Generation Z im Job: „Mir hat ein Anfang-20-Jähriger gesagt, dass er Firmenwagen total peinlich findet“

Gründerin Teresa Katz hat kein Problem damit, wenn ihre Praktikantin in der Badewanne arbeitet. Für Führungskräfte hat sie im Umgang mit der Gen Z Ratschläge.

Sabo: Frau Katz, neulich erzählte mir jemand mit viel Verwunderung, dass eine Praktikantin einen morgendlichen Termin abgelehnt hätte. Sie wolle ausschlafen, denn abends komme eine Freundin zu Besuch. Wie würden Sie da reagieren? Teresa Katz: Sie war transparent und ehrlich, stand für ihre Freizeit ein. Letzteres kann man gut oder schlecht finden, aber ich finde es wichtig, mit ihr zu sprechen und sich nicht nur in Abwehrhaltung darüber aufzuregen. Wenn jemand das dreist findet oder sich angegriffen fühlt, spricht das eher dafür, dass diese Person damit hadert, sich sowas selbst nicht getraut zu haben. Natürlich – und das hat nichts mit der Generationenfrage zu tun – gibt es vertragliche Arbeitsleistungen, die zu erfüllen sind, und vereinbarte Arbeitszeiten, an die sich Mitarbeiterinnen halten müssen. Ich würde mich für die Offenheit bedanken und daran erinnern, dass die Aufgabe erledigt werden muss – und sonst jemand anderes einspringen müsste. Also ein Appell an die Kollegialität.

Sie sind abgehärtet. In sozialen Medien wie auch in Ihrem Buch teilen Sie skurrile Alltagsszenen aus dem Joballtag. Die Praktikantin, die in der Badewanne liegt und im Online-Meeting deshalb die Kamera nicht anmachen möchte. Die danach im Bademantel eine Präsentation hält und nebenbei ein Brot isst. Kaum denkbar bei einem mittelständischen Industrieunternehmen. Sie weiß natürlich, dass das woanders nicht geht. Ich war auch erst irritiert, aber ihre Ergebnisse sind super.

Aber auch bei Ihnen gibt es Verwunderung. Sie beschreiben, wie irritiert ein externer Buchhalter ist, wenn in einem Meeting viel über Privates gesprochen wird. Oder darüber, dass ein Werkstudent seine „Snacks fürs Seelenheil“ als Bewirtungsabrechnung einreicht. Wie lösen Sie das als Chefin auf? Da wir viel remote arbeiten, finde ich es wichtig, dass in einem Meeting mal zehn Minuten am Ende gequatscht werden kann – das, was man sonst in der Büroküche machen würde. Ich sage dann am Ende, dass jeder den Termin auch verlassen kann, wenn das Geschäftliche besprochen ist. Ich persönlich will auch einfach Menschliches erfahren und selbst auch teilen und so dafür sorgen, dass sich die jungen Kolleginnen wohlfühlen. Dadurch sind sie dann eben auch sehr transparent, wenn es ihnen schlecht geht oder irgendwo der Schuh drückt.

Privates teilen heißt nicht, dass man sich als Führungskraft angreifbar macht oder weniger ernst genommen wird? Nein, gar nicht. Ich hatte in einem früheren Job, da war ich Mitte 20, in meinem Team einen 19-Jährigen, der mich überhaupt nicht ernst genommen hat. Und ich wusste, das ändert sich auch nicht, wenn ich jetzt strenger bin oder aufhöre, über private Dinge in unseren Runden zu sprechen. Der hatte keine Lust auf den Job, keine Lust mit mir zu arbeiten, aber das hatte nichts mit mir zu tun.

Und dann? Ich habe erst mit ihm gesprochen und ihm versucht klarzumachen, dass er Kritik nicht einfach mit „Chill, Brudi“ abtun kann. Seine Ergebnisse waren katastrophal, ich habe ihm dann eine Woche zum Nacharbeiten gegeben. Das hat aber nichts gebracht und letztlich haben wir uns von ihm getrennt. Ihm fehlte es grundsätzlich an Respekt. Solche Leute gibt es in jeder Generation. Junge Gen-Z-Kolleginnen respektieren mich und erzählen mir trotzdem von ihren Tinder-Dates oder sagen mir offen, wenn sie an einem Tag lustlos sind. Kenne ich eine Kollegin besser und weiß etwas über sie, dann kann ich sie viel besser motivieren. Ich kann Aufgaben besser zuschneiden. Wenn es hilft, bring’ ich ihr morgens einen Hafermilch-Cappuccino mit. Wenn ich aber nichts über sie weiß, wie soll ich es dann schaffen, an schweren Tagen an sie heranzukommen? Wir sind ein kleines Start-up, es ist superwichtig, dass sich alle im Team wohlfühlen.

