Kapitalmarkt-Champions: Wie Isar Aerospace, Vossloh & Co. abliefern

Die IPO Night in Frankfurt krönt Deutschlands mutigste Kapitalmarkt-Akteure. Während Isar Aerospace mit 150 Millionen Euro die Raumfahrt revolutioniert, steigert Vossloh nach kluger Finanzierung seinen Aktienkurs um 80 Prozent.

Während Deutschland über Wirtschaftsstandort und Zukunftsfähigkeit diskutiert, handeln einige Unternehmen einfach. Im Frankfurter Städel-Museum versammelte sich gestern die Finanz-Elite zur dritten IPO Night, um jene zu feiern, die den Kapitalmarkt nicht nur bespielen, sondern meistern.

Die Preisträger Isar Aerospace, Vossloh und Pfisterer beweisen: Mit strategischem Kapitalmarktzugang lässt sich auch in schwierigen Zeiten Wachstum finanzieren – und Anleger begeistern.

Raumfahrt-Revolution aus München

Das Münchner Startup Isar Aerospace erhielt den Preis für die herausragendste private Finanzierungsrunde. Laut dem Veranstalter der IPO Night, sammelte das Unternehmen seit seiner Gründung 2018 mehr als 400 Millionen Euro Privatkapital ein, davon allein 150 Millionen im vergangenen Jahr durch eine Wandelanleihe. Das Unternehmen entwickelt Trägerraketen für Satelliten und baut seine Produktionskapazitäten in Bayern kontinuierlich aus.

„Wir haben die Fähigkeit, in Europa souverän zu launchen“, erklärt Michael Grassmayr vom Management-Team im Rahmen der Veranstaltung. Das Besondere: Isar Aerospace ist das erste Unternehmen außerhalb der USA, das eine skalierbare Raketenproduktion aufgebaut hat. Christian Wanzek, ebenfalls im Management, betont: „Bei Raketenwissenschaft ist Deutschland weltweit führend.“.

Schienen-Strategie mit Kursexplosion

Der Bahntechnik-Spezialist Vossloh bewies mit seiner Kapitalmaßnahme perfektes Timing. So stärkte das Unternehmen seine Marktposition durch die Übernahme des europäischen Betonschwellenherstellers Sateba für 450 Millionen Euro.

Zur Finanzierung führte Vossloh eine Kapitalerhöhung über 72 Millionen Euro durch – mit beeindruckendem Ergebnis: Der Aktienkurs stieg in den folgenden Monaten um 80 Prozent. Daniel Gavranovic, Head of Investment bei Vossloh, kommentierte bei der Preisverleihung humorvoll: „Am Ende hat es sich gezogen, aber das gehört sich für ein Bahn-Unternehmen wohl heute so.“ Die Verzögerung hatte jedoch Vorteile – erst kürzlich erteilten die französischen Wettbewerbsbehörden die finale Genehmigung für die Sateba-Übernahme.

Mittelständler mit Milliarden-Performance

Den Preis für den herausragendsten Börsengang erhielt Pfisterer. Das Familienunternehmen, spezialisiert auf Verbindungs- und Isolierungstechnologien für elektrische Leiter, wagte im Mai 2025 den Sprung ins Scale-Segment der Frankfurter Börse. Die Entwicklung seitdem: Der Kurs hat sich mehr als verdoppelt, die Marktkapitalisierung überschreitet deutlich die Milliardengrenze.

„Pfisterer war in einer Situation, in der Kunden zu uns kamen und sagten: Entweder wachst ihr mit uns, oder wir müssen uns jemand anderen suchen“, erklärte Co-CEO Johannes Linden. Der Börsengang verschaffte dem Mittelständler die nötige Finanzstärke für Investitionen im dreistelligen Millionenbereich – bei Wahrung der Unabhängigkeit. Bemerkenswert: 90 Prozent der Mitarbeiter wurden im Zuge des IPOs zu Aktionären.

