeheuer vielfältig ist die Pilzflora: Fachleute registrierten 347 Großpilze, von denen die meisten auf Holz und vor allem auf Totholz gedeihen. Nicht zu übersehen ist der Rotrandige Baumschwamm, der bis zu 30 Zentimeter breit und zehn Zentimeter dick werden kann. Für Fledermäuse bilden die Felsnischen und Grotten wertvolle Quartiere.

Bereits 1970 wurde der Wald zusammen mit einem Teil der Wieslaufschlucht, zum Bannwald erklärt. Wie im Naturschutzgebiet Steinhäusle ist auch hier der Anteil an Alt- und Totholz sehr hoch und Grund für die beeindruckende Artenvielfalt. Denn das absterbende und sich zersetzende Holz bietet wertvollen Lebensraum für eine Vielzahl von Moosen, Flechten, Pilzen, Vögeln, Käfern und Schmetterlingen – darunter oftmals gefährdete Arten.

Hinweise für Besucher

In den Naturschutzgebieten Steinhäusle und Schmalenberg gilt: Das Verlassen der Wege ist nicht gestattet. Beide Gebiete sind ohnehin nicht zum Wandern geeignet. Im Steinhäusle sind die früheren Wege und Pfade verfallen und mit umgestürzten Bäumen gespickt. Die Gefahr von Astbruch ist sehr groß – nicht nur bei Sturm, sondern auch nach längerer Trockenheit, denn dann werfen alte Bäume vermehrt Äste ab.

Von den Forstwegen rund um das Steinhäusle hat man jedoch gute Einblicke in den Bannwald, besonders vom Schlossmühlweg, wo dieser den Pfaffenbach quert und die Klingen des Steinhäusles zusammentreffen. Einen Eindruck vom Naturschutzgebiet Schmalenberg erhält man von dem Verbindungssträßchen zwischen Laufenmühle und Schmalenberg. Der von der Fahrstraße abzweigende Forstweg „Brunnenweg“ führt etwa 200 Meter durch den nördlichen Teil des Schutzgebiets. Auch hier ist Vorsicht geboten: Äste können jederzeit herabfallen und Bäume umstürzen. Der Aufenthalt erfolgt daher auf eigene Gefahr, lässt die Behörde wissen.

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