Aus dem SaboArchiv: Für alle, die klimaneutral heizen wollen, ohne den Garten zu verunstalten, gibt es Hoffnung: Diese Wärmepumpen müssen Sie nicht mehr hinter Efeu verstecken.
Ein Monster lauert immer häufiger in deutschen Vorgärten. Gemeint ist nicht der Gartenzwerg, sondern die Wärmepumpe, Symbol der Wärmewende. Die Ventilatoren, die in grauen Blechkästen rotieren, dürften manche an die Höllenschlunde der Wüsten-Sandwürmer aus dem Actionfilm Dune erinnern.
Kein Wunder, dass in Onlineforen vor allem Tipps kursieren, wie man Wärmepumpen, eigentlich eine geniale Erfindung, um klimaneutral zu heizen, vor allem: versteckt, ummantelt, überpflanzt. So schreibt eine Nutzerin über ihren Neuerwerb, „dass es nicht hübsch wird, wussten wir, aber dass es sooo hässlich wird. Mein Mann will keinem mehr das Haus zeigen.“
Dabei müssen Wärmepumpenbesitzer ihre Gärten gar nicht meiden oder befürchten, dass Sperrmüllfahrer ihre Geräte versehentlich mitnehmen. Die gute Nachricht sowohl für das Klima als auch für ästhetisch empfängliche Menschen: Seit die Wärmepumpe die Nische im Heizungsmarkt verlässt, kümmern sich die Hersteller verstärkt um die Optik. Schließlich steigen die Ansprüche der Kunden.
Wärmepumpe: Jährlich sollen halbe Million installiert werden
Nach Zielen der Bundesregierung soll jährlich eine halbe Million Wärmepumpen installiert werden. Insgesamt soll der Bestand von derzeit rund zwei Millionen bis zum Jahr 2030 auf über sechs Millionen Wärmepumpen wachsen, die meisten werden Luft-Wasser-Wärmepumpen sein, die auf Terrassen, in Gärten oder an Hauswänden stehen und der Umgebungsluft Wärme entziehen. Vom Bundesverband Wärmepumpe heißt es, Hersteller hätten in den vergangenen Jahren „einige Energie in das Produktdesign investiert“.
So auch der Hersteller Viessmann. Bereits seit 2017 kümmert sich ein internes Industriedesignteam um das Erscheinungsbild der Geräte und versucht die Gratwanderung zwischen „mehr Akzeptanz durch Ästhetik und einem Angebot, das zugleich technisch effizient und für viele Menschen erschwinglich bleibt“, wie Designchef Felix Klingmüller betont.
Viessmann und Glen Dimplex mit Industriedesign
Herausgekommen sind bei Viessmann etwa die Modelle Vitocal 250-A für Einfamilienhäuser, Testsiegerin der Stiftung Warentest 2023, und die Vitocal 250 A-Pro für größere Wohn- und Geschäftsgebäude ab 38 Kilowatt (kW) Heizleistung. Beide wurden mit dem renommierten iF Gold Design Award ausgezeichnet.
Großwärmepumpen werden bislang kaum von Industriedesignern gestaltet. Viessmann betrete mit der Vitocal 250 A-Pro einen Markt, der bislang „designfreie Zone“ sei, sagt Klingmüller.
Die Mühen der Designer richten sich vor allem darauf, den Ventilator der Außeneinheit, der Luft durch den Wärmetauscher bewegt, besser zu verbergen. „Etwa durch ein dunkles Farbschema und lamellenförmige Gitter“, erklärt Klingmüller, zugleich Professor für Produktdesign an der IU International University of Applied Sciences.
Dazu sollen sich die Geräte besser in die Haus- und Umgebungsarchitektur integrieren, alles Technische wird optisch reduziert – oder wandert unter die Erde, wie Anschlussleitungen. „Da sich die Heiztechnik aus den Kellern in die Vorgärten bewegt, wollen wir Objekte gestalten, die man sich gern vor die Tür stellt“, so Klingmüller.
