Kultur
Frankfurt: Moya Café vereint Kulturen mit fair gehandeltem Kaffee
Semeret Micael schafft in Bockenheim einen Begegnungsort mit Ausstellungen und plant sogar einen eigenen Weihnachtsmarkt.
Sofort, wenn man das vor wenigen Wochen eröffneten Café Moya in der Adalbertstraße betritt, fühlt man sich herzlich willkommen. An den Wänden hängen Bilder der aus Kenia stammenden Künstlerin Jordan Rita Seruya Awori, die noch relativ neu in der Frankfurter Kunstszene ist. Am Tresen bereitet die Café-Betreiberin Semeret Micael einen Kaffee für eine Kundin vor und plaudert mit ihr, als seien sie Freundinnen. „Hier soll ein Ort sein, wo Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen ins Gespräch miteinander kommen, deswegen habe ich auch die Tische und Stühle so nah zusammengestellt“, sagt die 47-Jährige, die ein hübsches schwarzes Cordkleid trägt.
Öffnungszeiten
Das Moya Café, Adalbertstraße 11 in Bockenheim, ist täglich (außer dienstags) von 10 bis 20 Uhr geöffnet.
Zudem gibt es regelmäßig abends Veranstaltungen: Von Lesungen bis hin zu Kreativ-Workshops. An diesem Freitag, 24. Oktober, findet von 18 bis 22 Uhr der Abend „Wine O-Clock“ mit Wein, Snacks (Mini-Injeras), Gesellschaftsspielen und Musik statt.
Am 30. Oktober gibt es einen kostenlosen Kreativ-Abend (Schmuck-Herstellen bis Malen) von 18 bis 20 Uhr. Mehr Informationen gibt es auf Instagram
Gerade in Zeiten, wo Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) mit seiner „Stadtbild“-Äußerung zum Thema Migration auf viel Kritik stieß, sei dies wichtig. „Mir fehlen oft die Worte, aber ich versuche, eben hier, in meinem Café, wo alle Menschen willkommen sind, etwas entgegenzusetzen.“
Als Kind aus Eritrea geflüchtet
Alles bereite sie hier selbst vor. Unweit des frisch gebackenen Apfelkuchen ist sie auf einem Schwarz-Weiß-Foto als kleines Mädchen in Eritrea zu sehen, neben ihr die Mutter, die von deren Schwiegermutter mit Injera, dem traditionellen Fladenbrot ihres Heimatlandes, gefüttert wird. „Als Kind habe ich diese Tradition des Fütterns von Familienmitgliedern und Freunden nicht zu schätzen gewusst, dabei ist es ein Zeichen der Liebe“, sagt Micael. An den Wochenenden bereitet sie hier auch Mini-Injera vor, mit roten Linsen oder auch mal auf Wunsch mit Hackfleisch vor. „Traditionelle Kaffeezeremonien biete ich auf Anfrage an“, sagt sie und lächelt.
Als Siebenjährige ist Micael mit ihrer damals schwangeren Mutter und der kleinen Schwester vor dem Bürgerkrieg in ihrem Heimatland Eritrea nach Deutschland geflüchtet. Nach Aufenthalten in Flüchtlingsunterkünften fanden sie ihre erste eigene Wohnung unweit des Römers. Als sie mit 19 Jahren selbst zum ersten Mal Mutter wird, beginnt sie in Goldstein ein Elterncafé zu organisieren. „Schon da merkte ich, dass Menschen zusammenbringen und Kaffee machen, mir sehr gefällt.“ Die Mutter von zwei Töchtern jobbt viel in unterschiedlichsten Richtungen, ist auch wie sie erzählt auch mal Kuratorin einer Ausstellung im Historischen Museum.
„In der Pandemie bin ich in ein Loch gefallen, mir fehlte die Kraft, und da dachte ich, ich muss was machen.“ Vor zwei Jahren eröffnet sie ihr erstes eigenes sehr kleines Café in der Wildunger Straße, einer Seitenstraße der Leipziger Straße. Diesen Sommer schließt sie dieses und feierte fünf Laufminuten entfernt, vor einem Monat die Wieder-Eröffnung in der Adalbertstraße 11.
Eine Ecke, die sehr gemütlich auch mit einer Schreibmaschine und schönen Familienbildern eingerichtet ist, nennt sie die „Therapieecke“. „Das war die Größe meines alten Cafés. Ich habe dort so viel mit meinen Stammgästen geredet, Geschichten erzählt und auch mal zusammen geweint. Ich wollte mich vergrößern und habe jetzt auf 80 Quadratmeter viel mehr Fläche für Ausstellungen, überhaupt, um mich auszutoben.“ Das Café soll ein Ort für Kunst, Kreativabende, Lesungen bis Live-Musik sein. „Ich freue mich, wenn Leute auf mich zukommen und Ideen haben, die sie hier mir umsetzen wollen.“
Besonders sei, dass der „Solino“- Kaffee der, den sie anbiete, eben nicht nur Bio sei, sondern auch zu „100 Prozent“ in Äthiopien hergestellt werde: „Die Bohnen werden dort nicht nur geerntet, sondern eben auch geröstet und verpackt. Mit der Weiterverarbeitung des Kaffees wird am meisten Geld verdient, das bleibt dann anders als sonst in Äthiopien. Und die Menschen werden auch fair bezahlt.“
Besonders unterstützt werde sie von ihren Stammgästen oder wie sie es nennt „die stillen Heldinnen und Helden: Helen, Elsa, Markus und Robert“, die ihr auch helfen im Hinterhof-Garten, einen Weihnachtsmarkt zu organisieren. „ Bockenheimer sagen mir oft, dass ihnen ein eigener Weihnachtsmarkt fehlt.“ Vom 11. bis 13. Dezember (ab 17 Uhr) geht dieser los. „Er wird kulturell bunt durchmischt sein: von deutschem Glühwein bis zum eritreischen Essen.“ Warum eigentlich der Name Moya? „In einigen afrikanischen Ländern bedeutet es Herz, Seele, Atem. In Eritrea steht es für Berufung. Das Café ist meine Berufung.“
