Der Hamburger DAX-Konzern Beiersdorf wird beim erwarteten Wachstum noch vorsichtiger: Nach einer bereits im August erfolgten Gewinnwarnung senkt das Unternehmen nun zum zweiten Mal im laufenden Jahr seine Umsatzprognose – auf nur noch etwa 2,5 Prozent organisches Wachstum. Noch zu Jahresbeginn hatte Beiersdorf ein Plus von bis zu sechs Prozent für möglich gehalten, im Sommer wurde dieses Ziel bereits auf drei Prozent reduziert. Grund ist eine anhaltende Abschwächung der globalen Nachfrage im Hautpflegemarkt – mit spürbaren Folgen für das Geschäft und den Aktienkurs.
Schon vor drei Monaten hatte der Konzern erste Warnsignale gesendet. Nach Vorlage schwächerer Quartalszahlen sackte die Beiersdorf-Aktie damals um bis zu zwölf Prozent ab – der tiefste Stand seit fast drei Jahren. Besonders die Kernmarke Nivea enttäuschte mit nur einem Prozent Umsatzwachstum im ersten Halbjahr, während der gesamte Konzern im Zeitraum Januar bis Juni lediglich ein Plus von 2,1 Prozent verzeichnete.
Beiersdorf: Nivea in Defensive – Hoffnung auf Anti-Age-Strategie
Wie sich nun zeigt, brachte auch das dritte Quartal keine Trendwende: Vorstandschef Vincent Warnery sprach deshalb erneut von einem „herausfordernden Jahr“, das in vielen Märkten von Konsumzurückhaltung, Inflation und Wechselkursschwankungen geprägt sei. Der Umsatz des Gesamtkonzerns stieg in den ersten neun Monaten organisch um zwei Prozent auf 7,5 Milliarden Euro – im Rahmen der gedämpften Erwartungen. „Wir freuen uns über das hervorragende Ergebnis unseres Derma-Geschäfts. Es zeigt, dass wir weiterhin besser abschneiden als der Wettbewerb und zweistellig wachsen können. Bei Nivea ergreifen wir gezielte Maßnahmen, um das Wachstum in einem herausfordernden Markt wieder stärker anzukurbeln“, sagte der CEO.
Im größten Geschäftsbereich Consumer, der Marken wie Nivea, Eucerin, Aquaphor und La Prairie umfasst, wurde ein Zuwachs auf 6,3 Milliarden Euro erzielt. Doch vor allem bei Nivea bleibt das Wachstum weiter verhalten: Mit einem Plus von nur 0,6 Prozent tut sich die Traditionsmarke schwer – insbesondere in Lateinamerika und Osteuropa.

Beiersdorf setzt deshalb auf Innovation: Mit Epicelline und einem neuen Epigenetics-Serum will der Konzern verlorenes Momentum zurückgewinnen. Laut Warnery sollen diese neuen Anti-Aging-Produkte in 30 Ländern auf den Markt kommen und vor allem Nivea wieder auf Wachstumskurs bringen. Erste Absatzdaten zeigen ein Umsatzplus von 7,8 Prozent im September – ob daraus ein nachhaltiger Trend wird, muss sich zeigen.
Deutlich besser lief es im medizinischen Hautpflegebereich: Eucerin und Aquaphor verzeichneten ein starkes Umsatzwachstum von 12,3 Prozent und gewannen in nahezu allen Regionen Marktanteile. Besonders in Nordamerika stiegen die Erlöse mit Gesichtspflegeprodukten um mehr als 50 Prozent. Die bereits 2024 eingeführte Eucerin-Serie mit Epicelline bleibt ein wichtiger Wachstumstreiber. Auch das Health-Care-Segment mit Marken wie Hansaplast wuchs mit 8,8 Prozent überdurchschnittlich.
Beiersdorf Luxusmarke La Prairie bleibt ein Problemfall
Die Luxusmarke La Prairie bleibt dagegen ein Problemfall. Nach einem Rückgang von 7,2 Prozent im bisherigen Jahresverlauf gelang im dritten Quartal zwar ein leichtes Plus, doch das Premiumgeschäft zeigt sich weiterhin volatil. Im wichtigen chinesischen Markt konnte immerhin eine Trendwende erreicht werden. Sorge bereiten drohende US-Zölle auf Schweizer Produkte – Beiersdorf hat daher Lager außerhalb der Schweiz aufgebaut.
Die Klebstoffsparte tesa zeigte sich einmal mehr stabil. Mit einem Umsatz von rund 1,3 Milliarden Euro legte die Sparte ebenfalls um zwei Prozent zu. Während das Geschäft mit der Elektronikindustrie solide verlief, blieb die Nachfrage aus der Automobilbranche unter den Erwartungen.
Bei Nivea ergreifen wir gezielte Maßnahmen, um das Wachstum anzukurbeln.
Vincent Warnery, Vorstandschef von Beiersdorf
An der Börse reagierten Anleger verhalten auf die neuen Zahlen. Die Aktie konnte sich nach dem Kursrutsch im August bislang nicht nachhaltig erholen und liegt seit Jahresbeginn mit mehr als 22 Prozent im Minus – deutlich schwächer als der europäische Konsumgütersektor insgesamt. Analysten zeigen sich uneins: Während Jefferies bei „Hold“ bleibt und auf das schwache Nivea-Geschäft verweist, sieht Warburg Research mittelfristiges Potenzial und nennt ein Kursziel von 170 Euro (nach zuvor 180). UBS und Deutsche Bank blieben zuletzt skeptisch und stuften das Papier auf „Verkaufen“. Am Donnerstagvormittag lag der Kurs bei knapp 97 Euro – und damit in etwa auf dem Niveau von Anfang September.
Beiersdorf: Fokus auf Forschung und neue Produkte
Trotz der abermals gesenkten Prognose hält Beiersdorf an seinen Investitionen fest. In Hamburg-Lokstedt laufen seit Juni 2025 die Bauarbeiten für ein neues Innovationszentrum, das künftig Forschung und Produktentwicklung am Heimatstandort bündeln soll. Mit dem Großprojekt will der Konzern seine Innovationskraft langfristig sichern. „Wir glauben an unsere Marken“, betonte Warnery dazu unlängst. Ziel sei es, die Markteinführungen im zweiten Halbjahr erfolgreich zu begleiten – gerade in einem Umfeld, das schnelle Anpassung und kreative Produktimpulse verlange.
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2025 markiert für Beiersdorf im Übrigen auch ein Jubiläum: Die ikonische blaue Nivea-Dose ist nun schon 100 Jahre alt. Seit 1925 prägt das Design das Markenbild – heute werden laut Unternehmen weltweit mehr als vier Dosen pro Sekunde verkauft. „Ein Symbol für Beständigkeit und Vertrauen“, sagt Grita Loebsack, Vorstandsmitglied und verantwortlich für die Marke. Doch um auch die nächsten Jahrzehnte zu prägen, muss Nivea auch hier wieder etwas mehr Gas geben.