Es gibt weitere Modelle, die sich nicht hinter Efeu verstecken müssen. Etwa das „System M“ des Wärmepumpen- und Kühlkreislauftechnik-Spezialisten Glen Dimplex, das für sein Design mehrfach prämiert wurde. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, eine Wärmepumpe zu entwickeln, „die nicht nur radikal effizient, sondern auch radikal ästhetisch ist“, heißt es vom Unternehmen.
Gefolgt ist Dimplex der Maxime „minimalistisch und unaufdringlich“ von Dieter Rams, einem der einflussreichsten deutschen Industriedesigner.
Für das System M gibt es unterschiedliche Verkleidungen, die sich an individuelle Baustile anpassen, von Echtholz zu Sichtbeton-Optik. Dazu können Kunden aus unterschiedlichen Farben und Leistungsklassen zwischen vier und 16 kW wählen, je nach Größe des Hauses.
„Der Tesla unter den Wärmepumpen“
Für Aufsehen in einer von Eleganz lange verwaisten Branche sorgte zuletzt das US-Start-up Electric Air von Gründer Chris Mui. Seine Firma baue „den Tesla“ für Heim-, Kühl- und Heizsysteme.
Eine „Komplettlösung“ aus moderner Wärmepumpentechnologie und Installation, kündigte Mui, ehemaliger Ingenieur für Teslas Modell M, vor einem Jahr an. Für die Optik beauftragte Mui eines der angesagtesten Designbüros, die Firma „Blond Design“ aus London.
Ursprünglich wollte Electric Air die Geräte diesen Winter erstmalig ausliefern. Eine Seite, auf der man die Luft-Luft-Wärmepumpe, die in Europa wegen ihrer geringeren Wärmeleistung selten im Einsatz sind, vorbestellen konnte, ist inzwischen aber offline. Über den Grund will sich Mui auf SaboAnfrage nicht äußern. Man habe die Bestellungen „vorerst“ gestoppt und arbeite weiter an dem Produkt.
Industriedesigner zeigen sich von der Ästhetik der Wärmepumpe aus dem Silicon Valley beeindruckt. Betonen aber, man müsse abwarten, ob sich die Geräte auch am Massenmarkt behaupten können.
Muss eine Wärmepumpe immer ein Kasten sein?
Noch dominieren den Markt kastenförmige Luft-Wasser-Wärmepumpen, die klassischen Klimaanlagen ähneln. Denn bislang folgte das Design dem technischen Aufbau: Meist dreht sich auf der linken Seite der Ventilator, dahinter liegt der Verdampfer und rechts daneben der Kältekreis mit dem Kältemittel. Bei Splitgeräten steckt der Verflüssiger zusätzlich in der Inneneinheit. Im Trend sind dunkle Gehäusefarben mit vollflächigen Lüftungsgittern. Auch asiatische Marken wie Hitachi, Daikin oder Panasonic bieten solche Geräte an.
Ganz in Weiß kommt hingegen die neue Wärmepumpengeneration von Bosch daher. Die Geräte passen unter ein Fenster und sind laut dem Hersteller so schalloptimiert, dass sie sich auch für dicht bebaute Reihenhaussiedlungen eignen.
Doch muss es immer ein Kasten sein? Daniel Streilein vom Hamburger Industrie-Design-Büro Zweigrad sagt, „ich vermisse derzeit komplett neue Ansätze, die wenigsten Hersteller kommen von der Kistenform weg“. Er sei aber überzeugt, dass dem Marktwachstum eine größere Vielfalt beim Design folgen werde.
Das Unternehmen Remko hat schon vor Jahren gezeigt, was möglich ist. Ein ringförmiger Verdampfer und oben liegender Ventilator ermöglicht der Außeneinheit des Modells „Artstyle“ eine völlig andere Optik. Sie erinnert wahlweise an eine Wegbeleuchtung – oder einen Design-Abfalleimer. Remko bietet diese und andere Geräte in Aluminium oder in Holzoptik an.
