Brief an die Länder
EU legt Reformpläne für den CO2-Preis vor
Der Widerstand gegen die Klimaschutzpolitik der EU wächst. Kommissionspräsidentin von der Leyen kündigt nun Reformen an. Besonders der Emissionshandel steht im Fokus.
Am Montag schickte eine Gruppe von EU-Mitgliedsstaaten einen Brief an die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, in dem sie Reformen am geplanten EU-Emissionshandelssystem forderten. Das System (ETS 2) ist ein zentrales Klimaschutzinstrument der EU und ähnelt dem deutschen CO2-Preis. Es sollte ursprünglich am 1. Januar 2027 in Kraft treten.
Die Länder, vorrangig aus Süd- und Osteuropa, die den Brief am Montag verschickten, sorgen sich schon seit längerer Zeit über steigende Preise für fossile Brennstoffe und die sozialen und politischen Verwerfungen, die daraus entstehen könnten. Ihr Widerstand hat nun offenbar Erfolg: In einem Schreiben der EU-Kommission, das auch Sabovorliegt, kündigt von der Leyen Reformen beim Emissionshandel an.
Der europäische Emissionshandel
Mit dem ETS 2 sollen fossile Brennstoffe erstmals auch für private Haushalte in der EU teurer werden. Deutsche Haushalte kennen das Prinzip aus dem nationalen CO2-Preis, andere EU-Länder haben dies aber nicht. Der ETS 2 unterscheidet sich vom deutschen System in einem wichtigen Punkt: Die Preise werden nicht politisch festgelegt, sondern bilden sich frei am Markt anhand von Angebot und Nachfrage. Da die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen in der EU aber noch recht hoch ist, fürchten viele Experten einen hohen Startpreis im ETS 2.
“Einige von Ihnen haben Bedenken hinsichtlich der Einführung der CO2-Bepreisung für die im Heizungs- und Straßenverkehr eingesetzten Brennstoffe (ETS 2) geäußert. Ich bin weiterhin überzeugt, dass ein marktbasiertes Vorgehen in Verbindung mit anderen Maßnahmen der richtige Weg ist, um diese Sektoren zu modernisieren”, verteidigt von der Leyen in ihrem Schreiben den Emissionshandel, den einige Politiker sogar ganz abschaffen wollen. Die Einführung müsse aber “reibungslos” funktionieren. Umweltkommissar Wopke Hoekstra werde daher am Dienstag im Umweltrat Eckpunkte für eine Reform vorstellen.
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CO2-Preis soll zum Start 2027 stärker abgefedert werden
Wie es weiter heißt, wird die Reform folgende Schlüsselpunkte beinhalten:
- Die sogenannte Marktstabilitätsreserve (MSR) soll überarbeitet werden, damit die EU-Kommission mehr Möglichkeiten hat, die Höhe des CO2-Preises zu kontrollieren – vor allem bei dessen Einführung.
- Die Mitgliedsstaaten sollen früher als geplant Zugang zu Mitteln erhalten, die eigentlich erst durch die Einnahmen aus dem CO2-Preis generiert werden sollten. Die Europäische Investment Bank (EIB) soll den Ländern also eine Art Kredit gewähren, der mit den Einnahmen aus dem Emissionshandel abbezahlt wird. So hätten die EU-Staaten Geld, um beispielsweise Förderprogramme aufzusetzen und einkommensschwachen Haushalten beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien zu helfen.
Darüber hinaus will die EU-Kommission Vorschläge erarbeiten, wie die Energiepreise, insbesondere die Strompreise in Europa sinken können. “Die Elektrifizierung sollte das Kernstück unserer Wettbewerbsfähigkeit, Energiesicherheit und Klimaziele sein”, schreibt von der Leyen.
Startpreis im ETS 2 könnte im Schnitt bei 99 Euro/Tonne liegen
Die Vorschläge, die die EU-Kommission nun ausarbeiten will, entsprechen im Wesentlichen dem, was Experten schon seit einiger Zeit fordern. Eine Verschiebung des Starts, die einige EU-Länder fordern, lehnen sie ab, da diese den Unternehmen Planungssicherheit nehmen würde und der Glaubwürdigkeit Europas schaden könnte.
Der CO2-Preis in Deutschland steigt zum 1. Januar 2026 erneut und wird dann zwischen 55 und 65 Euro pro Tonne CO2 liegen. Im laufenden Jahr 2025 liegt er bei 45 Euro pro Tonne CO2. Wie hoch der Preis im ETS 2 ausfallen wird, hängt ganz maßgeblich davon ab, wie viele Menschen und Unternehmen 2027 auf fossile Brennstoffe angewiesen sind. Eine Prognose von BloombergNEF ergibt einen durchschnittlichen Preis von 99 Euro pro Tonne in den Jahren 2027 bis 2030. In den 2030er-Jahren sind deutlich höhere Preise zu erwarten, manche Prognosen sprechen sogar von 200 bis 300 Euro pro Tonne.
Verwendete Quellen:
- Brief von Ursula von der Leyen an die EU-Mitgliedsländer, liegt der Redaktion vor
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