Ich besuchte diesen gefeierten Alpen-Natur-Tipp – nicht nur mich traf dort Ernüchterung: „Beschämend“

Viele rechnen ab

Ich besuchte diesen gefeierten Alpen-Natur-Tipp – nicht nur mich traf dort Ernüchterung: „Beschämend“

So sehr klaffen Internet-Fotos und Realität wohl selten auseinander: Ich habe einen Alpen-Hotspot gesucht – und teile die Ernüchterung vieler.

Welschnofen – Die Fotos sind beeindruckend. Wer bei Instagram nach dem Hashtag #karersee sucht, findet einen See in beinahe unwirklichen Farben, mit faszinierenden Grün-Tönen. Scheinbar unberührte Natur, an die sich kaum eine Menschenseele zu verirren scheint. Denn andere Personen, sie sind auf den Bildern in den sozialen Medien selten zu erblicken.

Die Realität vor Ort, sie sieht allerdings anders aus. Das erlebte ich im Spätsommer selbst.

Karersee: Vermeintliches Natur-Idyll ist touristisch erstaunlich erschlossen

Direkt zum Karersee in Norditalien fährt ein Linienbus aus Bozen in regelmäßigem Takt. Ein riesengroßer Parkplatz bietet genug Raum für Autos und Reisebusse. Von dort führt ein unterirdischer Tunnel mit sehr geräumigen Toiletten zum See selbst. Unter der vielbefahrenen Straße durch. Zudem gibt es gleich mehrere Imbisse. Und sogar einen Klamottenladen, in dem auch Souvenirs feilgeboten werden. Es existieren wohl wenige vermeintliche Traum-Spots in den Alpen, in denen das Idyll der Fotos und die hochtouristische Wahrheit weiter auseinanderklaffen.

Allein, es macht den See nicht hässlicher. Nicht jeder möchte zu so einem schönen Fleck eine mehrstündige Wanderung auf sich nehmen. Vom Parkplatz zum Karersee braucht man zu Fuß keine zehn Minuten und ein paar Treppen, und sogar umweltfreundlich kommt man mit öffentlichen Verkehrsmittel hin. Direkt neben der Bushaltestelle besteht die Chance, beeindruckende Aufnahmen zu schießen.

Karersee: Google-Bewertungsschnitt 4,7 von 5 – doch es mehren sich kritische Stimmen

Durch die Schönheit des Platzes ist es wohl auch zu erklären, dass der Karersee bei Google Maps auf 4,7 von 5 Sternen kommt. Den allermeisten Besuchern scheint es also dort zu gefallen. Auch 2025 schwärmen verschiedene Bewerter in den höchsten Tönen. „Kleiner, aber wunderschöner, fast surrealer Bergsee. Die Farben sind phänomenal“, heißt es. Eine weitere Nutzerin ist begeistert: „Ein sehr schöner See. Ein Juwel inmitten der Berge“, sie ergänzt „Ein See, dessen Farben man kaum glauben kann“ und „Hier verschmelzen Natur und Magie“.

Allerdings häufen sich auch die Stimmen, die sich etwas anderes erwartet hätten – und mit dem hochfrequentierten Ort in saftigen Tönen abrechnen. Etwa so: „Wir wollten heute den See besuchen, den wir vor knapp 30 Jahren so schön fanden. Wir waren entsetzt was aus diesem mal schönen Ort gemacht wurde! Alles, was schön war, wurde zerstört!“ Auch ein weiterer Nutzer zieht den Früher-/Heute-Vergleich: „Der Karersee mit dem Latemar im Hintergrund war früher eine Geheimtipp für Bergwanderer und ein relativ ruhiger Ort. Heute als Hotspot für Selfietouristen, Biker und Sportwagenfahrer aus aller Welt verkommen.“

Auch ältere Rezensionen werden deutlich: „Touristenfalle mit kostenpflichtigem Parken und Disneyfizierung“, „Gnadenlos die Schönheit durch ein Übermaß von Kommerzialisierung genommen“, „Ein herrlicher See … aber der Ort wurde durch den Tourismus und die Profitgier zerstört“, „Die schlimmste ‚Attraktion‘“ aller Zeiten! Glaubt nicht den ganzen aufgehübschten Insta-Fake-Bildern“, heißt es. Und auf Italienisch lautet eine ältere Rezension: „Es ist beschämend, wie ein wunderbarer Ort wie dieser von Menschenhand für den Bau einer Straße, eines Parkplatzes und einer Verkaufsstelle für Souvenirs angegriffen wurde.“

Der Reise-Bloggerin Verena (siehe Instagram-Beitrag oben) ging es ähnlich – es lohnt sich, weiterzuwischen und ihre Aufnahmen anzusehen, zu denen sie schreibt: „So schön, dass es fast unwirklich aussieht. Und dann fühlt es sich 100 Meter weiter vom See gar nicht mehr nach Natur an. Das fand ich echt krass und bisschen erschreckend. Natürlich besser so ‚geregelt‘ mit großem, offiziellen Parkplatz als Chaos, aber trotzdem fand ich das irgendwie komisch und hat für mich so bisschen die Magie aus dem Ort weggenommen.“

Klare Worte zum Karersee: „Der See sieht nur auf Bildern idyllisch aus“

Ein anderer Google-Maps-Nutzer rechnet 2025 detailliert ab: „Spart Euch den Weg! Komplett zerstörte Natur, Massentourismus pur … ja selbst Modeshopping gibt es an diesem Tümpelchen. Der Parkplatz ist größer als der See, ein Riesen-Betonklotztunnel zum See, Fressbuden, Geschäfte etc … Es ist ein völliger Wahnsinn, was um dieses kleine wunderschöne Stück Natur veranstaltet wird. Jedes schöne Foto hier ist eben nur ein kleiner Ausschnitt der traurigen Realität um diesen See. Bilder vom See findet man eh überall … Der See sieht nur auf Bildern idyllisch aus!“

Die Ernüchterung machte sich auch bei uns breit – denn nach all den Bildern hätten wir etwas anderes erwartet als einen derart hochgebauten Touristen-Hotspot. Wer eine etwas weitere Runde um den See dreht, entkommt den Massen immerhin und kann Orte wie den auf obigem Foto finden. Und ja, ich habe auch an dem Imbiss einen Espresso gekauft. Auch an einem anderen Alpen-Hotspot klaffen Fotos und Wirklichkeit krass auseinander. (Quellen: Google Maps, eigene Beobachtungen vor Ort) (lin)

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