„Wir verteidigen wie ein E-Jugendteam, laufen wie ein wildgewordener Hühnerhaufen nur hinterher.“ Phillip Menzel nahm nach dem ernüchternden 2:4 des 1. FC Saarbrücken in der 3. Fußball-Liga gegen den SC Verl kein Blatt vor den Mund. Der Torhüter ist nie um einen markigen Spruch verlegen, wenn es darum geht, Dinge kritisch zu hinterfragen. Die erste Heimschlappe der Saison kam am vergangenen Samstag auf eine Art und Weise zustande, die Zweifel lässt, ob der FCS tatsächlich bereit ist für den Zweitliga-Aufstieg.
Hat die Länderspielpause den FCS aus der Bahn geworfen?
Menzel wirkte regelrecht geschockt ob der eigenen Chancenlosigkeit gegen die spielstarken Verler. Er schrie sich gefühlt die Seele aus dem Leib, derart oft musste er den Kollegen nach Großchancen lautstark die Leviten lesen. „Wir waren gedanklich immer den Schritt zu spät“, sagte Trainer Alois Schwartz zur zweiten Saisonpleite. Der FCS wirkte gehemmt, gar lethargisch. Selbst Tore aus dem Nichts zum 1:1 und 2:3 brachten nichts. Es schien, als habe die Länderspielpause das zuvor überzeugende Team aus der Bahn geworfen.
„Wir hatten eine gute Entwicklung, haben Stabilität reingebracht und gut gespielt“, lobte Sportdirektor Jürgen Luginger den Werdegang vor Verl. Dass gegen die Ostwestfalen davon nichts mehr zu sehen war, wollte er nicht überbewerten. „Das Spiel sollte nicht als Maßstab herhalten. Da haben alle Mist gespielt, nichts hat funktioniert.“ Solche Tage gebe es im Fußball. Sie zu erklären, bleibt oft vage. An der taktischen Umstellung wollte Schwartz „den Kollektiv-Ausfall“ nach sieben unbesiegten Partien nicht festmachen.
Kollektives Versagen gegen Verl
Er sprengte sein Offensiv-Trio Kai Brünker, Florian Pick und Rodney Elongo-Yombo, brachte für Letzteren Tim Civeja, um den Gästen im Mittelfeldzentrum kompakter zu begegnen – ein Schuss, der ob der Entstehung des 0:1 nach hinten losging. Civeja und FCS-Kapitän Sven Sonnenberg gingen vor dem Strafraum übermotiviert auf die Jagd nach dem Ball – und rissen jene Lücken, die Verl früh nutzte. „Es lag nicht an Tim Civeja oder einzelnen Spielern. Wir waren im Kollektiv nicht da“, sah Schwartz keinen Fehler, sich für den defensiv eher mäßigen Civeja entschieden zu haben.
Zur Pause korrigierte er dennoch, stellte auf ein 4-3-3, brachte Elongo-Yombo und Kaan Caliskaner für Civeja und Till Schumacher – doch Verls Dominanz hielt an, die FCS-Abwehr wackelte weiterhin bedenklich. Erinnerungen an den Start bei Energie Cottbus wurden wach, als die Lausitzer etliche Chancen versiebten, trotz klarer Vorteile nur 3:3 spielten. Danach konnte der FCS seine Defensive stabilisieren, obwohl von elf Partien nur eine ohne Gegentor (0:0 gegen Primus Duisburg) lief – das Verl-Desaster wirft nun aber Fragen auf.
Bekommt „Königstransfer“ Bormuth jetzt seine Chance?
Selbst Sonnenberg, sonst die Zuverlässigkeit in Person, reihte Fehler an Fehler. Beim 0:1 kam er zu spät, ein fataler Fehlpass des Kapitäns verschuldete das 1:2, beim 2:4 hob „Sonne“ das Abseits auf – kurzum: ein rabenschwarzer Tag, für ihn wie fürs Team. „Es hat vorne wie hinten nix funktioniert. So ein Spiel dürfen wir nicht wieder zeigen“, setzt Sonnenberg auf einen Ausrutscher. An diesem Samstag beim FC Ingolstadt (14 Uhr) muss ein anderes Gesicht her. „Wir müssen defensiv als Team wieder besser arbeiten und zusammenhalten. Es liegt am Gesamtverbund, dass wir stabiler werden“, hält Luginger fest, sieht „kein grundsätzliches Problem beim Personal.“
Die etatmäßige Dreierabwehr um Lasse Wilhelm, Sonnenberg und Joel Bichsel habe mehrfach gezeigt, dass sie es besser kann. Auf diese Chance wartet der eigentliche Königstransfer Robin Bormuth seit seinem völlig missglückten Debüt in Cottbus – und könnte sie alsbald kriegen. „Robin haut sich im Training voll rein, hat sich super herangekämpft und an Fitness zugelegt. Trotz seines schwachen Starts ist er stets positiv geblieben, ist ein toller Profi“, lobt Luginger den vom Zweitligisten Karlsruher SC geholten Verteidiger und ist sicher: „Er wird auch auf dem Platz noch ein wichtiger Spieler für uns. Daneben ist er es schon. Wir brauchen positive Typen wie ihn.“
Noch kein Sieg gegen die Schanzer in Liga drei
Wie die Startelf in Ingolstadt aussieht, wird spannend. Das Frust- und Enttäuschungs-Potenzial ist groß beim FCS. So oder so muss der FCS im Audi-Sportpark ein anderes Gesicht zeigen – nicht zuletzt auf der Jagd nach dem ersten Drittliga-Sieg gegen die „Schanzer“, die vier von acht Duellen gewinnen konnten (vier Remis).
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