Tee gilt vielfach als gesundes Getränk – reich an Geschmack, wohltuend und in vielen Kulturen fest etabliert. Doch neuere Forschungsarbeiten rücken einen weniger beachteten Faktor ins Blickfeld: die Temperatur Ihrer Teetasse. Laut einer umfangreichen Analyse trinken Menschen, die ihren Tee sehr heiß – also deutlich über 60 °C – konsumieren, mitunter ein doppelt so hohes Risiko, an dem sogenannten Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre (Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre, englisch = esophageal squamous cell carcinoma, ESCC) zu erkranken.
Die International Agency for Research on Cancer (IARC) stuft das Trinken sehr heißer Getränke über = 65 °C inzwischen als „wahrscheinlich krebserzeugend“ ein. Für Sie heißt das: Nicht der Tee selbst, sondern die sehr hohe Temperatur könnte eine Rolle spielen.
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Was sagen die Studien?
- Eine Metaanalyse aus 12 Fall-Kontroll-Studien mit über 5 000 Fällen ergab: Wer heißen Tee trank, hatte ein um etwa das Doppelte erhöhtes Risiko für Speiseröhrenkrebs (Odds Ratio ≈ 2,04, 95 % CI: 1,78–2,31).
- In der sogenannten „Golestan Cohort Study“ in Nordost-Iran wurden rund 50 000 Personen über zehn Jahre beobachtet. Wer täglich ≥ 700 ml Tee bei ≥ 60 °C trank, hatte ein um rund 90 % erhöhtes Risiko für ESCC gegenüber denen, die < 700 ml bei < 60 °C tranken.
- Die IARC hob hervor, dass nicht so sehr das Getränk als solches, sondern die hohe Temperatur der entscheidende Faktor sein könnte – dies vor allem bei regelmäßiger Aufnahme sehr heißer Getränke.
Wie ist das Risiko einzuschätzen?
Zunächst gilt: Speiseröhrenkrebs ist in westlichen Ländern vergleichsweise selten. Zwar zeigen Studien eine signifikante Verbindung zwischen sehr heißen Getränken und einem erhöhten Risiko, doch das tatsächliche Ausmaß hängt stark vom jeweiligen Ausgangsrisiko ab.
Wichtig zu wissen: Viele Untersuchungen stammen aus Regionen mit ohnehin hohem Basisrisiko für ESCC – etwa aus Nordost-Iran oder Teilen Chinas. Dort sind die Trinkgewohnheiten (zum Beispiel extrem heißer Tee in großen Mengen) anders als in Europa.
Zudem gilt: Heiße Getränke allein gelten nicht als ausschlaggebende Ursache. Vielmehr scheint die Hitze in Kombination mit anderen Risikofaktoren wie Rauchen oder Alkoholkonsum den Effekt zu verstärken.
Das bedeutet: Wer gelegentlich eine heiße Tasse Tee genießt, muss sich keine großen Sorgen machen – dennoch lohnt es sich, auf die Temperatur zu achten.
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Warum könnte die Temperatur eine Rolle spielen?
Die Theorie lautet: Sehr heiße Getränke können die Schleimhaut der Speiseröhre wiederholt reizen oder leicht schädigen (thermischer Stress). Über Jahre hinweg könnten solche Reizungen Zellveränderungen begünstigen, aus denen Krebs entstehen kann.
Hinzu kommt: Wer sehr heißen Tee in großen Schlucken trinkt, setzt die Speiseröhre einer höheren Wärmemenge aus. Eine aktuelle Analyse nennt Temperaturen ab etwa 65 °C als kritische Schwelle.
Daraus folgt: Entscheidend ist nicht die Teesorte – sondern wie heiß, wie viel und wie schnell getrunken wird.
Praxistipps für Ihren Teegenuss
Damit Sie ohne Verzicht Ihren Tee genießen können – hier einige Empfehlungen:
- Lassen Sie Ihren Tee wenige Minuten abkühlen, bevor Sie ihn trinken. Zieltemperaturen unter etwa 60 °C gelten als deutlich sicherer.
- Trinken Sie in kleineren Schlucken statt großen „Schlucken“ – so wird weniger Wärme in die Speiseröhre getragen.
- Wenn Sie ohnehin bereits andere Risikofaktoren haben (z. B. starke Alkohol- oder Tabak-Konsum), dann könnte das Temperatur-Management umso wichtiger sein.
- Achten Sie auf Signale Ihres Körpers: Wiederkehrende Reizungen im Hals-/Rachenbereich, Schluckbeschwerden oder Brennen sollten ärztlich abgeklärt werden.
- Machen Sie sich bewusst: Der Tee selbst ist nicht der „Krebsverursacher“, aber ein Faktor in einem größeren Risikokontext.
Wer regelmäßig zu heiß trinkt, erhöht sein Risiko
Der Genuss von Tee kann Teil eines gesunden Lebensstils sein – doch wenn Sie regelmäßig sehr heiß trinken, könnten Sie sich unwissentlich einem erhöhten Risiko für Speiseröhrenkrebs aussetzen. Studien zeigen: Temperatur und Menge machen den Unterschied. Indem Sie Ihren Tee etwas abkühlen lassen und bewusst trinken, können Sie Ihr Risiko zumindest reduzieren – ganz ohne auf den Tee-Moment verzichten zu müssen.
Quellen:
