Briefe an die Herausgeber vom 23. Oktober 2025

Ist das Wehrgerechtigkeit?

Zu „Verhärtete Fronten“ in der Wehrdebatte (F.A.Z. vom 16. Oktober): Zwei junge Menschen haben Abitur gemacht oder ihre Berufsausbildung, vielleicht sogar im Handwerk, abgeschlossen. Einer von ihnen kann studieren gehen oder Geld im erlernten Beruf verdienen. Den anderen trifft das Los, er soll dem Land in der Bundeswehr dienen. Ist das die vielbeschriebene Wehrgerechtigkeit? Nein!

Wenn es nicht genug Freiwillige gibt, braucht es die allgemeine Wehrpflicht oder das soziale Jahr. Auf Grund der Gleichberechtigung natürlich für alle jungen Frauen und Männer. Mit den undurchdachten Vorschlägen aus den Regierungsparteien macht man es der AfD und Frau Weidel leicht, die den Vorschlag als Schwachsinn bezeichnet, was er auch ist.

Wenn die Politik nicht mit den Menschen redet und bei ihnen ist, laufen ihr die Menschen weg. Wir sehen es gerade sehr deutlich. Manchmal bekommt man das Gefühl, die Regierung stärkt die AfD und merkt es in ihrer Abgehobenheit der politischen Blase nicht. Da wird die ständige Diskussion über eine Brandmauer belanglos und zur Phrase. Uwe Grebe, Hankensbüttel

Wehrdienst auch für Frauen

Wo bleibt bei der Diskussion über die Wehrpflicht oder auch einen „Dienst für unser Land“ eigentlich der Aufschrei der Gruppen, die sich sonst immer vehement für Gleichberechtigung von Mann und Frau einsetzen?

Die Parität in Vorständen, Ministerämtern, Führungsebenen, und so weiter fordern. Die bemängeln, dass Frauen benachteiligt werden. Wenn es aber um die unbequemen Dinge geht, dann sind diese Stimmen still. Da hört man plötzlich nichts mehr von Gleichberechtigung und von dem Wunsch nach einer Wehrpflicht/Dienstpflicht auch für Frauen. In anderen Ländern werden sowohl Frauen als auch Männer gemustert. Dort müssen auch Frauen eine gewisse Zeit einen Dienst für ihr Land erbringen. Wenn nicht im militärischen Bereich, dann im sozialen. Eine Dienstpflicht/Wehrpflicht sollte in Deutschland für alle gelten! Egal ob Mann, Frau oder divers! Ulrike Arend, Leonberg

Fragt die Jungen zum Wehrdienst

Meine Onkel sind als 17- und 18-Jährige als Soldaten im 2. Weltkrieg gestorben. Ich habe Enkel im Kinder- und Jugendalter. Um die Zukunft dieses Landes zu gestalten, benötigen wir eine Reform unserer Demokratie. Denjenigen, die die Konsequenzen heutiger politischer Entscheidungen morgen bewältigen müssen, muss mehr Gehör geschenkt werden. Ein Weg dahin können – durch eine breite gesellschaftliche Debatte vorbereitet – qualifizierte Befragungen und Abstimmungen sein, die den Willen verschiedener Altersgruppen abbilden: durch eine Befragung von 12- bis 15-Jährigen zu Wehrdienst, Wehrdienstablehnung und Zivildienst und eine Wahl zu diesen Themen für 16- bis 27-Jährigen getrennt von den Älteren. Diese altersgewichteten Meinungsbilder wären bei gut fundierten Fragestellungen wichtige Hinweise für unsere gewählten Vertreter, die offensichtlich nach Orientierung suchen. Dr. Matthias Hamann-Roth, Hemmingen

Dann werden alle eingezogen

In großen Teilen der Bevölkerung ist man der Ansicht, dass nur alle, die im Frieden einen Wehrdienst geleistet haben, im Spannungs- und Verteidigungsfall zum Wehrdienst verpflichtet werden.

Sollte eine Situation aber erfordern, dass eine erhöhte militärische Alarmstufe eintritt, der sogenannte Spannungsfall oder gar der Verteidigungsfall, kann die Bundeswehr alle Wehrpflichtigen im Alter von 18 bis 60 Jahren einberufen – unabhängig davon, ob sie der Reserve angehören oder nicht. Insofern sind alle Befürchtungen und Diskussionen, ob jemand, der jetzt Wehrdienst leistet, zur Verteidigung unseres Landes eingezogen wird, völlig unbedeutend. Der Vorteil jedes einzelnen, der einen Wehrdienst geleistet hat, liegt jedoch darin, dass er im Verteidigungsfall die Grundlagen gelernt hat, sich im Kampfgebiet zu bewegen. Das Durchschnittsalter der getöteten Soldaten im Vietnamkrieg war 19 Jahre. Das war in erster Linie die Folge davon, dass Soldaten, nach einer vierwöchigen Einweisung ins Kampfgebiet entsendet wurden.

