DM vor Start der Online-Apotheke

Düsseldorf. DM plant über einen tschechischen Partner den Einstieg in den Handel mit rezeptfreien Arzneien. Rossmann und Lidl haben offenbar ähnliche Pläne. Was dies Kunden bringen und wem der Vorstoß schaden könnte.

Aus Sicht von Christoph Werner läuft alles wie vorgesehen. „Stand heute gehen wir davon aus, dass wir wie geplant noch in diesem Kalenderjahr mit der Versand-Apotheke starten werden, die wir im tschechischen Bor gegründet haben”, hat der Chef der Drogeriemarktkette DM beim Jahrespressegespräch seines Unternehmens gesagt. Das heißt: Über die tschechische Tochter soll dann apothekenpflichtige, aber rezeptfreie Ware verkauft werden. Es geht um sogenannte OTC-Produkte (die Abkürzung steht für „over the counter“, zu Deutsch „Über den Ladentisch“). Beispiele: leichte Schmerzmittel wie Aspirin, Hustenlöser wie ACC Akut, Paracetamol, Nasenspray, Fiebersenker. Alles Mittel, für die es keine ärztliche Verordnung braucht, die aber nur in Apotheken (einschließlich Versandapotheken) verkauft werden dürfen.

Gleichzeitig laufen auch bei Lidl und Rossmann Vorbereitungen für den Start in den Markt mit rezeptfreien Präparaten, freiverkäuflichen Arzneien, Nahrungsergänzungsmitteln und anderem. Dieser Markt macht deutschlandweit 14 Milliarden Euro aus und hat verständlicherweise das Interesse der Ketten auf sich gezogen. Bei Rossmann, wo man offiziell „den Markt beobachtet“ und sich zu Spekulationen nicht äußern will, gibt es Gerüchte über ein mögliches Bündnis mit einem niederländischen Partner. Auch Lidl ist angeblich auf der Suche nach Allianzen.

Was bei dem Trio als Verbreiterungsidee für die eigene Produktpalette gilt, ist gleichzeitig ein neuer Angriff auf die arrivierten Apotheken. Aber beileibe nicht der erste. Die Düsseldorfer Douglas-Gruppe und der Versandhändler Otto haben das in der Vergangenheit mit eigenen Versandangeboten auch schon probiert, aber den Versuch wieder abgebrochen, weil ihnen das Geschäft zu margenschwach war. Auch jetzt ist noch offen, wie erfolgreich der Einstieg sein und wem die neue Konkurrenz wirklich schaden könnte –Versandapotheken wie Doc Morris und Shopapotheke, die nach Angaben aus Branchenkreisen bis heute rote Zahlen schreiben, oder den Vor-Ort-Apotheken, die um einen Teil ihres angestammten Geschäfts fürchten müssten?

Thomas Preis, der Präsident des Apothekerverbands ABDA, bleibt gelassen: „Die Vor-Ort-Apotheken haben unbestreitbare Vorteile wie hochwertige Medikamente und fachgerechte Beratung. Wenn jemand über eine ausländische Apotheke Arzneien bezieht, dann ist die sein Ansprechpartner und nicht deren deutscher Partner“, sagte Preis unserer Redaktion. Will heißen: Wenn Kunden nicht klarkommen, sich beraten lassen oder sich beschweren wollen, ist es vermutlich vor Ort einfacher als über das Netz.

Vermutlich ist das tatsächlich einer der großen Haken. Viele Kunden gehen nach einem Arztbesuch direkt in die Apotheke ihres Vertrauens und lösen dort nicht nur ihr Rezept ein, sondern versorgen sich auch mit rezeptfreien Arzneien und anderen Mitteln – auch weil sie den Menschen auf der anderen Seite der Theke kennen und ihm mehr vertrauen als dem Internet. Für sie wäre die Schmerzgrenze wohl erst dann erreicht, wenn die neue Konkurrenz die rezeptfreien Mittel zu deutlich niedrigeren Preisen anböte.

Würde die Versorgung mit rezeptfreien Medikamenten zu günstigen Konditionen sozusagen ein Teil des regelmäßigen Online-Einkaufs, würde alles für Verbraucher einfacher und billiger. Der Preis ist das schlagkräftigste Argument in einer Zeit, in der Haushalte mehr denn je auf die Kosten achten.

Das könnte den Strukturwandel auf dem Apothekenmarkt noch einmal beschleunigen. Im vergangenen Jahr haben allein in Nordrhein-Westfalen 131 Apotheken dauerhaft geschlossen. Den Alteingesessenen bleibt zwar der Markt für rezeptpflichtige Arzneien vorbehalten, der immer noch viermal so groß wie jener für rezeptfreie Produkte. Aber er ist auch limitiert, weil Apotheken auf die rezeptpflichtige Ware keine Rabatte geben dürfen und der Festzuschlag, den sie kassieren, vorgeschrieben ist und seit Jahren nicht erhöht wurde.

(gw anh)

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