Kapitalmarkt als Wachstumsmotor

Während die Preisträger ihre Erfolgsgeschichten schreiben, mahnte Martin Blessing, Investitionsbeauftragter der Bundesregierung, strukturelle Reformen an. Deutschland reguliere zu viel und investiere zu wenig in Zukunftstechnologien, so Blessing.

Der Standort müsse attraktiver werden für Investoren. „Wir leben von der Substanz, weil wir mehr verteilen, als wir erwirtschaften.“ Deutsche-Börse-Chef Stephan Leithner zeigte sich dennoch optimistisch: Bei der Altersvorsorge und der europäischen Kapitalmarktunion seien in den kommenden Monaten Fortschritte zu erwarten.

Business Punk Check

Die Erfolge der Preisträger sind beeindruckend, verdecken aber die harte Realität: Deutschland verliert im internationalen Kapitalmarkt-Wettbewerb kontinuierlich an Boden. Während Isar Aerospace und Co. Ausnahmen darstellen, wandern viele Tech-Unternehmen für Finanzierungsrunden nach London oder New York ab.

Der deutsche Kapitalmarkt krankt an struktureller Unterentwicklung – zu wenig Risikokapital, zu komplexe Regulierung, zu geringe Aktienkultur. Blessings Kritik trifft ins Schwarze: Ohne radikale Vereinfachung des Kapitalmarktzugangs, steuerliche Anreize für Aktieninvestments und einen Kulturwandel in der Altersvorsorge bleibt Deutschland Mittelmaß. Die wahre Innovation wäre ein Kapitalmarkt, der nicht nur Einzelerfolge feiert, sondern systematisch Wachstumskapital mobilisiert.

Häufig gestellte Fragen

  • Warum gelingt es nur wenigen deutschen Unternehmen, am Kapitalmarkt erfolgreich zu sein?

    Die Erfolgsbeispiele der IPO Night sind Ausnahmen in einer strukturell unterentwickelten Kapitalmarktlandschaft. Deutschland fehlt es an einer breiten Aktienkultur, ausreichendem Risikokapital und einem regulatorischen Umfeld, das Börsennotierungen vereinfacht. Unternehmen sollten frühzeitig Kapitalmarktexpertise aufbauen und internationale Investorennetzwerke erschließen.

  • Wie können mittelständische Unternehmen vom Kapitalmarkt profitieren, ohne ihre Unabhängigkeit zu verlieren?

    Der Fall Pfisterer zeigt den idealen Weg: Ein gezielter Börsengang im passenden Segment (hier: Scale) mit klarer Wachstumsstory und Beteiligung der Mitarbeiter. Mittelständler sollten Eigenkapitalinstrumente wie Vorzugsaktien oder spezielle Aktienklassen prüfen, die Kontrolle sichern und gleichzeitig Wachstumskapital erschließen.

  • Welche Branchen haben aktuell die besten Chancen, Investoren zu überzeugen?

    Die Preisträger zeigen: Infrastruktur (Vossloh), Energiewende (Pfisterer) und Zukunftstechnologien (Isar Aerospace) stehen hoch im Kurs. Unternehmen mit Bezug zu Energiesicherheit, KI-Infrastruktur und Dekarbonisierung finden derzeit besonders aufnahmefähige Kapitalmärkte vor – vorausgesetzt, sie präsentieren überzeugende Wachstumsstrategien.

  • Wie wichtig ist der Zeitpunkt für Kapitalmaßnahmen?

    Entscheidend, wie Vosslohs 80-Prozent-Kursanstieg zeigt. Unternehmen sollten Marktfenster strategisch nutzen, aber gleichzeitig langfristige Finanzierungsstrategien entwickeln, die auch in volatilen Phasen Handlungsspielraum sichern. Die Vorbereitung auf Kapitalmaßnahmen sollte mindestens 12-18 Monate vor der geplanten Umsetzung beginnen.

Quelle: IPO-Night.de

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