Kampfkunst-Kurs für geflüchtete Kinder

Haan . Teamarbeit, Vertrauen und Respekt, darum geht es in einem Ferienprojekt für geflüchtete Kinder. Was im „Pazuru“-Kampfkunstzentrum wichtig ist und warum vor allem auch der Spaß zählt.

Teambildung wird während dieses Ferienprojektes ganz praktisch geübt, denn für viele Aufgaben braucht es schlicht zwei Personen. Wie beispielsweise jene, bei der ein Teilnehmer seinem Teampartner einen Reifen um den Körper legt, um ihn damit durch den Raum zu führen, während der Teampartner dabei die Augen geschlossen hat. „Man darf den anderen nicht vor eine Wand führen oder gegen andere Personen“, betont Ira Paul, Inhaberin von „Pazuru“, dem Kampfkunst- und Gesundheitszentrum an der Dieselstraße, wo das Ferienprojekt für geflüchtete Kinder stattfindet.

Hier wird Kampfkunst als Medium verwendet, um Werte zu vermitteln. „Man muss aufeinander aufpassen“, sagt Ira Paul. Um sich blind führen zu lassen, braucht es natürlich Vertrauen zu seinem Teampartner. Und Vertrauen ist eine Grundvoraussetzung für viele weitere Übungen, vor allem, wenn sie dann langsam in Richtung Kampfkunst gehen. Dabei geht es hier jedoch vor allem darum, Konflikte so auszutragen, dass niemand verletzt wird. „Von Kampfkunst haben viele ein falsches Bild“, weiß Ira Paul. Die meisten stellen sich vor, dass man dabei vor allem lernt, wie man seinen Gegner verletzen kann, aber genau das ist es nicht. „Kampf an sich wird negativ gesehen“, sagt Denis Paul, der das Ferienprogramm leitet. „Dabei machen wir das täglich.“ Wie alltäglich es ist, sich Konflikten zu stellen, zeige schon das Beispiel der Diskussion eines Pärchens darüber, ob sie Griechisch oder Spanisch essen gehen sollen. „Wir wachsen durch Widerstand“, betont Denis Paul. Wichtig bei allen Konflikten ist es, sich auf Augenhöhe zu begegnen und mit Respekt zu behandeln.

Um Konflikte geht es auch bei diesem Ferienprojekt. „Am ersten Tag ging es um Streit und Konflikte untereinander“, erklärt Denis Paul. Dabei wurde der Fokus zunächst auf die Gefühle gelegt. Es ging darum, Gefühle zu benennen, sie auszudrücken, aber auch, darüber zu sprechen. Am zweiten Tag ging es dann um Konflikte mit anderen. Dabei wird zum einen über die Themen gesprochen, aber vieles wird auch durch Bewegung ausgedrückt und gelernt. So ist eine Kampfkunst-Übung beispielsweise, dass zwei Teilnehmer auf einem Band aufeinander zu balancieren. Sobald sie aufeinandertreffen, stemmen sie die Hände gegeneinander und müssen dann mittels Schieben und Nachgeben versuchen, ihr Gegenüber zurück oder zur Seite zu drängen.

Bei einer anderen Übung geht es darum, dass sich ein Teilnehmer auf einen Ball legt und ihn mit Knien und Ellenbogen schützt, während der zweite Teilnehmer versuchen soll, ihm den Ball wegzunehmen. „Da ist schon ziemlich viel Nähe nötig“, meint Denis Paul. Und genau deshalb braucht es auch Vertrauen zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Am ersten Tag waren sieben Kinder dabei, am zweiten waren es schon 16. Nicht nur die unterschiedlichen Sprachen sind eine Herausforderung, auch der große Altersunterschied, denn die Kinder sind zwischen sieben und 15 Jahre alt. Da sind die Kursleiter gefragt, die das Stundenbild so aufbauen müssen, dass alle gefordert werden. „Die Älteren passen auf die Jüngeren auf, die Jüngeren lernen von den Älteren“, sagt Denis Paul. Auch die Sprachen seien keine großen Barrieren. „Es sind einige dabei, die Arabisch können und die helfen beim Übersetzen.“ So lernt auch Denis noch dazu. „Wir lernen alle voneinander“, sagt Denis.

„Es ist ein Zusammenschluss von Körper und Geist“, meint Claudia Aust vom Verein Du-Ich-Wir, die ein Ferienprojekt in der ersten Woche in der Flüchtlingsunterkunft geleitet hat. „Es geht nicht nur über Sprache, sondern auch viel über Bewegung. Es ist ein ganzheitliches Arbeiten.“ Dabei sei es wichtig, sagt ein Mitarbeiter des Jugendamtes, dass das Projekt lebensorientiert angelegt sei. „Die Kinder da abholen, wo sie stehen und individuell auf sie eingehen.“ Doch bei allem Sozialkompetenztraining, Lernen und aller Wertevermittlung geht es Denis Paul in erster Linie um eins: „Ich will, dass die Kinder eine gute Zeit hier haben.“

(sue sad)

Mehr von RP ONLINE

Altes Speiseöl aus Haan wird zu hochqualitativem Biodiesel

Wetterdienst warnt vor Sturmböen

Eine Reise nach Apulien – „ich wollte die Umgebung greifbar machen“

Related Post

Leave a Comment