„Die ‚Greif‘ verbindet Menschen“: Seglerin aus Bayern verteidigt Greifswalder Traditionsschiff

Das 74 Jahre alte Segelschulschiff „Greif“ gehört zu den Wahrzeichen der Hansestadt Greifswald. Doch seine Sanierung wird zum Kraftakt. Der Bau verzögerte sich, die Kosten schnellten in die Höhe.

Am 17. November soll bei einer Sondersitzung der Bürgerschaft beraten werden, wie es mit der „Greif“ weitergeht. Manche halten das Schiff aufgrund der Kosten für nicht tragbar. Andere betonen, dass das schwimmende Denkmal identitätsstiftend für Greifswald sei.

Gemeinsame Projekte wichtig für Zusammenhalt

So auch OZ-Leserin Marlene Mechold: „Ich bin 26 Jahre alt, lebe in Augsburg in Bayern und segle seit einigen Jahren auf Traditionsschiffen – auch auf unserer ‚Greif‘. Wenn ich lese, dass die Sanierung erneut teurer wird, kann ich verstehen, dass manche Bürgerinnen und Bürger genervt reagieren. Aber ich wünsche mir, dass wir uns einen Moment Zeit nehmen, um zu fragen, was dieses Schiff eigentlich für die Greifswalder bedeutet.

Es ist ein Schatz, den wir nicht einfach rosten lassen dürfen.

OZ-Leserin Marlene Mechold; über die „Greif“

In einer Gesellschaft, die immer stärker auseinanderdriftet, in der Meinungen sich verhärten und Begegnungen zwischen Generationen, sozialen Gruppen und Weltanschauungen seltener werden, brauchen wir Orte und Projekte, die uns verbinden. Traditionssegeln ist genau das: Wer einmal auf der ‚Greif‘ mitgesegelt ist, weiß, dass dort alle an einem Strang ziehen müssen – wortwörtlich. Egal ob Studentin, Rentner, Handwerker oder Ärztin – auf See zählt nicht Herkunft oder Meinung, sondern Vertrauen, Zusammenarbeit und gegenseitiger Respekt. Diese Erlebnisse wirken weit über das Schiff hinaus: Sie sind gelebte Demokratiebildung.

Kultur muss gefördert werden

Ja, die ‚Greif‘ zu erhalten, kostet Geld. Aber Kultur war zu allen Zeiten ein Zuschussgeschäft – und das ist auch gut so. Wenn wir darauf warten würden, dass ‚Geld übrig‘ ist, um Kultur zu fördern, gäbe es irgendwann keine Kultur mehr. Dabei ist unsere Gesellschaft heute reicher als je zuvor. Was fehlt, ist nicht das Geld, sondern die Priorität. Die ‚Greif‘ ist kein Luxusprojekt – sie ist ein Stück lebendige Geschichte und gemeinschaftsstiftende Kultur.

Darüber hinaus leisten wir mit dem Traditionssegeln einen Beitrag zur Pflege immateriellen Kulturerbes. In der täglichen Arbeit an Bord – beim Segelsetzen, bei der Instandhaltung, bei der Ausbildung junger Menschen – bewahren und vermitteln wir maritime Traditionen, die seit Jahrhunderten die Identität unserer Küsten prägen. Es ist ein Schatz, den wir nicht einfach rosten lassen dürfen.

Wirtschaftliche Bedeutung darf nicht unterschätzt werden

Und schließlich darf man den wirtschaftlichen Aspekt nicht unterschätzen. Küstenstädte wie Greifswald leben auch von ihrem besonderen Flair – von den ‚weichen Standortfaktoren‘, die Besucher anziehen und Menschen hierherziehen.

Die ‚Greif‘ gehört untrennbar zu diesem maritimen Gesicht unserer Stadt. Sie steht für das, was viele an Greifswald lieben: Meer, Geschichte, Gemeinschaft und Weitblick. Vernachlässigen wir solche Symbole, verliert unsere Region an Attraktivität – und das spüren am Ende auch Hotels, Gaststätten und der Einzelhandel.

Die ‚Greif‘ ist kein altes Schiff, das man aus Vernunftgründen aufgeben sollte. Sie ist ein lebendiges Stück unserer Stadtidentität – ein schwimmendes Klassenzimmer, ein Ort der Begegnung, ein Symbol für Zusammenhalt.

Darum lohnt es sich, sie zu erhalten!“

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