„Wollt ihr ein Ufo sehen? Ich hab eins auf Band“ – Neugierig schaue ich dem Barkeeper im „The Little A‘Le‘Inn“ hinterher und warte gespannt auf das Video. Wird es KI sein, will er mir eine vermeintlich echte Sichtung zeigen?
Weder noch, lachend kommt er mit einem Mini-Ufo aus Plastik zurück, was an einem Stück Klebeband hängt. Humor haben sie hier in Nevada.

Zu Besuch bei Alien-Fans in Rachel
Ich befinde mich in Rachel, einem winzig kleinen Ort und dem letzten bewohnten Dorf vor der Area 51, der sagenumwobenen und geheimen Militärbasis der USA. Eigentlich besteht Rachel lediglich aus einer Wohnwagensiedlung und dem „The Little A‘Le‘Inn“, was eine Bar, ein Restaurant, ein Souvenirshop sowie ein Motel ist. Die wenigen Leute, die ich hier treffe, sagen alle das Gleiche: „Ich liebe die Ruhe hier, ich brauche nicht viele Menschen um mich herum.“
Manchmal fliegen die Jets des US-Militärs hüfthoch über den Parkplatz, erzählt Barkeeper Michael. An den Wänden hängen Fotos von demolierten Autos, die mit Kühen zusammengestoßen sind, und alles ist irgendwie ein bisschen skurril. Kein Wunder, immerhin beginnt hier der weltweit einzige Alien Highway, auch „Extraterrestrial Highway“ oder Highway 375 genannt.
Seltsame Erscheinungen nahe der Area 51
Warum in Alien-Filmen oder Darstellungen so oft Kühe entführt werden, wird übrigens deutlich, wenn man die endlos geradeaus führenden Straßen Nevadas entlangfährt. Hier begegnet man nämlich niemandem, außer hin und wieder mal einer Kuh. Die Affinität zu Aliens und die Nähe zur Area 51 und deren Geheimnissen wird in Rachel auf jeden Fall deutlich. Ein Ufo hängt am Kran eines alten Trucks, ein weiteres steht blinkend neben dem Inn und diverse Alien-Figuren begrüßen die „Erdlinge“.

Kaum jemand weiß, was in der Area 51 passiert, es gibt zahlreiche Theorien zu Aliens und deren Erforschung auf dem geheimen Gelände. Es ist eben wie so oft: je geheimer ein Ort, desto wilder die Theorien über ihn. Auf der Internetseite von Rachel wird beschrieben, dass in den letzten Jahrzehnten immer wieder seltsame Lichtpunkte und andere Sichtungen am Himmel gemacht worden sind, auch von Touristinnen und Touristen. Das nahe gelegene Übungsgelände Nellis Range der Air Force scheint die harmlose Erklärung für die Sichtungen zu sein.
Ein paar Kilometer weiter wartet der nächste Souvenirshop samt skurriler Skulpturen davor. Ein ausrangierter Schulbus mit der Aufschrift „Area 51 School District“ steht neben Alien-Figuren aus Metall. Donna begrüßt uns in der Hoffnung, wir seien nicht schon im „The Little A‘Le‘Inn“ gewesen, ihr Shop sei doch viel besser. Nach einer kurzen Tour durch den Shop frage ich sie, ob sie schon mal eine Begegnung der anderen Art hatte. „Nein, nein, aber ich glaube daran“, sagt sie. „Warum sollten wir die Einzigen in diesem riesigen Universum sein?“

Haunted Hotels in Tonopah
Rachel ist der einzige Ort am „Extraterrestrial Highway“, auch kurz ET-Highway genannt. Entlang der ewig langen Straße kommt noch der ein oder andere Souvenirshop, die alle so ziemlich das Gleiche verkaufen, darunter auch „Alien Jerky“. Hinzu kommen vereinzelte Farmen und eine unendliche Weite, für die die USA bekannt sind.
Der ET-Highway ist mit knapp 100 Meilen für einen mehrtägigen Roadtrip etwas kurz, lässt sich jedoch prima mit anderen verrückten Orten in Nevada verbinden. Einer davon ist Tonopah. Auf den ersten Blick wirkt die kleine Bergstadt recht unscheinbar, doch der Schein trügt. Hier gibt es gleich zwei Orte, die für Horrorfans genau das Richtige sind.

Da wäre zunächst das Clown-Motel, welches sich selbst als „America’s Scariest Motel“ bezeichnet. Alles begann mit Clarence David. Er starb bei einem Feuer 1942. Er besaß eine Clown-Sammlung, die seine Kinder Leona und Leroy in ihrem neu eröffneten Motel gleich neben einem alten Friedhof präsentierten.

Über die Jahre wechselten die Besitzer mehrmals, doch eine Sache ist geblieben: die Clowns. Heute ist das Motel bunt angemalt und mit riesigen Clown-Figuren versehen. Darunter mischt sich auch der ein oder andere Horrorclown. Geisterjäger Zak Bagan drehte 2015 eine Folge „Ghost Adventures“ im Motel. Die Teilnehmenden wollen dort unter anderem eine dunkle Silhouette gesehen und mit der Kamera eingefangen haben, wie sich die Hand eines großen Clowns von ganz allein bewegt.
Grusel-Friedhof neben Clown Motel
Wer nicht im Motel übernachten will, kann sich den Shop anschauen, in dem auch die über 150 Clowns umfassende Sammlung ausgestellt ist. Gleich neben dem Motel gibt es noch den alten Friedhof von Tonopah, der zur gruseligen Stimmung beiträgt. Dort wurden Menschen zwischen 1901 und 1911 begraben.
Skurril: Auf den Metalltafeln der Grabsteine ist die Todesart niedergeschrieben. Viele von ihnen wurden Opfer der damals grassierenden „Tonopah-Plage“ von 1902 oder starben bei dem Minenbrand von Belmont im Jahr 1911. Manche Inschriften sind aber auch ungewollt lustig: So starb Elias Nelson am 4. September 1907, als er auf den Gleisen entlanglief und von einem Zug erfasst wurde – er war taub.

