Staatsgerichtshof
„Kein guter Lauf“: Bremer Haushaltsgesetze verstoßen gegen Schuldenbremse
Der Bremer Senat hat am Donnerstag vor dem Staatsgerichtshof eine schwere Niederlage in der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Notlagenkrediten, unter anderem wegen der Klimakrise, des Krieges in der Ukraine sowie der Corona-Pandemie, erlitten.
Das Gericht hat einstimmig den Normenkontrollanträgen der Mitglieder der CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft stattgegeben. Somit sind das Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 mit der Landesverfassung unvereinbar.
Der Senat hatte außerhalb der Schuldenbremse milliardenschwere Kreditermächtigungen bewilligt und das mit außergewöhnlichen Notsituationen begründet, die sich der Kontrolle des Staates entzogen hätten. Das Gericht monierte jedoch in der knapp einstündigen Urteilsbegründung, dass der Gesetzgeber nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechend dargelegt habe, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage vorgelegen habe. Der Haushaltsgesetzgeber müsse im Gesetzgebungsverfahren den Umfang und die Erheblichkeit der notlagenbedingten finanziellen Belastung detailliert darlegen – das umso mehr, wenn mehrfach, gestützt auf die gleiche Notsituation, in aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren Notkredite in Anspruch genommen werden sollen. Es sei nicht hinreichend dargelegt worden, dass zwischen der Krise und den durch die Kreditaufnahme finanzierten Maßnahmen ein sachlicher Veranlassungszusammenhang bestehe, so der Vorsitzende Richter.
Indem die Bürgerschaft die für die Krisenbekämpfung für notwendig erachteten Kreditmittel zur Verfügung gestellt, im Nachtragshaushalt 2023 die konkrete Verwendung eines wesentlichen Teils aber lediglich als Globalmittel ausgewiesen habe, sei sie ihrer Darlegungslast nicht gerecht geworden. Beispielhaft wurden Mittel für den Öffentlichen Personennahverkehr und den Klinikverbund Gesundheit Nord genannt. Es stehe die Vermutung im Raum, dass sie letztlich nur einen Ausgleich struktureller Defizite bezwecken sollten.
Klimakrise rechtfertigt Notlagekredite
Rückabwicklungspflichten für bis zum Zeitpunkt der Verkündung der Urteile verausgabte Mittel ergeben sich aus der Unvereinbarkeitsfeststellung allerdings nicht.
Grundsätzlich befand der Staatsgerichtshof aber, dass die Klimakrise eine außergewöhnliche Notsituation darstellt, die den Staat zur Aufnahme von Notlagekrediten außerhalb der Schuldenbremse berechtigt. Der menschengemachte Klimawandel habe sich zu einer akuten Klimakrise entwickelt, die in ihrer Qualität und Intensität, ihren Auswirkungen sowie ihrer räumlichen Ausdehnung und zeitlichen Dynamik eine außergewöhnliche Notsituation begründe, hieß es. Auch länger andauernde, eskalierende Entwicklungen könnten zu außergewöhnlichen Notsituationen führen, selbst wenn diese Entwicklungen vom Staat mitverschuldet seien. Gerade die Klimakrise verlaufe nicht linear, sondern sei nach wissenschaftlichen Erkenntnissen durch Kipppunkte geprägt und erfordere aufgrund ihrer Zuspitzung ein sofortiges umfassendes staatliches Handeln.
Während sich die Gerichtsvertreter des Senats im Anschluss an die Sitzung nicht äußern wollte, sprach der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jens Eckhoff, von einem Erfolg. „Das ist die nächste Klatsche für den Senat Bovenschulte“, so der Christdemokrat. „Die haben derzeit keinen guten Lauf.“ Er hoffe, dass der Senat in Zukunft „detaillierter“ arbeitet und sich mit seinen Maßnahmen an die eigenen Grundlagen halte. Er habe schließlich im Klimaschutzkonzept konkret erarbeitet, was getan werden solle. Warum man diese Maßnahmen nicht detailliert in die Begründungen für die Notlagenkredite eingearbeitet habe, erschließe sich ihm nicht.
Einen weiteren Antrag der CDU wies der Staatsgerichtshof allerdings zurück. Kreditermächtigungen, wenn es sich nicht um Notlagenkredite handelt, können in Ausnahmefällen ins nächste Jahr übertragen beziehungsweise verlängert werden. Das Geld dürfe somit auch in die Rücklagen fließen, hieß es.
