Berlin . Städte und Gemeinden müssen heute fast 38 Prozent ihrer Budgets für Soziales ausgeben, das sind 13 Prozentpunkte mehr als vor 30 Jahren. Die Finanzmisere vieler Kommunen hat hier ihre wichtigste Ursache, heißt es in einer Studie.
Kommunen in Deutschland geben heute fast 38 Prozent ihres Budgets für Soziales aus. Vor drei Jahrzehnten lag der Anteil dagegen erst bei 25 Prozent. Die Sozialausgaben stiegen demnach seit 1992 um die Hälfte, wie aus einer noch unveröffentlichten Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht. Vor allem die Ausgaben für die Sozialhilfe und die Kinderbetreuung nahmen stark zu. Aber auch die Ausgaben für die zentrale Verwaltung kletterten seit 1992 deutlich um rund die Hälfte auf heute 21 Prozent des Gesamthaushalts, heißt es in der IW-Studie. Gleichzeitig sei der Anteil für Infrastrukturinvestitionen etwa in Straßenbau, Abwasser- und Müllentsorgung von 34 Prozent auf nur noch 20 Prozent gesunken.
Die Studie stützt die Analyse der Kommunalverbände und der Länder. Sie kritisieren, dass der Bund den Kommunen in den vergangenen Jahrzehnten viele zusätzliche Aufgaben aufgebürdet hat, aber gleichzeitig nicht für eine ausreichende Finanzierung gesorgt habe. Dies gilt insbesondere für die Kinderbetreuung. Hier bestand seit 1996 ein Rechtsanspruch für Kinder ab drei Jahren, seit 2013 gilt dies bereits für Kinder ab einem Jahr. Zudem sind die Mieten für Bürgergeld-Bezieher und Asylbewerber stark gestiegen. Kommunen kommen für einen Großteil der Kosten der Unterkunft auf.
Deutlich zeigt sich die Entwicklung bei den inflationsbereinigten Sozialausgaben pro Einwohner: Zwischen 1992 und 2022 stiegen die Kosten für Soziales und Jugend von 759 auf 1675 Euro – ein Bereich, in dem die Kommunen wenig Mitspracherecht hätten, so das IW. Die Verwaltungskosten hätten sich in den vergangenen drei Jahrzehnten mehr als verdoppelt und sind von 375 auf 923 Euro pro Einwohner gestiegen.
Es braucht dauerhafte Lösungen
Für Aufgaben, bei denen die Kommunen selbst entscheiden können – etwa beim Straßen- oder Wohnungsbau – bleibt der Studie zufolge kaum Geld übrig. 2022 floss nur jeder fünfte Euro in entsprechende Projekte, 1992 war es noch jeder dritte. Der Anteil der Sachinvestitionen etwa in Gebäude sank von 21 auf zwölf Prozent. „Der Investitionsstau steigt damit weiter an“, schreiben die Autoren. Zugleich erreichte das Defizit der Kommunen im Jahr 2024 mit knapp 25 Milliarden Euro einen neuen Rekord.
„Die Bürger zahlen den Ausbau der Sozialleistungen der vergangenen Jahrzehnte heute mit kaputten Straßen und maroden Schulen“, sagt IW-Finanzexperte Björn Kauder. Der Bund und die Länder müssten die Kommunen finanziell so ausstatten, dass Investitionen nicht auf der Strecke blieben. Das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen des Bundes für Investitionen in die Infrastruktur reiche nicht aus. Es brauche dauerhafte Problemlösungen. Zudem gebe es in den Städten und Gemeinden erhebliches Sparpotenzial durch eine effizientere Verwaltung.
(mar grz)
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