Ausstellung in Frankfurt
Frankfurt: Einblick in das Wesen einer Sammlerin
Die Crespo Foundation zeigt in Frankfurt erstmals eine Auswahl von Kunstwerken aus dem Besitz von Ulrike Crespo, Enkeltochter des Wella-AG-Gründers Karl Ströher.
Eine Frau hebt, während sie tanzt, den Rock ihres Trachtenkleids in die Höhe. Die Künstlerin Amparo Sard hat dieses Bild nicht mit Stift oder Pinsel gemalt. Sie hat mit einer Nadel einen Stich nach dem anderen in das Papier gesetzt, bis der Umriss der Figur entstand. Ihre zarten, poetischen Bilder sind von Freitag an im Crespo Haus in Frankfurt in der Ausstellung „Die Zeit hat kein Zentrum“ zu sehen. Die Crespo Foundation, benannt nach ihrer Gründerin Ulrike Crespo (1950–2019), Enkeltochter des Wella-AG-Gründers Karl Ströher, zeigt eine Auswahl aus deren privater Kunstsammlung.

800 Werke umfasst Ulrike Crespos Kunstsammlung, rund 120 davon hat Kurator Mario Kramer für die Ausstellung ausgewählt. „Ihre Sammlung ist ein besonderer Kunstschatz, der noch nie öffentlich gezeigt worden ist“, sagt Christiane Riedel, Vorständin der Crespo Foundation, eine gemeinnützige, private Stiftung, die 2001 von der Psychologin, Psychotherapeutin und Fotografin Ulrike Crespo gegründet wurde. Die Ausstellung eröffne, so Riedel, ein feines Netz aus Erinnerungen und Perspektiven auf die Persönlichkeit der Stifterin.
Die Schau
Die Ausstellung „Die Zeit hat kein Zentrum“ öffnet am heutigen Donnerstag, 23. Oktober, 19 Uhr mit einer Vernissage im Crespo Haus, Weißfrauenstraße 1–3, in Frankfurt. Die Werke aus der Kunstsammlung von Ulrike Crespo sind dort bis Sonntag, 18. Januar kommenden Jahres zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Führungen werden montags, jeweils 18.30 Uhr, und samstags, jeweils 16 Uhr angeboten.
Es gibt zudem ein Rahmenprogramm. Für Samstag, 15. November, 11 bis 18 Uhr, ist ein Aktionstag mit Führungen, Workshop und Artist Talk mit Juul Kraijer geplant
Die Kunstwerke, die Ulrike Crespo sammelte, standen im Kontrast zu der Sammlung ihres Großvaters, die den Grundstock für das nicht weit vom Crespo Haus entfernt gelegenen Museum für Moderne Kunst legte. Fotografien von Stefan Moses zeigen zu Beginn der Ausstellung, wie Karl Ströher 1968 die weltweit größte Pop-Art-Sammlung des New Yorker Versicherungsmaklers Leon Kraushar mit Werken etwa von Warhol und Lichtenstein in München in Empfang nahm, die er zuvor gekauft hatte. „Ulrike Crespo hat dafür extra einen Tag in der Schule geschwänzt, damit sie beim Auspacken helfen konnte“, sagt Kramer, der ihr über 30 Jahre beruflich verbunden war.
Eine Vorliebe für das intime Kleinformat
Anders als ihr Großvater sammelte Ulrike Crespo keine monumentale Kunst. Ihre Sammlung ist breit gefächert – sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf die verwendeten Ausdrucksmittel, die von Malerei, Fotografie und Arbeiten auf Papier über Skulpturen bis zu einer Videoinstallation reicht. „Sie hatte eine Vorliebe für die Darstellung der weiblichen Figur und das intime Kleinformat“, sagt die Kunsthistorikerin Riedel.
So sind in der Ausstellung etwa sieben Taschenbücher im Leporello-Format der indischen Künstlerin Dayanita Singh zu sehen, die Bilder von Städten oder ihrem eigenen Familienleben zeigen. Die größte Werkgruppe in der Ausstellung bilden die großformatigen Kohlezeichnungen der Künstlerin Juul Kraijer, deren Arbeiten Ulrike Crespo über mehr als 15 Jahre gesammelt hat. Die Sujets ihrer Bilder sind stets weiblich, nackt und entpersonalisiert.

Der Titel der Ausstellung ist einem Gemälde von Ben Vautier entlehnt. Der Künstler gehörte zu den frühen Mitgliedern der Fluxus-Bewegung. Er wurde vor allem durch seine weißen Schreibschriftzüge auf schwarz grundierter Leinwand bekannt. Ein zweites Exponat der Ausstellung trägt den Schriftzug „Take art as it comes“. Auf der Rückseite des Bildes können Besucher:innen Widmungen Vautiers an Ulrike Crespo lesen, etwa „Take it as it comes“.
