Israels Kriegsführung
IGH-Entscheidung: Hunger als Kriegswaffe gegen Gaza verboten – USA betreiben „Bibi-sitting“
Die UN rügen Israel für die frühere Blockade von Hilfslieferungen. Währenddessen werfen die USA ihr gesamtes diplomatisches Gewicht in die Waagschale.
Tel Aviv/Den Haag – Trotz des Friedensabkommens zwischen Israel und der Hamas gelangen noch immer zu wenige Hilfsgüter in den Gazastreifen, wie unter anderem das Welternährungsprogramm kritisiert. Jetzt hat der Internationale Gerichtshof (IGH) Israel in einem Gutachten dazu aufgefordert, die grundlegende Versorgung der Zivilbevölkerung zu gewährleisten. Als Besatzungsmacht sei Israel dazu verpflichtet, ausreichend für die Bevölkerung zu sorgen und die Menschenrechte zu wahren, heißt es vom höchsten UN-Gericht in Den Haag.
Dazu gehörten die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Wasser, Obdach, Medikamente und medizinische Versorgung. Auch die Vertreibung von Menschen sei rechtswidrig. Das Gericht machte deutlich: Hilfslieferungen der Vereinten Nationen und ihrer Einrichten muss Israel zulassen und erleichtern. Im Zuge des Gaza-Krieges hatte die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu monatelang humanitäre Hilfe für die Menschen in dem Küstenstreifen blockiert. Die Richter wiesen Israel jetzt nochmal darauf hin, dass das Land damit gegen internationales Recht verstoßen hat.
Israel weist UN-Gutachten zurück – USA als Wächter des Gaza-Abkommens
Darüber hinaus habe Israel kein Recht, Hunger als Kriegswaffe einzusetzen, heißt es in dem juristischen Gutachten weiter. Es handelt sich nicht um ein Urteil. Rechtlich bindend ist das Gutachten nicht – Israel wies es umgehend zurück. Hintergrund ist auch, dass Israel im Januar dem UN-Hilfswerk für Palästinenser (UNRWA) verboten hatte, im Gazastreifen tätig zu sein. Der Vorwurf der Netanjahu-Regierung: Das UNRWA arbeite mit der Hamas zusammen. Dafür habe Israel jedoch keine Beweise vorgelegt.
Im März hatte Israel schließlich eine Waffenruhe mit der Hama aufgekündigt – und für fast drei Monate sämtliche Hilfslieferungen nach Gaza blockiert, was dazu führte, dass große Teile der Bevölkerung Hunger litten. Dass die brüchige Waffenpause dieses Mal hält, ist auch den USA ein wichtiges Anliegen. Nicht zuletzt deswegen, weil die Regierung von Präsident Donald Trump das Abkommen federführend herbeigeführt hatte. In einer Analyse des Senders CNN ist von „Bibi-sitting“ der US-Regierung die Rede – eine Anspielung auf den Spitznamen Netanjahus.
Trump, Vance und Rubio in Israel – USA mit Diplomatie-Offensive gegenüber Netanjahu
Denn um das Gelingen des Waffenstillstands zu sichern, bringen die USA nahezu ihr gesamtes diplomatisches Gewicht ein – auch personell. Vergangene Woche stattete Trump selbst Netanjahu einen Besuch ab, um die Unterzeichnung des Abkommens zu überwachen. Am Dienstag (21. Oktober) folgte dann sein Vize JD Vance, am Donnerstag (23. Oktober) Außenminister Marco Rubio. Darüber hinaus reisen Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und der Sondergesandte Steve Witkoff schon seit längerem regelmäßig in den Nahen Osten.
Die vielen Besuche sind, gerade in Krisenzeiten, keine Seltenheit. Allerdings dienen sie laut CNN-Analyse nicht mehr vordergründig dazu, sich solidarisch mit Israel zu zeigen. Vielmehr wollen die USA den Waffenstillstand aktiv managen, heißt es. Das machte am Dienstag auch Vance deutlich, als er sagte: „Wir wollen uns jeden Tag engagieren, um sicherzustellen, dass der Frieden hält.“ Passend dazu eröffnete er ein neues US-Koordinationszentrum, das die Entwicklungen des Waffenstillstandsabkommens im Gazastreifen in Echtzeit überwachen und bewerten soll. (Quellen: dpa, CNN) (grmo)
