Kennen Sie diesen Moment, in dem man sich wünscht, schnellstmöglich im Erdboden zu versinken, einfach von der Bildfläche zu verschwinden. Dann können Sie vielleicht nachempfinden, wie ich mich Dienstagabend fühlte.
Sie waren beim Spiel der Handball-Recken gegen Presov in der Swiss Life Hall oder haben es im Livestream verfolgt oder hinterher den Spielbericht gelesen? Dann erinnern Sie sich noch an den Mann, der sich in Minute elf so schwer damit tat, das Spielgerät zurück über das Fangnetz auf die Platte zu manövrieren. Nun, der Trottel mit dem Klebeball – das war ich. Seit eineinhalb Jahrzehnten Recken-Reporter. Einer, der es wissen muss, dass so ein Profi-Ball rundherum mit Harz zugekleistert ist und man schon sehr geübt darin sein muss, ihn halbwegs kontrolliert in eine vernünftige Flugbahn zu schleudern.
Verhedderte Gedankengänge
Für einen besseren Überblick stand ich mit Stift und Block hinter der Bande. Nach einem Lattentreffer der Recken flog der Ball über das Fangnetz, direkt vor meine Füße. Okay, schnell zurückwerfen, damit die Partie weitergehen kann. Ui, der klebt aber doll, sagte eine Stimme in mir. Papperlapapp, sagte die andere, als ich zum großen Wurf ansetzte. Doch der Ball schaffte nur den halben Weg der geplanten Strecke, fiel vom Netz zurück vor meine Füße. Ein erstes Raunen ging durch die Halle. Zweiter Versuch. Jetzt bloß nicht blamieren. Doch diesmal flog der Ball auf eine so lächerliche Art und Weise ins Netz, dass die 2500 Fans in der Halle sich die ersten Lacher nicht verkneifen konnten.
Dritter Versuch. Ich bückte mich nach dem Ball. Gedankenkarussell. Vielleicht unterm Netz durchstecken und dem Torwart direkt in die Hand drücken. Was, wenn ich mich dabei verheddere? Es war ohnehin schon alles peinlich genug. Nein, keine Option. Also nochmal werfen. Konzentriert, vielleicht mit neuer Technik? Rechter Arm weit nach hinten, Bogenspannung, dann volle Pulle nach ganz weit oben. Der klebrige Harz-Film spannte sich, zog lange Fäden, als der Ball meine Hand verließ. Die Kugel berührte nicht mal das Netz. Die Schiedsrichter hatten inzwischen die Spieluhr angehalten. Alle in der Halle starrten auf mich, den Trottel mit dem Klebeball.
Das Schlimmste kommt zum Schluss
Klare Entscheidung: Das Ding musste außen herum zurück aufs Spielfeld. Ein Helfer kam schon auf mich zu. Dazwischen eine Tischreihe mit Fotografen, Technikern, Laptops und sonstigem Gerät. Jetzt nur noch ein paar Meter gehen, den Ball überreichen, einen kleinen, aufmunternden Applaus kassieren. Doch ein unerklärlicher Impuls in meinem Hirn sorgte für die absurdeste aller Handlungen dieser blamablen Szenerie: noch einen Wurf. Halbherzig. Über die Tische hinweg. Der Ball touchierte zwei Laptops, verschwand zwischen Tischbeinen und Bande. Die Zuschauer grölten. Recken-Star Justus Fischer winkte schmunzelnd mit beiden Armen ab.
Was für ein erbärmliches Schauspiel. Was für ein Alptraum. Ein Harz-Topf voller Häme inklusive. Und ein Erlebnis, das für immer haften bleibt.
