Ukraine
Budapester Zeitverschwendung
Der ungarische Gipfel zwischen Wladimir Putin und Donald Trump droht auszufallen. Ergebnisse waren davon aber auch nicht zu erhoffen. Eine Analyse.
Es hagelte gestern schlechte Nachrichten für Moskau. Schon am Vorabend hatten US-Medien gemeldet, das Weiße Haus wolle das geplante Gipfeltreffen Wladimir Putins und Donald Trumps in Budapest auf unbestimmte Zeit verschieben, dann bestätigte Donald Trump brummig, er sei an einem nutzlosen Treffen nicht interessiert. „Ich will keine Zeit verschwenden.“
Außerdem wurde bekannt, dass die EU und die Ukraine gemeinsam einen 12-Punkte-Friedensplan vorlegen wollen, der neben einem Waffenstillstand entlang der aktuellen Frontlinie auch Sicherheitsgarantien für die Ukraine vorsieht. Russland darf demnach erst mit einer Aufhebung der Sanktionen rechnen, wenn es sich bereiterklärt, zum Wiederaufbau der zerstörten Ukraine beizutragen, „also faktisch erst nach der Zahlung von Reparationen“, wie der Moskauer Politologe Sergej Markow auf Telegram schimpft.
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Der Putin-Trump-Tunnel
Außerdem wurde gestern noch in Moskau bekannt, dass das außenpolitische Komitee des US-Senats gleich drei Gesetze beraten möchte, die in russischen Medien prompt als „antirussisch“ getauft wurden: Russland soll zu einem Staat erklärt werden, der Terrorismus finanziert. China drohen wegen seiner Unterstützung für den russischen Feldzug gegen die Ukraine Wirtschaftssanktionen. Und in den USA eingefrorene russische Guthaben sollen der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Noch am Dienstag galt Wladimir Putin in Moskau zuvor wieder einmal als diplomatischer Sieger.
Am Freitag hatte der Russe überraschend Donald Trump angerufen, beide Präsidenten vereinbarten bei ihrem Ferngespräch einen Gipfel in den nächsten Wochen im ungarischen Budapest.
Moskau sieht sich im Aufwind
Damit entwertete Putin den Besuch seines Kriegsgegners Wolodymyr Selenskyj bei Trump am Samstag schon im Voraus und machte den sowieso begrenzten Hoffnungen der Ukrainer auf die Lieferung von US-Tomahawk-Marschflugkörpern bis auf Weiteres den Garaus. Nach dem Treffen des Ukrainers mit Trump sickerten zudem immer mehr Informationen dazu durch, dass Trump dabei ganz auf russischer Linie über den Konflikt sprach.
Aber dann scheiterte Putins eigentlich für ihre Professionalität bekannte außenpolitische Mannschaft ausgerechnet an der Routine. Ein Telefonat zwischen dem russischen Chefdiplomaten Sergej Lawrow und seinem US-Kollegen Marco Rubio zur Vorbereitung des Gipfeltreffens in Budapest verlief ganz offenbar ergebnislos. Was aus russischer Sicht nicht schlecht ist: schon das vorhergehende Putin-Trump-Treffen im alaskanischen Anchorage galt als Fehlschlag, danach gab es praktisch keine neuen Ukraine-Friedensverhandlungen.
Aber inzwischen hat im Weißen Haus offenbar Rubio Trumps überforderten Sondergesandten Steve Witkoff die Vorbereitung von Putin-Trump-Gipfeln aus der Hand genommen. Und auf russischer Seite kalkulierte man nicht mit ein, dass auch Trumps eigene Ansprüche an das Gipfeltreffen wieder auf international übliches Niveau steigen könnten. „Gipfeltreffen gibt es eigentlich nur, wenn sichergestellt ist, dass man hinterher Ergebnisse vorweisen kann“, erklärt ein westlicher Diplomat in Moskau.
Lawrow aber verkündete am Dienstag „offiziell“ vor Journalisten, Russland habe seine Positionen seit Alaska nicht verändert. Dann beschwerte sich der Außenminister: Jetzt heiße es aus Washington, man müsse die Kämpfe entlang der Frontlinie sofort einstellen, nichts weiter diskutieren und dann die „Geschichte entscheiden lassen“. Damit zitierte Lawrow Trump, um ihm danach direkt zu widersprechen. Einfach aufhören bedeute, die „Urgründe des Krieges zu vergessen“. Es folgte das alte Kreml-Narrativ vom „faktischen Genozid der russischen und russischsprachigen Bevölkerung, den das Kiewer Regime veranstaltet“, und von der Unmöglichkeit eines Waffenstillstands, weil die Ukraine diesen nur missbrauche, um sich „mit Waffen aufzupumpen“.
Lawrow bestätigte einmal mehr die Unlust Putins, den Konflikt zu beenden. Laut dem russischen Exilpolitologen Alexander Morosow würde auch jeder Budapester Gipfel ergebnislos enden, egal wie verlockend Trumps Kriegs-Ausstiegsangebot sei. „Putin wird keinem Kompromiss zustimmen, den ihm Trump aufgenötigt hat. Weil er damit bestätigt, dass Trump die globale Aufsicht innehat, und er sein neues Mandat von ihm empfängt.“
Ein Gipfel mit Viktor Orbán als Gastgeber und mit gar keinen oder rein kosmetischen Ergebnissen bleibt für Russlands Staatschef dagegen erstrebenswert. Und der Kreml bemüht sich weiter, Trump nach dem Mund zu reden. Putin-Sprecher Dmitrij Peskow erklärte gestern, weder Trump noch Putin wollten ihre Zeit verschwenden. Beide Präsidenten seien es gewohnt, effektiv zu arbeiten. „Aber Effektivität fordert Vorbereitung.“ Moskau spielt auf jeden Fall weiter auf Zeit.
