Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte kirchlicher Arbeitgeber

Im Konflikt um die Frage, ob und unter welchen Umständen kirchliche Arbeitgeber bei zu besetzenden Stellen eine Kirchenmitgliedschaft von Bewerberinnen und Bewerbern verlangen dürfen, hat das Bundesverfassungsgericht ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aufgehoben. Die Diakonie war dort zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt worden, weil sie eine Bewerberin nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen und damit aus religiösen Gründen benachteiligt habe.

Vera Egenberger hatte sich 2012 um eine befristete Referentenstelle beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung beworben. Sie hätte dort Berichte zur Umsetzung der UN-Antirassismus-Konvention verfassen sollen und wäre damit auch öffentlich wahrnehmbar gewesen. Die Sozialpädagogin erhielt aber eine Absage. Denn sie war vor der Bewerbung aus der Kirche ausgetreten.

Aus der Kirche ausgetreten

Die Arbeitsrichter hatten damals entschieden, dass kirchliche Arbeitgeber nicht pauschal eine Religionszugehörigkeit von Bewerberinnen und Bewerbern verlangen dürfen. Diese dürfe bei Einstellungen nur dann zur Bedingung gemacht werden, wenn es die konkrete Tätigkeit objektiv erfordert. Das BAG folgte damit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes.

Die Karlsruher Richterinnen und Richter kassierten das Urteil nach einer Verfassungsbeschwerde der Diakonie ein und wiesen den Fall an das Bundesarbeitsgericht zurück. Das muss sich nun abermals damit beschäftigen. Die Diakonie sei durch die Entscheidung in ihrem religiösen Selbstbestimmungsrecht verletzt worden, argumentierte der zweite Senat.

Ich möchte auch, dass jemand, der für meine Partei oder Fraktion arbeitet, bei uns Mitglied ist.

Bodo Ramelow, religionspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel (CDU), begrüßte die Entscheidung. „Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind die Rechte der Kirchen in arbeitsrechtlichen Fragen gestärkt worden“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Damit entspricht das Bundesverfassungsgericht der besonderen Rolle der Kirchen in unserem Verfassungsstaat. Das grundgesetzlich garantierte religiöse Selbstbestimmungsrecht gibt den Kirchen einen wichtigen Gestaltungsspielraum, der sie von anderen Organisationen unterscheidet.“

Der religionspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Bodo Ramelow, äußerte sich ähnlich. „Das ist eine hilfreiche Klarstellung, die im Kern in Deutschland alle Tendenzbetriebe betrifft“, sagte er dem RND. „Ich möchte auch, dass jemand, der für meine Partei oder Fraktion arbeitet, bei uns Mitglied ist. Das gilt in Leitungsfunktionen umso mehr. Außerdem sagt das Bundesverfassungsgericht, dass es ein prägender Beruf sein muss. Es geht nicht um den Hausmeister.“ Ramelow fügte jedoch hinzu: „Eine Veränderung braucht es im kirchlichen Arbeitsrecht trotzdem. Die Tariffreiheit für kirchliche Betriebe halte ich nicht mehr für zeitgemäß, wenn sie im Wettbewerb stehen.“

Der Europäische Gerichtshof hatte 2018 geurteilt, dass sich Kirchen bei Stellenbesetzungen nicht pauschal auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen können. Das Bundesverfassungsgericht ist der Ansicht: „Je größer die Bedeutung der betroffenen Position für die religiöse Identität der Religionsgemeinschaft nach innen oder außen, desto mehr Gewicht besitzt der von der Kirche in Wahrnehmung ihres Selbstbestimmungsrechts vorgetragene Belang und ein daraus abgeleitetes Erfordernis der Kirchenmitgliedschaft.“ Dies gilt auch umgekehrt: Je niedriger die jeweilige Position und desto geringer ihre Relevanz für die Außendarstellung, desto mehr muss demzufolge der Schutz vor Diskriminierung greifen.

In diesem Sinne hatten die katholische und auch die evangelische Kirche vor längerer Zeit ihre Einstellungsvoraussetzungen geändert. Die Religionszugehörigkeit ist seither bloß dann ein Kriterium bei der Einstellung, wenn sie für die jeweilige Position erforderlich ist. Früher agierten die Kirchen deutlich rigoroser. So sorgte das Beispiel eines geschiedenen Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus für Aufsehen, weil er nach einer erneuten Heirat seinen Job verlieren sollte. im Katholizismus gilt die Ehe als unauflöslich.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sagte dem RND: „Zur Frage, ob die Kirche bei Jobs pauschal eine bestimmte Religionszugehörigkeit fordern können, hat die katholische Kirche in den vergangenen Jahren eine entscheidende Weichenstellung vorgenommen. In der sogenannten ,Grundordnung des kirchlichen Dienstes‘ in der aktuellen Fassung vom November 2022 wird die Religionszugehörigkeit zur katholischen Kirche ausschließlich für pastorale und katechetische Tätigkeiten eingefordert. Generell gilt, dass die Einrichtung für das christliche Profil Verantwortung trägt.“

Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen werde als Bereicherung betrachtet, so Stetter-Karp. Vorausgesetzt würden indes eine positive Grundhaltung und die Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums. Das ZdK habe sich für diese Weiterentwicklung eingesetzt. „Wir sind froh, dass die Grundordnung in allen 27 Diözesen Rechtsgrundlage für Anstellungsverhältnisse wurde.“

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