Große Zustimmung
Kempten: Jetzt soll doch am Bürgerwald gebaut werden
Ein Traditionsunternehmen mit 330 Beschäftigten, das seit 40 Jahren in Kempten ansässig ist, will am Knotenpunkt Immenstädter Straße, Bahnhofstraße, Heussring seine neue Firmenzentrale mit Einzelhandel, Produktionsstätten, Büros, Gastronomie, Seminarräumen, einer Kita für Kinder der Mitarbeiter und eine Mitarbeiter-Cafeteria errichten.
Kempten – Das Gebäude soll drei bis fünf Geschosse aufweisen. Von der Gesamtfläche des Areals mit 3,7 Hektar sollen lediglich 3.000 Quadratmeter bebaut werden. Der Bau wird im östlichen Bereich entlang der Bahnhofstraße positioniert werden. Die verkehrliche Erschließung soll über die Immenstädter Straße erfolgen.
Dieses Gelände ist auch unter dem Begriff Bürgerwald bekannt. Dort haben im Jahr 2000 Bürgerinnen und Bürger im Rahmen einer Pflanzaktion Bäume gesetzt. Diese Fläche war in der Vergangenheit etliche Male in den Mittelpunkt gerückt. So hatte es einen Antrag gegeben, dort einen Parkplatz für XXXLutz zu errichten. 2016 wollte das Gartencenter Kutter an der gleichen Stelle eine neue Heimat finden, was wegen der schwierigen Verkehrsanbindung nicht zustande gekommen war.
Baurecht muss geschaffen werden
Im derzeitigen und auch im sich in Aufstellung befindlichen neuen Flächennutzungsplan ist diese Fläche als Grünfläche dargestellt. „Baurecht kann nur mittels eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans geschaffen werden. Wir sind aber noch unter dem Aufstellungsbeschluss. Heute geht es um einen Einleitungsbeschluss“, sagte Florian Eggert, Amtsleiter Stadtplanungsamt. Bei der Planung werden die Fuß- und Radwegeverbindungen berücksichtigt und möglichst so erhalten. Das Biotop im nordwestlichen Teil des Grundstücks ist von der Baumaßnahme nicht betroffen. Erforderliche artenschutzrechtliche Prüfungen werden nach einem möglichen Einleitungsbeschluss durchgeführt.
Thema Baumschutz
Hinsichtlich des Bürgerwaldes teilte Eggert mit, dass mit diesem Bestand sehr sorgfältig umzugehen ist und, sofern erforderlich, einzelne Bäume verpflanzt werden sollen. „Allerdings könnte es sein, dass nach 25 Jahren die Vitalität einzelner Bäume eine Verpflanzung nicht zulassen. Dann werden wir ggf. Ersatzpflanzungen einfordern“, so Eggert. Er wies ferner daraufhin, dass die Bäume den Bestimmungen der Baumschutzverordnung unterliegen. Der Baum- und Strauchbestand hat eine sehr wichtige stadtklimatische Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels. Dieses ist im Verfahren zu berücksichtigen. Abschließend teilte Eggert mit, dass dieses Projekt auch im Gestaltungsbeirat behandelt wird.
Die Mitglieder des Planungs- und Bauausschusses stimmten dem Antrag auf Baurechtschaffung ohne Aussprache einstimmig zu und beauftragten die Verwaltung, die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans vorzubereiten.
Kommentar von Helmut Hitscherich
„Es war schon eigenartig, dass bei solch einem Vorhaben, das in der Vergangenheit viele Emotionen geweckt hatte, keine Debatte stattgefunden hat. Als damals Kutter dorthin wollte, gab es hitzige Diskussionen – und jetzt? Hatte Kutter nicht genug Fürsprecher? Bei der Baurechtschaffung für die Umnutzung des Galeria Kaufhofes wurde doch auch nachgehakt. Daher ist umso erstaunlicher, dass nur wenig Konkretes zu diesem Vorhaben in der Sitzung vorgestellt worden ist und es keine Nachfragen gab. Man konnte sich daher nicht des Eindrucks erwehren, dass das Thema bereits im Vorfeld besprochen und abgenickt worden ist. Wollte man den Investor, dessen Name nicht genannt worden ist, nicht verärgern? Warum wurde nicht hinterfragt, wie die verkehrliche Anbindung erfolgen soll? Gegenüber 2016, als man Kutter wegen der schwierigen Verkehrsanbindung abgelehnt hat, hat sich an der Verkehrssituation nichts geändert. Im Gegenteil, der Verkehr hat sowohl in der Bahnhof- als auch in der Immenstädter Straße zugenommen. In der Immenstädter Straße mit bis zu 15.000 Autos täglich wird es nicht einfach sein, eine Anbindung zu schaffen, zumal der Knoten Immenstädter / Bahnhofstraße nur wenige Meter entfernt ist. Warum wurde nicht nach den benötigten Stellplätzen gefragt? Das wird doch sonst immer hinterfragt. Welcher Einzelhandel und was für eine Art der Gastronomie soll dort hinkommen? Wenn man dort vor Ort ist und diesen dichten Baumbestand sieht, fragt man sich, wie eine baumschonende Bauweise erfolgen kann. Mit dem Versetzen einzelner Bäume ist das sicherlich nicht getan. Warum jetzt dieser Sinneswandel? Schweigen im Walde. Man kann den Mitgliedern des Bauausschusses nur raten, sich die Situation vor Ort anzuschauen.“
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