Digitalisierung
Junge Digitalpaten unterstützen Senioren bei digitalen Fragen
Im Gästehaus Schlossgarten helfen Schüler älteren Menschen regelmäßig, digitale Hürden bei Tablet und Apps zu meistern.
Etelsen – Wie arrangiere ich meinen Startbildschirm, wie ordne ich meine Apps an, wie organisiere ich meinen Kalender? Von Treffen zu Treffen ist Levi Budnik diese Fragen mit der älteren Familie angegangen. „Ich finde es beeindruckend, wie hoch die Lernkurve ist.“ Er ist Digitalpate. Vor rund zwei Jahren hat er mit einem Klassenkameraden an der Oberschule am Goldbach die Idee entwickelt, dass jüngere Menschen älteren im Umgang mit Smartphone, Tablet und Anwendungen helfen. Denn der Abschlussjahrgang beschäftigte sich in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Entrepreneurship der privaten Hochschule Göttingen mit dem Thema nachhaltiges Wirtschaften.
Diese Idee hat das Prädikat „nachhaltig“ mehr als verdient. Denn seitdem kümmern sich regelmäßig junge Menschen im Gästehaus Schlossgarten darum, die digitalen Probleme von Seniorinnen und Senioren zu lösen. Möglich gemacht hat das auch die Unterstützung von Hella Bachmann, stellvertretende Ortsbürgermeisterin in Etelsen, die die Idee aus einem anderen Ort kannte und sofort dabei war, als sie davon bei der damaligen Projektvorstellung erfuhr. Ebenfalls seit Beginn dabei ist Jonathan Weigele, ein ehemaliger Mitschüler von Levi Budnik.
Im April vergangenen Jahres war der erste Termin. „Was haben wir uns für Gedanken gemacht und Zeit und Energie in Umfragen gesteckt“, erinnert sich Bachmann. „Jetzt ist es bodenständig und einfach und so, wie es die Leute brauchen.“ Die Menschen, die Unterstützung benötigen, bekommen bei den Treffen einen Tisch zugewiesen, an den sich die Digitalpaten setzen, um Fragen zu beantworten und zu zeigen, wie sie das Smartphone oder das Tablet bedienen können, um zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen. Beispielsweise in WhatsApp eine Sprachnachricht aufzunehmen, Fotos zu verschicken oder eine Nachricht in den Status zu stellen.

Doch es gibt auch Dinge, die sie nicht machen. „Bei Fragen zum Online-Banking und Buchen von Flügen sind wir raus“, erklärt Jonathan Weigele. Datenschutz und Privatsphäre möchten sie unbedingt wahren und verweisen an Bank und Reisebüro. Auch können sie nur helfen, wenn die Geräte mit ins Gästehaus gebracht werden. Vor-Ort-Hilfe, also Hausbesuche, machen sie nicht.
Zu ihnen kommen Menschen ab Mitte 50, die woanders keine Hilfe erhalten oder den Familienmitgliedern mit wiederholten Fragen nicht zur Last fallen wollen. „Ich hatte zuletzt eine Frau, die sagte: ,Ich habe meine Enkelin schon so oft gefragt.‘ Deswegen ist sie jetzt zu uns gekommen,“ erzählt Kata Bachmann. Es sind in der Regel Fragen, die für sie und die anderen 15 Digitalpaten alltäglich sind, sei es, den Stromzählerstand online an den Anbieter zu senden oder die App eines Discounters einzurichten. Sie haben sich zudem nach Betriebssystemen aufgeteilt: Jonathan Weigele ist Spezialist für Android, Levi Budnik für Apple.
Das nächste Treffen
Am Samstag, 1. November, ist von 14 bis 16 Uhr das nächste Treffen der Digitalpaten. Sie helfen bei WhatsApp, beim Fotos verschicken, bei Online-Recherchen und dem Einrichten von Funktionen. Individuelle Fragen können gestellt und Schritt für Schritt Neues ausprobiert werden. Für die Planung ist eine Anmeldung notwendig. Dies geht telefonisch unter der Nummer 0174/6080033. Jugendliche, die Lust haben mitzuhelfen, können sich bei Hella Bachmann entweder unter der angegebenen Nummer oder per E-Mail an [email protected] melden.
Manche Hilfesuchenden kommen mit einer Liste an Fragen, andere haben ein Büchlein dabei, um sich Notizen zu machen, zum Beispiel, wie ein Screenshot gemacht wird. Grundsätzlich nehmen sich die jungen Menschen so lange Zeit, bis die Frage oder das Problem geklärt ist. Ihr Ansatz dabei ist, nicht einfach zu erklären, sondern lassen es ihr Gegenüber gleich selbst ausprobieren. „Ich habe mit einem Mann wiederholt den Bildtransfer geübt, irgendwann hat es funktioniert und der Lerneffekt war spürbar“, erzählt Jonathan Weigele.
„Ich freue mich, wenn sie lächeln und glücklich sind, dass sie ein Problem gelöst haben“, sagt Kata Bachmann. Und auch sie genießen die gemütliche Atmosphäre im Gästehaus. Es gibt Kaffee und Kuchen, wobei die Menschen untereinander ins Gespräch kommen. „Das ist wichtig“, finden alle in der Runde. Und auch sie selbst lernen diejenigen besser kennen, die regelmäßig zu den Digitalboten kommen.
„Für mich war es eine neue Situation, Leuten etwas selber beizubringen, das habe ich im Umgang mit den Leuten gelernt“, sagt Levi Budnik, und Jonathan Weigele pflichtet bei: „Man lernt vor allem, wie man Sachen erklärt, zusammenfasst und vereinfacht.“ Außerdem: „Das Projekt bewegt die Leute“, sagt Levi Budnik. „Es ist ein schöner Austausch, eine gemütliche Stimmung, ein gutes Miteinander, und man kann dabei Wissen vermitteln.“
