Der Meerbuscher ‘Pappkarton’ feiert 10 Jahre


Meerbusch. 2015 wurde die Begegnungsstätte im Strümper „Pappkarton“ eingerichtet, um Geflüchtete zu unterstützen. Koordinatorin Bettina Furchheim über die „wilden“ Anfänge – und die zahlreichen Erfolge der Einrichtung.

Zehn Jahre ist es her, dass die erste große Flüchtlingsbewegung ganz Deutschland erreichte. Auch in Meerbusch wurden Schlafplätze in Turnhallen eingerichtet. „Schon im Sommer beschloss die Stadt, im ehemaligen Jugendzentrum ‚Pappkarton‘ neben der Martinusschule eine Begegnungsstätte mit Café und Kleiderkammer einzurichten“, berichtet Bettina Furchheim. Sie ist als Koordinatorin seit 2015 dort tätig. Ihre Freude ist groß, dass sie nun zum zehnten Geburtstag der Begegnungsstätte einladen kann. Denn von den turbulenten Anfängen im Jahr 2015 bis heute sei es ein weiter Weg gewesen.

In den vergangenen Jahren hätten nicht nur die Geflüchteten, sondern auch die Ehrenamtlichen viel gelernt. Etwa vom Umgang mit der Bürokratie, mit fremden Kulturen und mit der Suche nach passenden Sprachkursen und Wohnungen, sagt Furchheim.

Kommt man heute in die Begegnungsstätte, die den Zusatz „Von Hand zu Hand“ trägt, ahnt man von den „wilden“ Anfängen nicht viel. Die Hilfsbereitschaft sei anfangs riesengroß gewesen, so Furchheim. „Es war unglaublich, wie viele Säcke und Kartons mit Kleidung, dazu selbst gebackener Kuchen abgegeben wurden, nachdem wir dazu aufgerufen hatten.“ Die Kleidung wurde sortiert, manche auch aussortiert. „Dann machte sich Pfarrer Falk Neefken auf den Weg zu Ikea, um passende Regale für die Kleiderkammer zu kaufen“, ergänzt sie.

Mittlerweile läuft der Betrieb in ruhigeren Bahnen. Die Annahme der Kleidung erfolgt über „Meerbusch hilft“, in Strümp können interessierte Besucher einkaufen. Das Angebot in der Kleiderkammer wird von Ehrenamtlichen wie Marita Seibel, die im Textil-Großhandel gearbeitet hat, gekonnt präsentiert.

Es sind viele neuwertige Kleidungsstücke dabei. Cowboystiefel thronen auf einem kleinen Podest, eine schicke Handtasche zieht das Auge auf sich. Man merkt, dass hier eine Fachfrau zu Werke geht. „Einmal in der Woche fahre ich nach Osterath, um mir in der Annahmestelle von ‚Meerbusch hilft’ Kleidungsstücke auszusuchen, die fehlen und die ins Sortiment passen“, erklärt sie.

„Anfangs, 2015, war ich lediglich Türsteher und habe immer nur zehn Leute reingelassen. So sehr wurden wir überrannt“, berichtet sie lächelnd. Besonders die in der Turnhalle des Meerbusch-Gymnasiums untergebrachten Flüchtlinge, die meist nicht lange in Meerbusch blieben, versorgten sich hier mit dem Nötigsten. Heute kann sie dagegen ihre Kunden in Ruhe beraten.

Beim Sprachunterricht im Cafébereich wird bei Tee und Keksen konzentriert in Kleingruppen gelernt – und auch gelacht. „Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Sprachangeboten, etwa an der VHS. Unsere Besucher vertiefen ihre Sprachkenntnisse, kommen aber auch gerne, um sich mit uns auszutauschen oder Probleme ansprechen zu können“, erklärt sie. Mit dabei seien auch junge Mütter, die wegen der fehlenden Kinderbetreuung nicht an regelmäßigen Kursen teilnehmen können.

Die Zahl der Ukrainerinnen habe nach großem Andrang 2022 wieder abgenommen. „Etliche sind inzwischen durchgestartet und stehen auf eigenen Beinen“, erzählt Koordinatorin Furchheim, die von rund 30 Ehrenamtlichen unterstützt wird.

Sie ist zu Recht stolz darauf, wie gut die Integration vor Ort gelungen sei. Viele der Geflüchteten hätten eine Arbeit gefunden, einige schon die deutsche Staatsbürgerschaft. Wie der Iraner Kamran, der eine Ausbildung zum Gefahrgutfahrer absolviert hat. Seine Landsfrau Elnaz, heute Deutsche, hat eine Stelle als Empfangsdame, will aber mit bestandener C2-Prüfung nun ein duales Studium für Informatik aufnehmen.

„Was ich an Deutschland liebe, ist der Respekt, die Sicherheit und die Menschenrechte“, sagt Toni aus Mossul im Irak. Er hat inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit. Die zu bekommen sei ein Moment voller Stolz und Freude gewesen, berichtet er.

(kir akir)


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