Auch das Team um Daniel Streilein arbeitet an einem Design, das heraussticht. „Wir wollen weg von der technischen Kiste und etwas Skulpturales schaffen, inspiriert von Lichtsäulen.“
Statt durch einen Ventilator mit Propeller soll die Luft in ihrem Modell durch eine Düse herausströmen, der eigentliche Luftstrom wird im Gehäuse erzeugt. Inspiriert haben Streilein und sein Team ringförmige Ventilatoren der Firma Dyson. Noch ist das Konzept technisch nicht validiert. „Wir wollen in erster Linie dazu inspirieren, die für die Energiewende so wichtige Wärmepumpe besser zu machen.“
Und wer sagt, dass die vor dem Haus stehen muss? Die Bosch Home Comfort Group hat ein Modell für eng bebaute Reihenhaussiedlungen wie in den Niederlanden und Großbritannien entwickelt, das sie dorthin setzt, wo Platz ist: aufs Dach.
Ihre Wärmepumpe lässt sich insbesondere bei kleinen Grundstücken auf nicht mehr genutzte Schornsteine installieren. Derzeit ist diese Wärmepumpe noch nicht auf dem Markt.
Eine weitere Innovation, die sich vom ewigen Kasten löst, kommt vom Start-up Gradient aus San Francisco: Die Wärmepumpe, die sowohl kühlen als auch heizen kann, lässt sich direkt in Fenster hängen, die sich wie in den USA von unten nach oben schieben lassen. Eine Behörde der Stadt New York hat Gradient und eine weitere Firma mit 70 Millionen Dollar ausgestattet, um die ersten 30.000 Wärmepumpen in Sozialwohnungen zu installieren. Auch das US-Energieministerium will 17,5 Millionen Dollar dazugeben.
Die Mikro-Wärmepumpen ließen sich auch von Laien installieren und sollen für unter 4000 Dollar, rund 3700 Euro, zu haben sein. Doch mit den in Deutschland gängigen Fenstern ist das Modell derzeit nicht kompatibel. Zusätzlich würde es voraussichtlich mehrere Geräte benötigen, um größere Wohnung zu beheizen.
Die Wärmepumpe wird zum Hochbeet
Das Ulmer Start-up Envola indes bietet ein Wärmepumpensystem mit Modulen an, die sich nicht nur in Gärten integrieren – sondern gleich als Hochbeete nutzen lassen. Die Holzlamellen wurden durch Aluminium ersetzt, was weniger pflegeintensiv ist. Und: Envola hat seine Geräte mit Energiespeichern ausgestattet, sodass die Wärmepumpe auch dann effizient heizt oder kühlt, wenn die Außenbedingungen ungünstig sind.
Zusätzlich bezieht das System, mit dem Envola auf mehrgeschossige Büro-, Verwaltungsimmobilien oder Wohnheime abzielt, Energie nicht nur aus der Umluft, sondern auch aus der Abluft von Gebäuden. Es kann heizen, kühlen, entfeuchten, lüften und warmes Wasser bereiten und soll den Energiebedarf im Betrieb laut Envola um etwa 40 Prozent senken.
Zwei Varianten stehen zur Verfügung, „Terra“ (rund) und „Free“ (kubusförmig). Bei der Free-Variante passen sämtliche Systemkomponenten in die Außeneinheit, sodass im Gebäude kein Platz für Technik nötig ist und die Wartung unkompliziert im Freien möglich ist.
Wer im Garten dennoch partout auf eine Wärmepumpe verzichten möchte, für den gibt es Abhilfe. Denn auch dieses Gerät lässt sich aufs Dach installieren.
Mehr: Wie die Wärmepumpe möglichst lange und effizient läuft
Dieser Artikel erschien bereits im April 2024. Der Artikel wurde am 01.07.2025 erneut geprüft und mit leichten Anpassungen aktualisiert.
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