Wer jetzt immer noch nicht im Clown Motel übernachten will, findet mit dem Mizpah Hotel eine schicke Alternative. Allerdings nicht ohne eine dunkle Geschichte. Auch hier soll es spuken. Online wird es zunächst als „Juwel der Wüste“ bezeichnet und das ist nicht übertrieben: Während es von außen noch recht unspektakulär aussieht, offenbart sich drinnen ein sehr edles und historisches Hotel.
1907 eröffnete es und war damals eines der ersten Luxushotels in Nevada. Tonopah war damals eine boomende Bergbaustadt und konnte sich diesen Luxus leisten. Mit fünf Stockwerken war es damals auch das höchste Gebäude des Bundesstaates. Der Reichtum verließ Tonopah wieder und 1999 musste das Hotel geschlossen werden.

2011 kauften Fred und Nancy Cline aus Kalifornien das Gebäude und renovierten es. Heute wirkt es, als hätte es nie leer gestanden und den historischen Charme hat es definitiv zurückbekommen – und manche Gäste haben das Hotel anscheinend auch nie verlassen.
Schon an der Rezeption liegt ein Buch, das erst wie ein Gästebuch aussieht, in dem aber Begegnungen mit Geistern eingetragen werden sollen. Da drin schreibt zum Beispiel ein Gast, der im Januar 2023 im Raum 201 übernachtete: „6.16 Uhr hörten wir ein Klopfen, jedoch keine Schritte oder Ähnliches. Heute Morgen fühlte es sich an, als würde die Mitte meines Bettes angehoben werden. Ich hörte ein Flüstern beim Spiegel neben der Badezimmertür und dann tauchten dort drei kleine Handabdrücke auf.“
Nicht nur ein Geist im Mizpah Hotel?
Nevadas berühmtester Geist soll im Mizpah Hotel zu Hause sein und schon zahlreichen Besucherinnen und Besuchern einen Schrecken eingejagt haben. Leserinnen und Leser des Magazins „USA Today“ wählten es 2018 sogar auf den ersten Platz der „Best Haunted Hotels“. Viele selbst ernannte Paranormal-Expertinnen und -Experten bezeichnen Nevada sogar als Staat mit der höchsten gespenstigen Aktivität.
Die Lady in Red, wie der Geist des Mizpah Hotels genannt wird, soll zu den freundlichen Exemplaren gehören. Sie soll einst im fünften Stock die Suite bewohnt haben und dort als Sex-Arbeiterin tätig gewesen sein �� bis ein eifersüchtiger Ex-Liebhaber sie in einem Anfall von Eifersucht erstach und erwürgte.
Vor allem männliche Gäste berichten heutzutage immer wieder von einer Stimme, die ihnen süße Nichtigkeiten ins Ohr flüstern würde. Die damalige Suite der Lady in Red wurde aufgeteilt und besteht heute aus den Räumen 502, 503 und 504. Wer sich also selbst von dem Geist überzeugen möchte, sollte bei der Buchung auf eines dieser Zimmer bestehen. Abends werden auch regelmäßig Geistertouren im Hotel angeboten – als Einstimmung auf die Nacht.

Doch nicht nur die Lady in Red scheint im Mizpah Hotel ihr Unwesen zu treiben. So berichteten Besucherinnen und Besucher immer mal wieder von lauten Kindern im dritten Stock, die den Flur in einen Spielplatz verwandeln würden. Doch wenn sie aus ihren Zimmern schauten, sei da niemand im Flur gewesen.
Ich selber bin froh, dass ich erst nach meiner Nacht im Mizpah Hotel genauer zu den Vorkommnissen recherchiere. Eigentlich mache ich mir nichts aus Geistern, doch ich kann sagen, dass es keine erholsame Nacht war. Natürlich kann dies auch dem nicht enden wollenden Jetlag zugeschrieben werden, doch das Gefühl, dass mich jemand am Arm packt, während ich allein in meinem Zimmer wieder einzuschlafen versuche, war dann doch etwas verwirrend.
Der Grusel-Roadtrip durch Nevada
Wenn du in Las Vegas in Richtung Crystal Springs startest und den ET-Highway bis nach Rachel nimmst, kommst du im Anschluss nach Tonopah und von dort über den Highway 95 zurück nach Las Vegas. Dieser kleine Roadtrip ist insgesamt 476 Meilen, also rund 770 Kilometer lang und führt dich nicht nur an den gruseligsten Orten vorbei, sondern auch durch die überraschend abwechslungsreiche Natur Nevadas.

Übrigens: Wenn du zurück in Las Vegas bist und immer noch nicht genug vom Gruseln hast, kannst du dem Haunted Museum von Zak Bagans einen Besuch abstatten. Tickets solltest du dir rechtzeitig im Voraus buchen und zwischen der „RIP All Access Tour“ oder einem normalen Ticket wählen. Im Museum gibt es 30 Räume, die alle ihre eigenen Highlights haben, darunter eine Puppe, der man nicht in die Augen schauen sollte.
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