Haushalt: So kommt die Steuerschätzung zustande

Der Arbeitskreis Steuerschätzung stellt seine Prognose für die kommenden Jahre vor. Sie ist entscheidend für den Bundeshaushalt – und nicht unumstritten.

An diesem Donnerstag stellt der Arbeitskreis Steuerschätzung seine halbjährliche Prognose für die kommenden Jahre vor. Bund und Länder sollen so besser einschätzen können, wie viel Geld der Staat in den kommenden Jahren einnehmen wird – und wo gespart werden muss. Denn das Geld ist knapp

Was ist die Steuerschätzung?

Der Arbeitskreis Steuerschätzung ist ein Beirat im Bundesfinanzministerium, der regelmäßig Voraussagen über den Umfang der staatlichen Einnahmen erstellt. Zweimal im Jahr kommen seine Mitglieder zusammen, um abzuschätzen, wie viel Geld in den kommenden Jahren in die Kassen des Staates fließen wird. Seine Berechnungen wirken sich damit direkt auf die Haushaltsplanung aus.

Erstellt werden diese Berechnungen von Vertretern des Bundesfinanzministeriums, der Bundesbank, den sogenannten Wirtschaftsweisen sowie von Experten der fünf großen Wirtschaftsinstitute in Deutschland: dem DIW, dem IfW, dem ifo-Institut, dem RWI sowie dem IWH. An den Beratungen nehmen außerdem Vertreter aus dem Wirtschaftsministerium, dem Bundesamt für Statistik, dem Deutschen Städtetag sowie aus den 16 Landesfinanzämtern teil.

Der Beirat besteht seit dem Jahr 1955. Er tagt jedes Jahr im Mai sowie zwischen Ende Oktober und Anfang November. 

Welche Bedeutung hat die Steuerschätzung?

Die Schätzungen des Beirats fließen seit seiner Gründung in die Haushaltsplanung und seit 1968 auch in die mittelfristige Finanzplanung des Bundes und der Länder ein. Sie geben zum einen Orientierung: Wie groß sind die Einnahmen, mit denen der Staat rechnen kann? Wie viel Geld kann er ausgeben, und wann sollte er besser sparen? 

Mittelbar schränken sie den Handlungsspielraum damit aber auch ein. Denn die Regierung darf wegen der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse nur noch begrenzt Kredite aufnehmen. Wo die Steuerschätzung auf geringere Einnahmen in der Zukunft schließen lässt, darf sie also nicht einfach durch neue Schulden gegensteuern – sondern muss stattdessen Ausgaben kürzen.

Wie rechnen die Experten?

Die Modelle, die der Steuerschätzung zugrunde liegen, sind geheim. Die acht Kernmitglieder des Beirats – die fünf Wirtschaftsinstitute, der Sachverständigenrat für Wirtschaft, die Bundesbank und das Bundesfinanzministerium – präsentieren bei den halbjährlichen Sitzungen zunächst jeweils ihre eigenen Prognosen. Anschließend diskutiert das Gremium im Ganzen so lange, bis es einen Konsens gefunden hat.  

Insgesamt 32 verschiedene Steuern schauen die Expertinnen und Experten sich so an, von der Abgeltungs- bis zur Umsatzsteuer. Wie sie im Einzelnen methodisch vorgehen, ist ihnen freigestellt. Allerdings müssen sie mit volkswirtschaftlichen Kennziffern arbeiten, die ihnen von der Bundesregierung zugeliefert werden, wie etwa dem erwarteten Wirtschaftswachstum.

Dass die Rechenmodelle geheim sind, war in der Vergangenheit bereits Gegenstand von Kritik. So klagte die Nichtregierungsorganisation Frag den Staat im Jahr 2022 auf Herausgabe der Rechenmodelle. Das Bundesverwaltungsgericht gab dem nicht statt, verfügte allerdings, dass das Bundesfinanzministerium die Einzelprognosen der Beiratsmitglieder veröffentlichen müsse. Aus den Unterlagen geht hervor, dass diese Voraussagen in der Vergangenheit teils um mehrere Milliarden Euro auseinanderliegen. 

Wie gut ist die Prognose?

Die Experten liegen mit ihren Erwartungen im Schnitt relativ nah an der Wirklichkeit – zumindest, wenn es um das laufende Jahr geht. So kommt eine Untersuchung des ifo-Instituts zu dem Schluss, dass der Schätzfehler hier über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten nur bei vier bis fünf Prozent lag. Bei der Prognose für das kommende Jahr war die Fehlerspanne dagegen deutlich größer.

Studien deuten allerdings darauf hin, dass die Schätzungen tendenziell zu optimistisch ausfallen (etwa: Breuer 2014). Auch in Jahren mit wichtigen Änderungen im Steuerrecht lässt die Qualität der Voraussage nach. 

Einige Ökonomen fordern zudem, die Berechnung der volkswirtschaftlichen Grundlagenindikatoren den Expertinnen und Experten selbst zu überlassen, anstatt sie ihnen vorzugeben (etwa: Göttert und Lehmann 2021). Gegenwärtig müssen sich die Beiratsmitglieder bei ihren Schätzungen zum Beispiel auf staatliche Prognosen für das Wirtschaftswachstum stützen – obwohl unabhängige Voraussagen in der Regel treffsicherer sind.

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