Tarifverhandlungen
Einigung zwischen Verdi und diakonischen Arbeitgebern in Niedersachsen scheitert erneut
Die dritte Verhandlungsrunde im Tarifstreit brachte nur „geringe Fortschritte“: Verdi fordert höhere Schichtzulagen und bessere Wertschätzung. Eine weitere Runde wurde angekündigt.
Rotenburg — Nach der dritten Verhandlungsrunde zwischen Verdi und den diakonischen Arbeitgebern in Niedersachsen bleibe die Enttäuschung groß, heißt es in einer Mitteilung von Verdi; zwar seien einzelne Vereinbarungen getroffen worden, doch Verdi habe erklärt, diese reichten nicht aus und „es fehlen Angebote zu wesentlichen Komponenten“ wie verbesserten Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten, die laut einer Beschäftigtenbefragung einen hohen Stellenwert einnähmen — für die Arbeitgeberseite sei das demnach „kein Thema“ gewesen.
Auch das Gehaltsangebot bleibe deutlich hinter vergleichbaren Tarifen zurück: Vorgesehen sei eine Entgeltsteigerung von 2,3 Prozent ab Mai 2026, gefolgt von zwei weiteren Erhöhungen von je 2,0 Prozent; über die gesamte Laufzeit von 31 Monaten führe dies zu einem Reallohnverlust. Anne Thies, Mitglied der Tarifkommission von Verdi und Mitarbeitervertreterin der Rotenburger Werke, erklärt: „Das ist keine Wertschätzung, sondern Hinhaltetaktik. Wir erwarten jetzt endlich Bewegung für den nächsten Verhandlungstermin am 12. November. Stillstand kann sich die Diakonie nicht leisten. Stillstand ist Rückschritt.“
Silke Schrader, Geschäftsführerin der Diakonischen Werke evangelische Kirche Niedersachsen, ist auch unzufrieden. Sie betont aber: „Wir bedauern, dass unser letztes Angebot keine Zustimmung gefunden hat. Aber das ist in Ordnung, wir brauchen einfach so lange, wie wir brauchen.“ Die Arbeitgeber-Seite begrüße einen schnellen Abschluss, sollte im November kein Kompromiss gefunden werden, müssten eben weitere Termine vereinbart werden. „Man darf sich nicht an den Monaten orientieren, sondern daran, wie oft wir bereits zusammengesessen haben; bislang waren es erst drei Treffen“, reagiert sie auf die Verdi-Kritik.
Annette Klausing, Gewerkschaftssekretärin des Verdi-Landesbezirks Niedersachsen-Bremen, beschreibt im Gespräch mit der Mediengruppe Sabo: „Die Arbeitgeber haben einer perspektivischen Erhöhung des Nachtzuschlags zugestimmt, die Verbesserungen setzen aber erst 2026 und 2028 ein“. Und bewertet das Ergebnis damit ambivalent: positiv, weil überhaupt eine Zusage vorliege; negativ, weil die Wirkung erst sehr spät eintrete. Klausing kritisiert, dass die anfängliche Erhöhung von 2,3 Prozent unverändert bleibe, und erklärt: „Prozentuale Steigerungen bringen den unteren Lohngruppen nur wenig“. Sie fordert einen früheren Beginn und die Einführung eines Mindestbetrags, der die unteren Einkommen direkt entlastet. Die Mobilisierung in Rotenburg, etwa die Übergabe der Petition, habe jedoch konkrete Wirkung gezeigt und den Druck auf die Arbeitgeber erhöht: „Die öffentliche Aktion in Rotenburg hat dazu geführt, dass die schlimmsten Verschlechterungen beim Vertretungszuschlag zurückgenommen worden sind“, berichtet sie.
Zu spät und zu wenig?
Zur Stimmung in den Betrieben berichtet Klausing von Ungeduld und Enttäuschung: „Die Kolleginnen und Kollegen fühlen sich nicht wertgeschätzt; die angebotenen Schichtzulagen sind bei 35 bis 46 Euro, im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst liegen sie bei rund 200 Euro.“ Diese Differenz sorge für Verärgerung, weil Schichtarbeit mit persönlichen Einschnitten verbunden sei und eine spürbare finanzielle Anerkennung erwartet werde. Klausing erläutert die Vorbereitung auf die nächste Runde: Verdi werde Betriebsbefragungen durchführen, um die Prioritäten der Beschäftigten zu sammeln: „Wir werden jetzt in den Betrieben fragen, welches Thema den Beschäftigten am wichtigsten ist; mit diesem Votum gehen wir dann in die Verhandlungen“.
Für den 12. November erwarte sie, dass die Arbeitgeber ihr Angebot verbessern; sollte bis dahin keine Einigung erzielt werden, müssten Entscheidungen über weitere Schritte getroffen werden. Ein Ausweichtermin am 1. Dezember sei zwar vereinbart, sollte aber möglichst nicht benötigt werden. Als Lehre aus den bisherigen Runden zieht sie: „Die Erfahrung zeigt, dass wir die Mobilisierung von Runde zu Runde steigern und die Unzufriedenheit öffentlich machen müssen.“
