EU vergibt Preis an Gefangene von Putins Vasallen: „Ein Schutzschild“ für die Geehrten – vielleicht

Auch Nawalny erhielt Auszeichnung

EU vergibt Preis an Gefangene von Putins Vasallen: „Ein Schutzschild“ für die Geehrten – vielleicht

Der Sacharow-Preis gehört zu den wichtigsten Preisen der EU. Diesmal geht er an Oppositionelle in Belarus und Georgien. Hilft das?

Die EU hat ihre höchste Auszeichnung im Bereich Menschenrechte an zwei politische Gefangene vergeben: an den belarusischen Journalisten Andrzej Poczobut und seine georgische Berufskollegin Mzia Amaglobeli. Damit sendet Brüssel ein Zeichen der Unterstützung an Freiheitskämpfer in zwei Ländern, in denen die Hoffnungen der demokratischen Kräfte zu sinken drohen. Ein Experte gibt im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau von Ippen.Media allerdings eine vorsichtige Einschätzung zum Nutzen der Auszeichnung für die Geehrten.

Mit dem Preis erhöhe die EU die Aufmerksamkeit etwa für Poczobut, sagt Politologe Boris Ginzburg, der an der Freien Universität Berlin unter anderem zur Entwicklung der belarusischen und russischen Opposition arbeitet. „Man signalisiert der Gegenseite, in diesem Fall dem Lukaschenko-Regime, dass just dieser Gefangene einen besonderen Wert hat – auch wenn das zynisch klingen mag.“ Das könne einen besonderen Schutzstatus – ein „Schutzschild“ – für Poczobut bedeuten, etwa aufgrund der Sorge des Lukaschenko-Regimes vor verschärften Sanktionen. Es gebe allerdings auch Gegenbeispiele.

Sacharow-Preis an politischen Gefangenen in Belarus: Nawalny zählte zu seinen Vorgängern

Alexej Nawalny hatte 2021 den Sacharow-Preis erhalten. Der wohl prominenteste Gegner von Kremlchef Wladimir Putin kam dennoch in politischer Gefangenschaft ums Leben. Poczobut stelle für Lukaschenko gleichwohl nicht dieselbe politische Gefahr dar, wie das Nawalny für Putin tat, betont Ginzburg. Eine Prognose sei nicht leicht zu treffen – vermutlich werde Lukaschenko aber nicht die verbliebenen Kanäle zur EU aufs Spiel setzen, indem er den Sacharow-Preisträger Poczobut zu Schaden kommen lasse. Der Machthaber hatte im Sommer mehrere politische Gefangene freigelassen, darunter auch den wohl prominentesten damaligen Insassen: Sergej Tichanowski.

Aus Ginzburgs Sicht könnte indes auch ein ganz anderer Spieler (positiven) Einfluss auf Belarus‘ Regime ausüben, auch im Falle des polnischstämmigen Poczobut: China. Polens damaliger Präsident Andrzej Duda habe 2024 auf China-Besuch eine Warnung ausgesprochen. Sollte Lukaschenko weiter gegen Polen und dessen Bürger agieren, müsse man den Warenfluss aus Belarus stoppen – inklusive chinesischer Transitwaren. „Seitdem soll Peking seinen Einfluss in Minsk nutzen, damit Minsk seine Beziehungen zu Polen nicht zu sehr überstrapaziert“, sagt der Experte.

In Belarus regiert seit 1994 Alexander Lukaschenko. Zwischenzeitlich schien es im Land politisches Tauwetter zu geben – seit den Protesten gegen die manipulierte Präsidentschaftswahl 2020 hat der Diktator die Repression aber spürbar verschärft. In Georgien hat sich die Lage seit der Parlamentswahl 2024 zugespitzt. Die Regierungspartei „Georgischer Traum“ um die prorussische graue Eminenz Bidsina Iwanischwili hat das Land auf Kurs Richtung Moskau geführt und geht mit Festnahmen und Gewalt gegen Proteste vor. Auch in Georgien gibt es Zweifel an der Korrektheit der Wahl.

Sacharow-Preis an Poczobut und Amaglobeli – Gefangen in Belarus und Georgien

Poczobut ist nach Angaben des EU-Parlaments seit 2021 in Haft, sein Gesundheitszustand habe sich seitdem verschlechtert – aktuell gebe es keine Informationen zu seinem Zustand. Auch seine Familie habe keinen Kontakt. Der Aktivist aus Belarus‘ polnischer Minderheit sei bekannt für seine offene Kritik an Lukaschenko.

Amaglobeli war im Januar 2025 als Unterstützern der Regierungsproteste festgenommen worden, unter dem Vorwurf, Gewalt gegen Polizeikräfte ausgeübt zu haben. Die georgische Opposition teilte damals mit, der Journalistin sei nach ihrer Inhaftierung teils sogar Trinkwasser verweigert worden – ebenso wie eine Freilassung auf Kaution. Amaglobeli gelte als „erste politische Gefangene Georgiens seit der Unabhängigkeit des Landes“, erklärte das EU-Parlament in einer Mitteilung. (Quellen: Gespräch mit Boris Ginzburg, EU-Parlament, Mitteilung der georgischen Opposition/fn)

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