Irland
Catherine Connolly liegt vor Präsidentschaftswahl in Irland vorne
Die linke Favoritin punktet mit EU-Skepsis und wird von mehreren Parteien unterstützt. Am Freitag entscheidet die Wahl in Dublin.
Eine Pazifistin, Putin-Versteherin und EU-Skeptikerin schickt sich an, in den irischen Präsidentenpalast Áras an Uachtaráin einzuziehen. Allen Meinungsumfragen für den Urnengang am Freitag zufolge liegt die von mehreren Parteien links der Mitte unterstützte unabhängige Abgeordnete Catherine Connolly mit riesigem Vorsprung vor ihrer Konkurrentin Heather Humphrys von der regierenden konservativen Fine Gael (FG). „Wir sind uns zum ersten Mal einig“, sagt die 68-Jährige mit Blick auf ihr Bündnis. Zwar wählt das Volk die erste Person des Landes direkt, die Kompetenzen des Amts aber sind eng umgrenzt.
Erst vor knapp einem Jahr wurde die Mitte-rechts-Koalition der wirtschaftsliberalen Fianna Fáil (FF) von Premierminister Michéal Martin und der FG im Amt bestätigt. Die frühere Psychologin und Gerichtsanwältin Connolly engagierte sich zunächst in der kleinen Labour-Party, bewarb sich aber als Unabhängige um ein Parlamentsmandat und hatte 2016 in ihrem westirischen Heimatwahlkreis Galway Erfolg. Im Dubliner Parlament Dáil arbeitete sie mit Trotzkisten und anderen Linksaußen zusammen. Gemeinsam reisten diese 2018 ins Syrien des mittlerweile gestürzten Diktators Baschar Assad. 2023 machte Connolly mit Russland-Unterstützern gemeinsame Sache.
Den USA, Frankreich und Deutschland, also Irlands wichtigsten Verbündeten, sei „nicht zu trauen“, findet Connolly mit Blick auf den „militärisch-industriellen Komplex“. Die deutsche Aufrüstung nach Russlands Überfall auf die Ukraine verglich sie sogar mit jener Hitlers in den 1930er Jahren. An der EU kritisiert sie deren „zunehmende Militarisierung“, gab sich aber zunächst als Unterstützerin – wohl eingedenk der Umfragen, wonach 82 Prozent der Menschen in Irland die EU gut finden. Später musste sie einräumen: Bei sämtlichen Referenda, die auf eine stärkere Integration des Brüsseler Clubs abzielten, hat sie mit Nein gestimmt. Doch weder ihre Europa-Schwindeleien noch ihre anwaltliche Tätigkeit für die hochumstrittenen irischen Banken aber scheinen die Popularität der Altlinken ankratzen zu können.
Im Wahlkampf punktet Connolly mit sanfter Stimme und der melodischen Sprachmelodie ihrer westirischen Heimat Galway. Sie lässt keine Gelegenheit aus, um den „Genozid Israels an den Palästinensern“ anzuprangern, womit sie sich im irischen Mainstream befindet.
Die Regierungsparteien konnten sich nicht auf eine Person einigen, die sie für die Wahl aufstellen wollen. Die seit knapp 15 Jahren regierende FG entschied sich für die langjährige Ministerin Humphrys. Zwar war die 65-Jährige im vergangenen Jahr aus Regierung und Parlament ausgeschieden; das schützt sie aber nicht davor, dass ihr die Wähler:innen die schwerwiegenden Probleme des Landes zur Last legen. Dazu zählen die permanente Wohnungsnot und das knirschende Gesundheitssystem.
Zudem fiel der begeisterten Hobbypianistin ein nicht erfüllter Vorsatz zur Last. Anderthalb Jahre lang war sie Kulturministerin und damit für die gälische Sprache und Kultur zuständig. Brav gelobte die aus dem Grenzgebiet zu Nordirland stammende Protestantin, sie werde die alte Sprache lernen. Von wegen: Anders als ihre fließend Gälisch sprechende Konkurrentin kommt Humphrys über armseliges Gestammel nicht hinaus. Weil die alte Sprache gerade nicht zuletzt bei jungen Leuten eine Renaissance erlebt, wiegt diese Blamage schwer.
Dagegen kündigte Connolly an, ein Referendum zur Vereinigung der Republik mit dem britischen Nordosten zu unterstützen. Damit trägt sie der Unterstützung durch die linke Republikaner-Partei Sinn Féin Rechnung, die ihr eine gut geölte Parteiorganisation zur Seite stellte.
Indessen erschüttern immer wieder rassistische Krawalle das Land. Erst am Dienstagabend gab es vor einer Unterkunft für Asylsuchende in Dublin gewaltsame Ausschreitungen. Polizeikräfte seien aus einer 2000 Menschen großen Menge etwa mit Glasflaschen und Ziegelsteinen angegriffen und ein Polizeifahrzeug in Brand gesetzt worden, so die irische Polizei Gardaí. Ob sich in dem als Unterkunft genutzten Hotel, aktuell Schutzsuchende aufhielten, war zunächst unklar. Sechs Menschen wurden laut Medienberichten festgenommen. Regierungschef Martin verurteilte die Angriffe auf die Beamten aufs Schärfste.
