Interview
„Bin nicht der typische Politiker“: Dieser Instagram-Star will in den Münchner Stadtrat
Philip Windsperger ist bekannt für lustige Videos auf dem Instagram-Kanal „Münchner Gesindel“. Nun zieht es ihn in die Politik. Seine Pläne könnten die Münchner überraschen.
München – Philip Windsperger (29) ist einer der bekanntesten Münchner – zumindest im Internet. Seit 2019 betreibt er den Instagram-Account „Münchner Gesindel“, postet dort kuriose und lustige Videos aus der Stadt. 355 000 Menschen folgen ihm dort. Davon kann der ehemalige Zahnarzthelfer und Musikmanager seit 2021 „gut leben“. Jetzt will Windsperger für die CSU in den Stadtrat. Im Exklusiv-Interview verrät er, was seine Pläne sind – und wie er sicher in den Stadtrat gewählt wird.
Sie sind ein bekannter Influencer. Kam die CSU auf Sie zu, weil sie Sie braucht? Oder brauchten Sie eine Partei?
Ich denke mal, das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich habe halt eine andere Reichweite als die. Clemens Baumgärtner und ich haben uns vor fünf Monaten getroffen. Und wir haben uns direkt verstanden, direkt miteinander gelacht und hatten Spaß. Dann habe ich gesagt: Clemens, mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich bei dir an der richtigen Stelle bin, und mein Bauchgefühl hat mich noch nie getrügt.
Also ist das eher eine Zweckgemeinschaft? Sie sehen nicht aus wie der typische CSU-Kandidat.
Ich bin auch nicht der typische Politiker. Ich bin auch kein CSU-Mitglied. Aber ich möchte München repräsentieren und weiterbringen.

Warum gerade jetzt bei der CSU? Und nicht die Grünen oder die SPD – die stellt Stand heute wohl den nächsten OB.
Wie gesagt, das war mein Bauchgefühl. Ich habe mich auch mit Dieter Reiter getroffen. Wir haben auch gequatscht, ob wir mal was auf die Beine stellen. Da wurde ich aber immer vertröstet und irgendwann hat sich auch keiner mehr gemeldet.
In der CSU-Fraktion gab es Zweifler. Wie haben Sie die überzeugt?
Ich glaube, ich musste die gar nicht so krass überzeugen, weil die auch vorankommen wollen. Ich bringe eine ganz andere Reichweite mit. Und wir wollen Politik bei den Leuten ein bisschen ansehnlicher machen. Dass die Leute wieder mal wählen gehen, weil ich glaube in München ist die Wahlbeteiligung sehr niedrig, wenn es um so etwas geht. Und da möchte ich die jungen Erwachsenen auch mal wieder dazu ermutigen, hey, komm, geht wählen, stimmt ab und vertraut mir, es wird sich was tun.
Viele Follower werden die CSU vielleicht ablehnen. Haben Sie keine Angst, viele mit der Kandidatur zu verlieren?
Klar wird der ein oder andere gegen mich stimmen. Am Ende kann ich es niemandem recht machen. Aber ich habe mittlerweile so ein Monopol in München aufgebaut, dass die Leute nicht mehr um mich herumkommen. Die würden trotzdem immer schauen: Was geht bei mir auf dem Kanal ab?

Sie sagen, viele Ihrer Follower fühlen sich nicht richtig repräsentiert von der Politik? Was meinen Sie konkret?
Angenommen, es gibt ein Festival auf dem Marienplatz. Ich sehe da keine jungen Leute. Eher älter, 50 plus, die schauen sich da die Konzerte an. Da denk ich mir: Holt doch auch mal einen jungen Künstler, der die jungen Erwachsenen anzieht. Die Politik muss mal für die jungen Leute wieder da sein. Viele Follower schreiben mir, dass das, was im Rathaus passiert, nicht so korrekt ist.
Was meinen Sie damit?
Viele glauben, dass die Leute im Rathaus nicht für die Bedürfnisse der Münchner, sondern für eine bestimmte Gruppe abstimmen. Da möchte ich den Leuten zeigen: Schaut mal, vielleicht dauert es gerade mit dem Antrag so und so lange, weil es muss durch die und die Instanzen.
Also gäbe es Instagram-Beiträge aus dem Rathaus?
Auf jeden Fall. Klar. Wenn ich mir eine dicke Akte durchlesen muss, werde ich das auch mal filmen. Oder die Leute bei einer Sitzung mitnehmen. Einfach ein bisschen Transparenz reinbringen.
Was möchten Sie in München verändern – vielleicht auch in Abstimmung mit Ihren Followern?
Am Stachus muss mehr getan werden. Die Polizei hat da Videokameras aufgestellt, wegen der Jugendbanden, die dort abhängen. Man braucht aber auch Sozialarbeiter, die vor Ort auf sie zugehen und fragen: Warum chillen die da den ganzen Tag? Und wir müssen die vielen Brachflächen mehr beleben, etwa mit mehr Konzerten und anderen Angeboten für junge Leute.
Die CSU will mehr Videoüberwachung in der Stadt. Sie auch?
Natürlich, dass man im Fall des Falles sehen kann, wer hat was gemacht. Aber auch parallel die jungen Leute fragen, ob bei denen daheim alles in Ordnung ist, damit man sie im Extremfall auch schützen kann.

Die CSU will auch weniger Radwege-Ausbau. Fahren Sie Rad?
Oh ja. Mit dem Auto, da reg mich nur noch auf. Überall Nadelöhre, überall Baustellen.
Das würde Ihren Interessen als Radler also widersprechen.
Ich sage generell: Ich kann privat eine andere Meinung haben. Am Ende wird abgestimmt, und wenn die Mehrheit in der Fraktion was anderes will, muss ich das hinnehmen. Aber dass man jetzt ewig breite Radwege baut und dann die Straße noch enger wird für die Autofahrer, macht auch keinen Sinn. Wir brauchen keine zwei Meter breiten Radwege.
Sie haben auf Münchner Gesindel viele Werbe-Kooperationen. Würden Sie die ruhen lassen als Stadtrat?
Bei Münchner Gesindel läuft alles genauso weiter wie davor auch. Meine Kooperationen haben ja nichts mit der Politik zu tun.
Werden Sie Ihren Instagram-Kanal mit 355.000 Follower für den Wahlkampf nutzen?
Klar. Ich drehe gerade eine Dokumentation über mich und mein Leben. Wer ich bin, was ich bis jetzt gemacht habe und was meine Ziele sind. Das werden wir in fünf kurze Videos aufteilen, die verteile ich dort dann über fünf oder sechs Wochen.
Mit dem Aufruf: Wählt mich?
Das ist ja ganz klar. Jeder hat bis zu drei Stimmen. Wenn 15 000 bis 20 000 mir diese drei Stimmen geben, dann bin ich auf der sicheren Seite, denke ich.
Also keine Wahlplakate?
Mein Wahlplakat ist online. Natürlich wäre es cool, wenn mein Gesicht in der ganzen Stadt hängt, aber ich brauche das nicht.
Sie haben mal gesagt: Ich werde mal Oberbürgermeister…
Natürlich kann ich mir das vorstellen Aber alles zu seiner Zeit. Wer weiß, vielleicht halte ich 2036 oder als OB die Olympische Fackel.