Es hat also nicht nur Nachteile, wenn man sich für einen Wehrdienst in Friedenszeiten für die Bundeswehr entscheidet. Walter Rösseler, München

Lieber Los als Willkür

Die allgemeine Empörung über ein angedachtes Losverfahren („Per Los zum Bund – gerecht oder willkürlich?“, F.A.Z. vom 15. Oktober) bei eventuellen Einberufungen war zu erwarten. Ich habe dafür auch Verständnis, möchte aber mit meiner persönlichen Geschichte zum Nachdenken darüber anregen.

Mit 18 Jahren erstmals gemustert, aufgrund von Berufsausbildung und spätem Abitur zunächst zurückgestellt, wurde ich mit 22 erneut gemustert und danach, trotz begonnenem Universitätsstudium, für 18 Monate zum Grundwehrdienst eingezogen. Es war die Zeit des Kalten Krieges; der Personalstand der Bundeswehr betrug fast 500.000 Soldaten.

Bei der Nachmusterung wurde uns erklärt, von uns noch Ungedienten müssten nur 40-50 Prozent mit einer Einberufung rechnen. Da war ich dann doch einigermaßen beruhigt, hatte doch die Kommission eine eingeschränkte Tauglichkeit bei mir vermerkt: Nicht tauglich unter anderem für Panzeraufklärung (kurzsichtig) und für das Wachbataillon wohl zu klein. Und deshalb fiel ich aus allen Wolken, als ich Ende 1965 den Einberufungsbefehl zu den Gebirgsjägern („Der Junge muss an die frische Luft“) erhielt. Meine Wut war grenzenlos. Eine Kriegsdienstverweigerung hätte mir einen sechs Monate längeren Zivildienst eingebracht. Und so weinten wir „Alten“ manche Träne in das bayerische Bier in der Kantine, wenn uns der Weltschmerz über die Wehrgerechtigkeit mal wieder übermannte. Der gängige Satz „die einen dienen, die anderen verdienen“ traf auf unsere Stimmung vortrefflich zu. Vor diesem Hintergrund erscheint mir ein geordnetes und transparentes Losverfahren als ein großer Fortschritt.

Mit meiner Wehrdienstzeit habe ich im Laufe der Jahrzehnte längst meinen Frieden gemacht. Es war keine verlorene Lebenszeit. Aber bei meinem Eintritt in das Rentenalter wurde ich wieder an die damals nicht vorhandene Wehrgerechtigkeit erinnert.

In der Deutschen Rentenversicherung bekommt man für den Wehrdienst 1,0 Entgeltpunkte für ein Jahr gutgeschrieben. Aber bereits im ersten Berufsjahr lag ich als Jungakademiker deutlich darüber. Nach meiner überschlägigen Berechnung führt der Wehrdienst bei mir zu einer lebenslangen kleineren Rente, zur Zeit sind das etwa 25 Euro pro Monat. Schwamm drüber, das halte ich aus, denn es kann niemals absolut gerechte Entscheidungen für alle Lebenslagen geben.

Deshalb halte ich ein Losverfahren bei Einberufungen, wenn von zehn gemusterten Personen nur fünf benötigt werden, für einen auch ethisch korrekten Weg. Wer das für untragbar hält, möge mich mit einer unbürokratischen Lösung überzeugen. Bernd Reinegger, Ettlingen

15.000 Euro für einen Stromanschluss

Zu: „BMW als Vorreiter für E-Autos – Mercedes stagniert“ in der F.A.Z. vom 20. Oktober: Es ist die Infrastruktur. Ich selber fahre seit Januar ein E-Auto. Tolles Auto, läuft wie geschmiert, zwingt mich entspannter zu fahren und endlich mal Pausen einzulegen. Unterwegs ist die Lade-Infrastruktur auch bereits ziemlich gut und selbst bis Süditalien findet man ausreichend Ladestationen. Soweit alle Daumen hoch. Aber vor dem Haus stoppt die E-Mobilität. 15.000 Euro fordern die Stadtwerke für einen neuen Stromanschluss, der für meine Wallbox gefordert wird, und das bei fragwürdiger Infrastruktur im ländlichen Bereich. Das ist eine nicht zu unterschätzende Spaßbremse und das muss gelöst werden, um wirklich voran zu kommen. Alexander Schäfer, Stade

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