Der Arbeitsmarkt ist jedoch nicht mehr so überaus rosig für die Berufseinsteiger wie vor einigen Jahren. Die Arbeitslosenzahlen lagen im August sogar über der Drei-Millionen-Marke. Manche diskutieren gar über eine neue Generation Praktikum, da sich junge Akademiker mit dem Berufseinstieg schwertun. Ich nehme nicht wahr, dass die Angst vor Arbeitslosigkeit bei der Gen Z groß ist. Aber, dass die Angst groß ist, keinen Job zu finden, der Spaß macht. Viele der Generation Z sind relativ gelassen, wenn sie nicht direkt einen Job finden. Sie sind sehr wandlungsfähig und schnelllebig und suchen dann zügig nach etwas anderem. Lieber nehmen sie sich ein paar Monate Zeit, etwas Passendes zu finden, bevor sie einen Job annehmen, der ihnen keinen Spaß macht.

Also lieber arbeitslos als unglücklich. Genau. Sie sagen: „Bevor ich etwas mache, auf das ich keinen Bock habe, mache ich lieber gar nichts.“ Oder lieber ein paar Monate irgendwo kellnern.

Gerade typische Jobs für Berufseinsteiger – Marketing, Softwareentwicklung – sind derzeit wenig ausgeschrieben. Diese Branchen sind für viele inzwischen relativ unattraktiv. Ich weiß noch, dass Marketing früher für viele ein Traumjob war. Diese Blase ist in den letzten Jahren geplatzt, nachdem viele über die schlechten Bedingungen in dem Berufsfeld auf Social Media berichtet haben. Also: schlechtes Gehalt, viele Überstunden, Mädchen für alles sein. Die Jungen wollen nicht in einer Agentur 60 Stunden pro Woche für ein schlechtes Gehalt arbeiten. Dann lieber ein Gastro-Job mit Trinkgeld.

Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Ihnen kein Angestellter Überidentifikation schuldet, keinen Start-up-Spirit mit vielen Überstunden. Durchschnittsleistung ist in Ordnung? Ja, Durchschnittleistung reicht. Mehr ist mir niemand schuldig. Es ist meine Aufgabe als Unternehmerin, das zu gewährleisten. Das ist sogar im Gesetz geregelt. Meine Beschäftigten sollen weder über- noch unterfordert sein. Ich bin für mein Unternehmen verantwortlich und muss die Ressourcen entsprechend planen und eine korrekte Arbeitsorganisation aufbauen. Das ist nicht die Verantwortung der jungen Arbeitskraft. Die Aufgabe ist, sie nicht zu verheizen und ihnen zugleich beizubringen, dass Loyalität wichtig ist – in einem bestimmten Rahmen. Und natürlich arbeiten wir am liebsten mit Leuten, bei denen wir das Gefühl haben, die sind motiviert. Aber bei uns muss niemand etwas an einem Freitagabend fertigmachen. Das mach’ ich dann selbst. Unternehmen müssen ganz dringend anfangen, durchschnittliche Arbeitsleistung zu akzeptieren.

Wie lockt man dann als Arbeitgeber die Gen Z an? In der Generation bringen diejenigen Jobs Prestige, die zum Gesamtwohl beitragen. Es ist wirklich schwer, manche Routinejobs zu vermarkten. Mir hat neulich ein Anfang 20-Jähriger gesagt, dass er es total peinlich findet, wenn jemand sagt, dass er einen Firmenwagen hat.

So manches Unternehmen passt in der Krise den Führungsstil an, will autoritärer sein, mehr Kontrolle und weniger Homeoffice. Müssen sich die Jungen an einen anderen Ton gewöhnen? Dieser Panikmodus in den Managementebenen ist gefährlich. Fällt einem wirklich nichts anderes ein, als einen autoritären Führungsstil zurückzuholen, wo man sich doch reihenweise Studien angucken kann, dass man junge Menschen damit nicht gut führen kann? Sie brauchen Feedback, wollen mitentscheiden und dann haben sie auch Bock. Wenn wir wollen, dass es wieder bergauf geht, brauchen wir die Jungen. Diese Einstellung ist ein Rückschritt und einer der größten Fehler, die man nun begehen kann. Natürlich gibt es dann kurzfristig Gehorsamkeit, was wollen Mitarbeiter auch sonst machen. Aber langfristig führt es zu Kündigungen, junge Menschen verlassen autoritäre Unternehmen. Über Firmenkultur wird offen in den sozialen Medien gesprochen. Und selbst wenn die vertraglich das nicht dürfen, während sie dort arbeiten, packen die spätestens, sobald sie gegangen sind, darüber aus.

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